Coffee-To-go Ein heißer Star für die Shopper

Von der Verlegenheitslösung zum Topseller: Was in Shops einst mit Pumpkannen begann, hat sich zu einem Kernprodukt der Branche entwickelt: Coffee To-go.

Donnerstag, 30. Oktober 2025, 15:55 Uhr
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Bildquelle: Aral / BP

Schon vor der Jahrtausendwende hatte die Convenience-Branche bemerkt, dass im Geschäft mit Coffee-To-go großes Potenzial steckt. Und dabei geht es nicht nur um den eigentlichen Umsatz mit dem Heißgetränk, sondern auch um Effekte wie Kundenbindung, Zusatzkäufe, die Demonstration gastronomischer Kompetenz sowie die Kundenzufriedenheit insgesamt. Grundsätzlich orientieren konnte man sich bei der Optimierung des Kaffee-Geschäfts in den hiesigen Convenience-Stores wieder einmal an der Entwicklung internationaler Stores.

Grundsätzlich orientieren konnte man sich bei der Optimierung des Kaffee-Geschäfts in den hiesigen C-Stores schon immer an der Entwicklung in den USA. Dort stand nämlich der Begriff „C-Store Coffee“ tatsächlich als Synonym für schlechte, lauwarme Qualität des beliebten Heiß-Getränks und wurde sogar in so manchem eher traurigen Song zitiert. In den 90er Jahren erkannten das die Convenience-Player dort endlich und steuerten auf breiter Front um. Vielfalt, Spezialitäten, Qualität und unzählige Möglichkeiten zur Individualisierung standen und stehen nach wie vor dort und inzwischen auch in deutschen C-Stores ganz oben auf der Agenda beim Coffee-To-go. Hier zu Lande optimierten die Betreiber ihr Angebot in enger Zusammenarbeit mit den Top-Anbietern von Profi-Kaffeemaschinen, wie WMF, Melitta, Schaerer, Jura und vielen anderen. Und diese Unternehmen lernten ihrerseits immer mehr die Bedürfnisse der Kunden aus dieser Branche zu verstehen und boten und bieten entsprechende Lösungen an. Und wenn Tankstellen-Marktführer Aral die meisten Coffee-To-go in Deutschland verkauft – nach eigenen Angaben mehr als 30 Millionen Kaffees pro Jahr allein an unternehmenseigenen Aral Tankstellen – dann ist wohl auch deutlich, wie weit vorne alle Tankstellen zusammen und dazu noch alle anderen Convenience-Vertriebskanäle liegen. Die Bedeutung dieses Geschäfts hat Aral jetzt erneut mit seiner Ende September erschienen Kaffee-Studie  unterstrichen. Im Rahmen der repräsentativen Online-Befragung im „I:omnibus“ von Marktforscher Ipsos Observer wurden 1.100 Menschen im Alter von 18 bis 75 Jahren befragt. Beeindruckende grundsätzliche Erkenntnis: 92 Prozent aller Befragten trinken Kaffee, 68 Prozent davon täglich. Mit steigendem Alter nimmt der tägliche Kaffeekonsum zu.

Jüngere Leute trinken mehr Kaffee

Erstmals seit der vergangenen Befragung im Jahr 2018 trinken aber auch wieder mehr unter 35-Jährige täglich Kaffee. Die meisten Menschen in Deutschland trinken zwei bis drei Tassen am Tag (62 Prozent), 29 Prozent trinken vier Tassen oder mehr. Dabei gibt es in Deutschland offenbar leichte regionale Unterschiede: Beim täglichen Kaffeekonsum haben die östlichen Bundesländer mit 73 Prozent die Nase vorn. „Schlusslicht“ bei der täglichen Tasse Kaffee sind die südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg mit 64 Prozent. Wichtige Kaufkriterien sind laut der Studie unter anderem die Kaffeequalität und die Geschwindigkeit der Zubereitung. Coffee-To-go wird überwiegend auf Reisen und beim Autofahren getrunken. Wer Kaffee unterwegs kaufe, achte auf Qualität und Tempo. Die Mehrheit der Befragten kauft Essen oder Snacks dazu. Besonders beliebt sind Croissants und süße Backwaren. Kaffee macht wohl den Unterschied: Fast 50 Prozent würden eine Tankstelle mit attraktivem Kaffeeangebot einer anderen vorziehen, rund zehn Prozent sogar sehr wahrscheinlich, so die Erkenntnis der Studie. Das Ranking der Kaffeevarianten führt Filterkaffee an, gefolgt von Cappuccino, Café Crema, Milchkaffee, Latte Macchiato und Espresso. Die unter 45-Jährigen bevorzugen Cappuccino und Milchkaffee vor Latte Macchiato und Café Crema. Rund 25 Prozent der Befragten genießen ihren Kaffee schwarz, knapp 38 Prozent mit Vollmilch, 26 Prozent mit fettarmer Milch, 15 Prozent mit pflanzlichen Milchalternativen und knapp 14 Prozent mit Kondensmilch. Jeder Vierte unter 35 Jahren trinkt bevorzugt pflanzliche Milch.

Zu fast jeder Tageszeit

All das müssen Anbieter berücksichtigen. Kaffee wird zu fast jeder Tageszeit getrunken. 83 Prozent denken mindestens einmal am Tag an Kaffee und das Heißgetränk ist insbesondere Starthilfe am Morgen. Fast zwei Drittel trinken ihn innerhalb der ersten Stunde nach dem Aufstehen. Besonders Frauen sehen Kaffee als bewusste Auszeit im hektischen Alltag. Rund 40 Prozent aller Befragten verbinden mit Kaffee Entspannung, angenehmen Geruch und das Frühstück am Morgen. Auch Langstreckenfahrer schwören auf Kaffee als Energielieferant und trinken unterwegs deutlich häufiger als der Durchschnitt. Grund genug also, Coffee-To-go weiterhin den Platz eines Stars im Sortiment zu garantieren, oder ihn dazu zu machen, um nicht gegenüber anderen Anbietern ins Hintertreffen zu geraten und damit Kaffee- und Zusatzumsätze zu gefährden. So sieht man das auch bei Aral: „Die Ergebnisse der Aral Kaffeestudie sind für uns ein wichtiger Maßstab bei der Weiterentwicklung unseres Angebotes“, sagt Aral Vorstandsvorsitzender Achim Bothe, der sich natürlich auch darüber freut, dass laut der Befragung 96 Prozent der Kunden „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ mit ihrem Kaffee von Aral sind. Und Bothe kündigt an: „Wir werden unser Sortiment an Kaffeespezialitäten zum 1. November erweitern und den Café Intense einführen, einen richtigen Wachmacher mit hohem Koffeingehalt. Wir wollen auch beim Kaffee weiterhin erste Wahl unserer Kundinnen und Kunden sein.“

Auf digitalen Wegen

Auf eine besondere Entwicklung hat kürzlich der Kaffee-Fachmann Dr. Steffen Schwarz von Coffee Consulate hingewiesen: „In den letzten zehn Jahren hat sich Kaffee zu einem der am stillsten digitalisierten Bereiche in der gesamten Lebensmittel- und Getränkebranche entwickelt“, sagt er. Im Gegensatz zu den auffälligen Liefer-Apps oder vollautomatisierten Küchen vollziehe sich der technologische Wandel im Kaffeesektor weitgehend im Verborgenen – durch Sensoren, Plattformen, Schnittstellen und eingebettete Daten. Die Auswirkungen seien jedoch alles andere als subtil. Von der Plantage über das Café bis hin zum Verbraucher zu Hause verändere die digitale Technologie die Art und Weise, wie Kaffee gekauft, zubereitet, genossen und geschätzt werde. „In Cafés manifestiert sich die Digitalisierung auf unterschiedliche Weise“, betont Schwarz und zwar von cloudbasierten Rezeptdatenbanken über die Bestellverfolgung per Tablet bis hin zum automatisierten Tamping über Echtzeit-Telemetrie zu Extraktionsparametern. Technologie ermögliche heute Konsistenz in großem Maßstab. Rezepturen könnten standortübergreifend gesichert werden. Durchflussraten, Temperaturschwankungen und Mahlwerk-Kalibrierungen könnten aus der Ferne überwacht werden. Die Mitarbeiter könnten so von „repetitiven“ Aufgaben entlastet und für die Kundenbetreuung eingesetzt werden. Damit gingen jedoch auch neue Erwartungen einher: Gäste erwarteten ein makelloses Erlebnis, die Reproduzierbarkeit ihrer Lieblingsgetränke und auch, dass ihre Treue honoriert werde.

Tiefgreifender Wandel

Im Ursprung sei aber der digitale Wandel ebenso tiefgreifend, wenn auch oft weniger beachtet. Plattformen zur Rückverfolgbarkeit auf Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe würden immer häufiger eingesetzt und ermöglichten es den Produzenten, Erntemengen, Trocknungskurven, Feuchtigkeitsdaten und Exportverfolgung in Echtzeit zu registrieren. Doch dieser Wandel sei nicht neutral. Mit der Digitalisierung gehe Asymmetrie einher. „Diejenigen, die Zugang zu Infrastruktur, Konnektivität und Sprachkenntnissen haben, profitieren mehr als diejenigen, die darauf verzichten müssen“, sagt Schwarz. Die wachsende Kluft berge die Gefahr, dass sich Ungleichheiten verstärkten – obwohl Digitalisierung Transparenz verspreche. „Was alle Akteure in diesem Wandel verbindet, sind Daten – ihre Erfassung, Interpretation und Nutzung“, betont er. Die Gefahr dabei sei „Reduktionismus“. Denn nicht alles, was Kaffee wertvoll mache, lasse sich messen: „Das Knacken der Bohnen im Röster, das Gespräch zwischen Barista und Gast, das Gefühl, wenn das Wasser durch den gemahlenen Kaffee läuft – all das sind Teile des Kaffeerituals, die sich nicht so einfach in Worte fassen lassen.“ Die Herausforderung bestehe also darin, Technologie als Verstärker von Bedeutung zu nutzen und nicht als Ersatz dafür. Hier spiele die angewandte Kaffeewissenschaft eine entscheidende Rolle. Digitale Tools können nur dann sinnvolle Entscheidungen unterstützen, wenn diese Entscheidungen auf sensorischem, agronomischem und prozessbezogenem Wissen basierten. „Im besten Fall stärkt die Digitalisierung Beziehungen: zwischen Kaffeefarm und Rösterei, zwischen Café und Kunde, zwischen der Tasse und der Hand, die sie hält.“ Dies erfordert jedoch eine bewusste Gestaltung, ist Schwarz überzeugt und betont: „Technologie muss der Kette dienen, nicht sie dominieren.“