Expansion Orlen bleibt auf Premium-Kurs

Mehr Orlen-Tankstellen in Deutschland, eine weitere Raffinerie, dazu Ladeparks für E-Autos und alles unter dem A-Markendach des Konzerns. Das ist der Expansionsplan des Unternehmens.

Montag, 05. Dezember 2022 - Tankstelle
Martin Heiermann
Artikelbild Orlen bleibt auf Premium-Kurs
Bildquelle: Orlen Deutschland

Der Mineralöl- und Energiekonzern Orlen baut sein Tankstellen-Geschäft in Mitteleuropa weiter aus. Im Interview mit Convenience Shop betont der Chief Development Officer von Orlen Deutschland, Piotr Guział, dass der deutsche Markt für die gesamte Unternehmensgruppe wichtig sei und hier zu Lande weiterhin hohe Investitionen erfolgen sollen. Dabei geht es nicht nur um den Ausbau von Ladepunkten für die E-Mobilität, sondern auch um das klassische Geschäft.

Eine neue Führung mit Piotr Guział, Dariusz Pawlik und Oskar Skiba an der Spitze hat im Oktober das Ruder bei Orlen Deutschland übernommen. Schon seit längerem zeichnet sich zudem eine veränderte Strategie des Unternehmens ab, der Marke Orlen hier zu Lande mehr Bedeutung zu geben. Sie tritt am Point of Sale, also an den Tankstellen, in den Vordergrund. Immer mehr Stationen des Mineralölkonzerns firmieren in Deutschland – wie es auch in anderen europäischen Ländern üblich ist – unter dem Logo mit dem Adlerkopf. Entsprechend haben diese Stationen eine andere Positionierung im Markt als die lange Zeit forcierte Zweitmarke Star. Dort wurde der Kraftstoff und häufig auch das Shop-Sortiment günstiger angeboten als bei A-Marken. Orlen-Stationen sind dagegen klar auf Premiumkurs. Das gilt auch für die Kraftstoff-Preise an diesen Tankstellen.

Unter dem Orlen-Markendach
Nun bestätigt Deutschland-Chef Piotr Guział im Interview mit Convenience Shop das Ziel des Unternehmens, vor allem in Süddeutschland die Anzahl der Tankstellen weiter zu erhöhen. Vermutlich werden die dann neu übernommenen Stationen im Süden der Republik überwiegend auch unter der A-Marke Orlen laufen – wenn sie sich dazu eignen. Dafür spricht, dass auch der Aufbau von E-Mobilitäts-Hubs, der momentan wohl in der Planungs- und Startphase steckt, unter dem Markendach von Orlen ausgerollt werden soll. Das jedenfalls kündigt Guział gegenüber CS an. Deutschland sei für den Mineralölkonzern weiterhin ein Wachstumsmarkt: Man habe in den vergangenen fünf Jahre „steigende Erträge“ und betreibe eine „immer größere Anzahl an Tankstellen in Deutschland“. Hinzu komme die zu erschließende Elektromobilität. „Deutschland ist somit ein sehr wichtiger Markt für die Orlen Gruppe und der Vorreiter in der EU beim Thema E-Mobilität und nachhaltigem Transport. Die Erfahrungen, die wir in Deutschland mit E-Mobilität machen, sind skalierbar und kommen allen in der Konzerngruppe zu Gute“, begründet der Deutschland-Chef das Engagement. Es stehe ein „großes Investitionsvolumen“ zur Verfügung. Damit „wollen wir nicht nur unser bestehendes Netz elektrifizieren, sondern auch neue Ladeparks eröffnen“, kündigt er an.
Kein Zweifel also: Orlen setzt in Deutschland auf Expansion. Und das betrifft auch das klassische Tankstellen-Geschäft. Während viele andere A- und B-Gesellschaften sich derzeit angesichts des Energiewandels mit Investition in ihre Stationen zurückhalten, sieht die deutsche Tochter des polnischen Unternehmens – das immerhin der größte Mineralölanbieter in Mitteleuropa ist – für sich in diesem Markt weiterhin große Chancen. Auch in klassische fossile Kraftstoffe wird das Unternehmen, Mutter- und Tochtergesellschaft, wohl weiter investieren. Die Margen in diesem Geschäft sind einfach zu gut, als dass der Mineralölkonzern darauf verzichten würde. Nicht zuletzt wird das Geld aus der Öl-Vermarktung für den Umbau der eigenen Struktur in Richtung E-Mobilität und A-Marke benötigt.

Interesse an der Raffinerie Schwedt
Dabei kann etwa der Kauf der Raffinerie im ostdeutschen Schwedt helfen. Ende Oktober stellte die Bundesregierung diese Raffinerie, die dem russischen Rosneft-Konzern gehört, unter Treuhandverwaltung. Der zweite Anteilseigner Shell möchte wohl in Schwedt aussteigen. Der Mineralölkonzern PKN Orlen hat nach Angaben von Insidern Interesse an einem Mehrheitsanteil und damit an einer Kontrolle über die Raffinerie. Voraussetzung sei allerdings eine Enteignung der Russen. PKN Orlen-Chef Daniel Obajtek sagte zu dieser Entwicklung kürzlich den Medien, es sein normal, dass man nicht hintanstehen, sondern auch mit am Tisch sitzen müsse, „wenn hier etwas mit unseren Geschäftsbereichen Logistik und Raffinerie zusammenfällt“.