Orlen Hundert E-Hubs bis zum Jahr 2030

Piotr Guział, Chief Development Officer von Orlen Deutschland, will das Tankstellennetz im Süden der Republik ausbauen. Das teilt er im CS-Gespräch mit.

Montag, 05. Dezember 2022 - Tankstelle
Martin Heiermann
Artikelbild Hundert E-Hubs bis zum Jahr 2030
Bildquelle: Orlen Deutschland

Herr Guział, Orlen Deutschland hat seit kurzem eine neue Geschäftsführung bestehend aus drei Personen. Waldemar Bogusch wurde abgelöst. Zudem startet Orlen Deutschland in die E-Mobilität. Steht Ihr Unternehmen am Beginn eines Transformationsprozesses?
Piotr Guział: Als Teil einer Branche, die sich insgesamt in einem Transformationsprozess befindet, ist es für Orlen Deutschland unabdingbar, sich weiterzuentwickeln und Geschäftsfelder anzupassen bzw. neue Businessbereiche zu erschließen. Die Orlen Gruppe hat das Ziel, 2050 klimaneutral zu sein. Dieses Ziel verfolgen wir als Orlen Deutschland genauso, wollen uns als Dekarbonisierungspartner etablieren.
Ab dem Jahr 2035 wird es keine Neuzulassung von Verbrenner-Fahrzeugen in Deutschland mehr geben? Wie sieht angesichts dieser Vorgabe die Zukunft der Tankstellen in Deutschland aus?
Grundsätzlich wird die Mobilität der Menschen nicht sinken. Aber die Kundenbedürfnisse an den Stationen werden sich zukünftig verändern. Diesem Wandel müssen wir gerecht werden und beispielsweise neue Energieformen genauso anbieten wie weitere Services wie Shop, Bistro, Autowäsche, Paketboxen. Auch wenn die fossilen Kraftstoffe an Bedeutung abnehmen werden – was unumstritten ist – werden Tankstellen wichtige Orte für mobile Menschen und deren Grundbedürfnisbefriedigung bleiben.
Wie viele Tankstellen werden Sie bis 2035 betreiben? Wie wird sich die Anzahl anschließend weiterentwickeln?
Das muss man sich sehr individuell anschauen und von Standort zu Standort entscheiden. Es kann sein, daß einige Stationen verschwinden, dafür kommen neue dazu. Für Orlen Deutschland ist die Vergrößerung des bundesweiten Netzes mit Schwerpunkt im Süden Deutschlands ein wichtiger strategischer Punkt und dabei wird der Ausbau der E-Mobilität eine bedeutende Rolle spielen.
Es gibt Stimmen, die meinen, E-Fahrzeuge würde künftig zu Hause, am Arbeitsplatz oder während längerer Fahrten an Fernstraßen aufgeladen. Wie stehen Sie dazu?
Die klassische Tankstelle als reiner Energieversoger für mobile Menschen wird an Bedeutung verlieren. Nichtsdestotrotz wird der Bedarf an Mobilitätsangeboten für Menschen, die unterwegs sind, nicht abnehmen. Wir wollen deshalb auch mit Partnern zusammenarbeiten und gemeinsam Angebote schaffen, die nachgefragt und von den Menschen gebraucht werden. Geschäftsbereiche wie Bistro und Shop, die wir in den vergangenen Jahren stark ausgebaut und modernisiert haben, werden eine wichtige Funktion haben und weiter an Bedeutung zunehmen.
Welchen Zeithorizont sehen Sie für Ihre Tankstellen, bei denen es nicht möglich ist, Ladestationen zu installieren?
Alle zugänglichen Marktstudien zeigen, dass unsere Branche bis 2030 mit einem Absatzrückgang von bis zu 30 Prozent rechnen muss. Vorausgesetzt, dass die Elektromobilität nach wie vor im Mittelpunkt des Wandels im Transportbereich stehen und entsprechend politisch und finanziell unterstützt wird. Ergänzt von anderen nachhaltigen Kraftstoffen, wie Wasserstoff, aber vielleicht auch E-Fuels. Dadurch wird sich auch die Anzahl der herkömmlichen Tankstellen reduzieren müssen.
Wieviele Standorte werden dann erhalten bleiben?
Jeder Standort muss natürlich einzeln und individuell geprüft werden und im Anschluss das bestmögliche Konzept für ihn gefunden werden. Das kostet zwar viele Ressourcen, aber nur durch eine individuelle Betrachtung kann ein Standort nachhaltig weiterentwickelt werden. Wir gehen davon aus, daß jede sechste unserer Tankstellen bis 2030 in einen reinen E-Mobilitätspark umgewandelt wird und die Standorte erhalten bleiben.
Beispielsweise Aral, Shell und auch Total Energies haben schon vor einiger Zeit begonnen, Ladekapazitäten für die E-Mobilität in Deutschland auf- und auszubauen. Warum startet Orlen Deutschland verzögert?
Wir haben die ersten E-Ladepunkte in 2018 als Kooperationsgeschäft installiert, dann in 2019 vier eigene E-Ladesäulen errichtet und seitdem sehr viele und wertvolle Erfahrungen gesammelt. Unter anderem mit diesem Wissen wurden Konzepte entwickelt, die jetzt mit einem großen Investitionsvolumen in die Umsetzung kommen. Dabei wollen wir nicht nur unser bestehendes Netz elektrifizieren, sondern auch neue Ladeparks eröffnen.
Deutschland wurde von Ihnen bisher als Wachstumsmarkt für Ihr Unternehmen beschrieben. Ist das weiterhin der Fall? Liegt das Wachstum im Bereich der E-Mobilität?
Das ist in der Tat so, sowohl wenn wir unsere steigenden Erträge der vergangenen fünf Jahre anschauen als auch die immer größere Anzahl an Tankstellen, die wir in Deutschland betreiben, aber auch neue Bereiche, die wir hier erschließen, wie beispielsweise die Elektromobilität. Deutschland ist ein sehr wichtiger Markt für die Orlen Gruppe und der Vorreiter in der EU beim Thema E-Mobilität und nachhaltigem Transport. Die Erfahrungen, die wir in Deutschland mit E-Mobilität machen, sind skalierbar und kommen allen in der Konzerngruppe zu Gute.
Wann rechnen Sie mit dem Start des ersten Orlen Charge Ladehubs in Deutschland?
Wir befinden uns gerade in einem sehr intensiven Prüfprozess und suchen derzeit die Standorte mit den besten Voraussetzungen. Hinzu kommen Abstimmungen mit Netzbetreibern bezüglich Stromnetzanschlüssen, notwendige Genehmigungsverfahren, rechtliche Vorgaben, Flächenerschließungsmaßnahmen sowie Liefer- und Bauzeiten. Der gesamte Prozess ist sehr mühsam und zeitlich leider schwer planbar.
Gibt es schon Beispiele für Orlen Ladehubs in Polen oder auch in anderen Staaten?
Erste Ladehubs entstehen gerade in Polen. Wir hoffen auch als Orlen Deutschland,hier zeitnah erste Projekte realisieren zu können. Wir wollen, im Bereich E-Mobilität eine Vorreiterrolle für den Konzern übernehmen.
Wird bei den unter Orlen Charge geplanten Stationen auch die Marke Star eine Rolle spielen?
Unter der Marke Orlen Charge werden alle Produkte und Services angeboten, die in Verbindung mit Elektromobilität stehen. Daneben wird die Marke Star weiterhin als klassische Tankstelle mit Shop- und Bistrobereich erhalten bleiben.
Können Sie schon etwas über erste Partner sagen, mit denen Sie die Ladehubs aufbauen und betreiben werden?
Wir sind schon seit einiger Zeit in guten Gesprächen mit unterschiedlichen Partnern und prüfen Standorte und gemeinsame Businessmodelle. Es ist aber noch zu früh, weitere Details bekannt zu geben.