Aldi Süd und Aldi Nord mit Instore-Delivery von regionalen Bäckern nutzen mittlerweile die mit Künstlicher Intelligenz, KI, unterstützte Prognose- und Bestellsoftware des Ende 2019 gegründeten Startups Foodforecast. Und auch an Flughäfen und Bahnhöfen soll die Technologie setzt vermehrt zum Einsatz kommen. Denn der Casual-Food-Anbieter SSP Deutschland hat die Software des jungen Unternehmens im vergangenen Jahr an drei seiner Kamps-Standorte in Düsseldorf, Köln und Kassel getestet. Nun ist ein Rollout der Technologie projektiert.
Foodforecast ist Pionier beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz, auch um Food Waste zu vermeiden. Das Unternehmen, von Justus Lauten gegründet, ging nach einer Entwicklungsphase 2022 an den Markt. Bekannt geworden ist es unter anderem durch die beliebte Sendung „Die Höhle der Löwen“. Ziel der neuen KI-Technologie ist es, Warenbestellprozesse zu optimieren und Abfälle zu reduzieren. Damit soll gleichzeitig auch der Absatz erhöht und das Ergebnis verbessert werden. Dazu werden Prozesse automatisiert, die Ressourcen effizienter genutzt und die Komplexität reduziert, so das junge Unternehmen. Mittlerweile wird die KI-Software bundesweit eingesetzt und durch die Technologie der CO2-Ausstoß verringert. Nach Angaben des noch Startups wurden im vergangenen Jahr 4.000 Tonnen Lebensmittelabfälle vermieden und 4.700 Tonnen weniger CO2 ausgestoßen.
Von solchen Möglichkeiten will auch SSP mit seinem Convenience-Geschäft hier zu Lande profitieren. Das Unternehmen hat zu diesem Zweck in den drei genannten Städten, in drei Outlets, einen Test durchgeführt. Der Test von Foodforecast sei inzwischen erfolgreich abgeschlossen, berichtet der Casual-Food-Anbieter gegenüber Convenience Shop. Er lief über einen Zeitraum von zwölf Monaten. „Dabei konnten wertvolle Erkenntnisse gesammelt und die Lösung umfassend erprobt werden. Die Ergebnisse bestätigen die Effektivität der Technologie und bilden die Grundlage für die geplante, flächendeckende Einführung an weiteren Standorten“, berichtet Patritsia Sand, Head of Brand & Trade Management bei SSP in der D-A-CH-Region.
Rollout über das ganze Markenportfolio
Und so startete der Travel-Retailer in den ersten Wochen des Jahres bereits mit einer weiteren Implementierung der Technologie an seinen Standorten. „Die Lösung sowie der Support von Foodforecast haben uns überzeugt“, führt Patritsia Sand weiter aus. Seit Jahresbeginn habe SSP deshalb begonnen, die KI innerhalb der kommenden sechs Monate möglichst flächendeckend in 123 Units auszurollen. Dies soll über das gesamte vielseitige Markenportfolio des Anbieters geschehen, um die Standorte optimaler unterstützen zu können. Offenbar sind auch einige Standorte von Service Store DB, die SSP als Franchisenehmer betreibt, mit dabei.
Der Unterwegs-Versorger verspricht sich sicherlich von dem Rollout der Software, dass sich die Signifikat positiven Ergebnisse der Testphase bestätigen werden. Dazu gehören beispielsweise auch, so SSP-Managerin Sand, Umsatzsteigerungen von vier bis zu elf Prozent, eine höhere Warenverfügbarkeit und gleichzeitig – wie versprochen – eine Reduzierung des Lebensmittel-Abfalls. „Ziel ist es, die richtigen Produkte in voller Frische zur richtigen Zeit in der Auslage zu haben“, macht Sand deutlich. Die Hauptkategorien umfassen dabei belegte Backwaren, Feinbackwaren aber auch Salate, Bowls und Snacks.
Doch nicht nur der Umsatz stieg bemerkenswert um bis zu elf Prozent, die Out-of-Stock-Quote – also der Anteil an Produkten, die aufgrund von Verfügbarkeit nicht verkauft werden konnten – wurde um 90 Prozent reduziert, so die Test-Ergebnisse. Gleichzeitig ging der Food- Waste auf einstellige Prozentwerte zurück.
Voraussetzung für diese Testerfolge war allerdings – und wird es auch in Zukunft sein – , dass SSP seine Belieferung der einzelnen Standorte an die Erfordernisse des Systems anzupassen vermag. Genau diese Voraussetzung bestätigt die SSP-Verantwortliche Sand: „Die Belieferung bei SSP konnte schnell und flexibel an die Erfordernisse des Systems angepasst werden. Durch die enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und eine datenbasierte Bedarfsplanung ist es möglich, Bestellmengen dynamisch zu optimieren und kurzfristig auf Veränderungen in der Nachfrage zu reagieren.“ So werde sichergestellt, dass die richtigen Produkte stets in ausreichender Menge und Frische am geforderten Ort zur Verfügung stehen.
Historische und aktuelle Verkaufsdaten
Grundlage der Technologie von Foodforecast sind historische und aktuelle Verkaufsdaten. Sie berücksichtigt zusätzlich historische und aktuelle externe Einflüsse wie Wetterbedingungen, regionale Events und an Verkehrsstandorten Flug- und Fahrpläne. Nach einem initialen Training prognostiziert die Künstliche Intelligenz, so das Startup, wie hoch die voraussichtliche Verkaufsmenge sein wird. Die daraus resultierenden Bestell- und Produktionsmengen sollen nicht nur bedarfsgerecht sein, sondern – wie bereits erwähnt– Überproduktion und damit Abfälle, aber auch Engpässe im Angebot vermeiden.
„Gefüttert“ wird die KI mit den Verkaufsdaten der Handelskunden an den unterschiedlichen Standorten, in diesem Fall der verschiedenen Marken-Stores von SSP. Die Minimalanforderung sei dabei die gesamte Verkaufsmenge pro Tag auf Artikelbasis. „Wir fragen mindestens die vergangenen zwei Jahre an historischen Verkaufsdaten ab“, erläutert Justus Lauten, Gründer und Geschäftsführer Foodforecast Technologies, gegenüber dieser Zeitung. „Bei uns gilt: viel hilft viel, da die Prognosequalität mit der Menge der Trainingsdaten steigt.“ Diese historischen Daten reichert Foodforecast mit Wetterdaten, Ferien- und Feiertagen, regionalen Veranstaltungen oder beispielsweise Informationen zu Streiks der Bahn oder an Flughäfen an. Die Architektur der Software sei so aufgebaut, dass die Technologie beliebig viele weitere externe Faktoren berücksichtigen könne. „Für einen Kunden haben wir im November beispielsweise die Information zur Black Week hinterlegt“, erklärt Lauten. Alle Daten würden standortspezifisch verarbeitet.
Zudem sei die Technologie bereits für Händler geeignet, die nur einen Standort betreiben. Erfahrungsgemäß liegt der Mehrwert der KI bei mindestens 500 Euro pro Filiale und Monat, meint Lauten. Die wesentlichen Benefits seien für die Betriebe, dass die Kosten reduziert werden könnten, die Umsätze sich steigern ließen und das Personal entlastet werde. Vorteile für Handelsunternehmen, die mehrere Standort betreiben, gibt es dagegen zum jetzigen Zeitpunkt nur indirekt, meint man bei Foodforecast. Denn jeder Standort werde individuell trainiert: „Wir clustern bei Großkunden die Standorte, so dass das Training zwar nach wie vor auf Standort-Ebene geschieht, zusätzlich aber auf Clusterebene, wodurch filialübergreifende Trends noch schneller erkannt werden“, beschreibt Geschäftsführer Lauten das Vorgehen.
Auch bei Backwaren oder anderen -Sortimenten gebe es kaum Einschränkungen. „Da wir unsere Lösung mit Bäckereien zusammen entwickelt haben, gibt es keine Limitierungen beim Sortiment“, sagt der Foodforecast-Gründer. Im Schnitt prognostiziert das Startup etwa hundert Artikel pro Tag und Filiale. Bei einigen Kunden sei die Sortimentsgröße sogar deutlich umfangreicher. Dort werden auch die Handelswaren wie Getränke und frische Produkte, die zur Zubereitung benötigt werden, hochgerechnet.
Die Technologie im Hintergrund
Dennoch soll das System nicht die Mitarbeitenden belasten. Denn bei der Bestelloptimierung läuft die Technologie bei 95 Prozent der Handelskunden ausschließlich im Hintergrund. „Wir spielen unsere Prognose in bestehende Prozesse ein“, so Lauten. Das Startup biete zwar eine kostenlose Bestellplattform an, diese werde aber erst im zweiten Schritt genutzt, da zu viele Änderungen die Store-Mitarbeitenden überfordern könnten, so die Vermutung. Dennoch könnten sie nach wie vor die Prognosen anpassen. „Wir werten diese Änderungen aus und zeigen auf, ob sich diese positiv oder negativ ausgewirkt haben. Damit erhöhen wir die Akzeptanz – auch bei erfahrenen Mitarbeitenden.“ Beim Produktionsplan, den SSP nutze, sei ein User Interface notwendig. Hierfür gebe es ein internetfähiges Gerät.
Das alles gibt es von Foodforecast zu einem festen Preis pro Monat und Standort. Dieser liegt bei Bäckereien und Backwaren-Händlern im zweistelligen Bereich, je nach Größe und der Vertragslaufzeit. Für Gastronomiebetriebe könne der Preis auch im unteren dreistelligen Bereich liegen.