Tiefkühlkost Eiskalte Geschäfte

Shop-Betreiber, die ihre Tiefkühl-Bereiche aufrüsten wollen , tun gut daran: Denn TK-Kost wird immer beliebter. Vor allem Pizza ist eine attraktive Warengruppe.

Sonntag, 07. Mai 2017 - Tiefkühlkost & Eis
Thomas Klaus
Artikelbild Eiskalte Geschäfte
Bildquelle: gettyimages, dti, Carsten Hoppen

61 Jahre hat Tiefkühlkost in Deutschland bereits auf dem Buckel – so lange liegt die Markteinführung zurück. In diesem Alter gelangt bei Menschen die Rente in greifbare Nähe und die inneren Gänge werden oft zurück geschaltet.

Bei Tiefkühlkost hingegen ist das nicht so. Davon, dass es auf diesem Gebiet ruhiger zugehen würde, kann nicht die Rede sein. Ganz im Gegenteil. Die Produkte aus der Kälte sind mittlerweile in aller Munde: Das Absatzwachstum in Deutschland setzt sich fort. Kontinuierlich steigt der Pro-Kopf-Verbrauch. Er liegt inzwischen bei mehr als 43 kg und hat eine weiter steigende Tendenz. Die Fertiggerichte brachten es dabei zuletzt auf einen Anteil von 17,6 Prozent. Pizza folgt mit 16,5 Prozent.

Alltagsleben löst sich auf

Gerade das Pizza-Segment steckt voller Dynamik: 2015 wurde im Lebensmitteleinzelhandel/Heimdienste ein Plus von 4,6 Prozent erfasst, und zwar konkret von rund 281.000 anno 2014 auf mehr als 294.000 Tonnen. Im Außer-Haus-Markt fiel der Zugewinn sogar noch beeindruckender aus, nämlich um 20,3 Prozent (2014: 20.607 und 2015: 24.785 Tonnen). Statistiken für 2016 liegen noch nicht vor.

Solche Daten und Fakten trägt in der Bundesrepublik vor allem das Deutsche Tiefkühl-Institut (dti) zusammen. Seine Geschäftsführerin Dr. Sabine Eichner erklärt sich den Aufschwung in den TK-Truhen mit der hohen Innovationskraft der Branche und der starken Präsenz führender Marken. Hinzu kommen aus ihrer Sicht ein breites Spektrum an Handelsmarken sowie das immer vielfältigere und qualitativ hochwertige Angebot in allen Warengruppen, vom Preiseinstieg bis zum Premiumprodukt.

Doch das alles würde der Tiefkühlwirtschaft wenig bringen, wenn sich das Ernährungs- und Kochverhalten der Menschen innerhalb der vergangenen Jahre nicht so deutlich verändert hätte. „Immer weniger Mahlzeiten werden zu Hause zubereitet“, erinnert Dr. Wolfgang Adlwarth von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Nach den Angaben des Directors Consumer Panels sind im Zuge dieser Entwicklung zwischen 2005 und 2015 mehr als eine Milliarde Mahlzeiten in den eigenen vier Wänden weggefallen. „Das Alltagsleben“, wird Adlwarth wissenschaftlich, „hat sich sozusagen aufgelöst und ist komplett ohne Strukturen, also entstrukturiert.“

Die Gründe für den Griff zu TK – sie hat das dti im Herbst 2016 gemeinsam mit dem Marktforschungsunternehmen POSpulse näher unter die Lupe genommen. Demnach dominieren bei den Motiven Aspekte wie die lange Haltbarkeit, die von fast 80 Prozent der unter 30-Jährigen an erster Stelle rangiert. Die einfache Zubereitung und gute Bevorratungsmöglichkeiten bei den Lebensmitteln aus der Kälte wissen ebenfalls zu überzeugen.

Übrigens unterscheiden sich die Vorlieben der Konsumenten nach Altersgruppen, mit zum Teil bemerkenswerten Ergebnissen – zum Beispiel mit dem Resultat, dass für die Jüngeren unter 30 Jahren die Pizza ungeschlagen das populärste TK-Produkt ist; 77,6 Prozent der Befragten äußerten sich in diesem Sinne.


Lob von Stiftung Warentest

Allerdings ist TK-Ware nicht einfach nur bequem, sondern greift erfolgreich Trends auf – wie etwa den zu vegetarischer und veganer Ernährung. „Fleischlose Alternativen sind im Pizza-Segment längst etabliert“, stellt Dr. Sabine Eichner fest. Tiefkühlkost könne gleichermaßen mithalten, wenn Natürlichkeit, Frische und Nachhaltigkeit angesagt seien.

Zum Stichpunkt Natürlichkeit merkt die dti-Geschäftsführerin an, dass für die Haltbarmachung das Tiefgefrierverfahren und keine Konservierungsstoffe eingesetzt würden. Dr. Sabine Eichner: „Auch der Einsatz von Zusatzstoffen wurde von vielen Unternehmen bereits stark reduziert. Clean label beziehungsweise clean recipe ist heute im Grunde genommen ein Muss, das der Verbraucher erwartet und von vielen Anbietern umgesetzt wird.“

Wo Natürlichkeit herrscht, ist Frische nicht weit. „Die vorteilhafte Konservierung“, betont die dti-Geschäftsführerin, „führt zu einem hohen Nährstoff- und Vitamingehalt.“ Dass die Qualität von Tiefkühlprodukten tatsächlich absolut konkurrenzfähig ist, bestätigt sogar der Vorstandsvorsitzende der für ihre gnadenlose Kritik bekannten Stiftung Warentest. Hubertus Primus attestiert ihnen eine hohe Güte – vorausgesetzt, die Tiefkühlkette wird eingehalten. Vom ersten Test 1966 bis heute schneiden Tiefkühlprodukte bei der renommierten Stiftung immer wieder gut ab und überzeugen die unabhängigen Tester.

Und Nachhaltigkeit? Der Stellenwert innerhalb der Tiefkühlwirtschaft ist hoch, wie beispielsweise im November des vergangenen Jahres bei einer Befragung des Zentrums für Nachhaltige Unternehmensführung der Universität Witten/Herdecke (ZNU) herausgefunden wurde. Um dieses positive Standing noch auszubauen, haben dti und ZNU kürzlich einen „Branchenleitfaden Nachhaltigkeit in der Tiefkühlwirtschaft“ herausgegeben – unter anderem mit ausführlichen Informationen über die Nachhaltigkeits-Hot-Spots entlang der Tiefkühlkette.

An höchster Stelle trifft dieser Kurs auf viel Beifall: Während der dti-Jahrestagung im Juni 2016 stand ein Vortrag von Professor Dr. Klaus Töpfer auf dem Programm. Dort verriet der ehemalige Bundesumweltminister und Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, dass er große Stücke auf TK hält – als „Gegenpol zur Wegwerf-Mentalität in der industrialisierten Gesellschaft“ und wichtige Maßnahme gegen die Verschwendung von Lebensmitteln.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen
Bild öffnen
Bild öffnen
Bild öffnen
Bild öffnen