E-Mobilität Shell-Shops zielen auch auf Stromtanker

Die Wende hin zur E-Mobilität wird die Tankstellen verändern. Auch Shell hat mit der Umrüstung begonnen. Doch wie sieht es mit den Shops aus? Gut, meint Shell-Tankstellen-Chef Toschka.

Donnerstag, 17. Juni 2021 - Tankstelle
Martin Heiermann
Artikelbild Shell-Shops zielen auch auf Stromtanker
Bildquelle: Shell Deutschland

Deutlicher geht es kaum: Ein niederländisches Bezirksgericht verurteilte Royal Dutch Shell Ende Mai seinen Co2 Ausstoß bis 2030 um mindestens 45 Prozent senken zu müssen und zwar im Vergleich zu 2019. Ganz unabhängig davon, ob dieses Urteil Bestand haben wird, und das Gericht die Kompetenz hat, in die Geschäfte eines unabhängigen Energieunternehmens einzugreifen. Eines steht fest: Das Urteil wird auch an deutschen Tankstellen Folgen haben, und zwar schneller als erwartet.
Jan Toschka steuert das Tankstellen-Geschäft der Shell Deutschland in der DACH-Region.

Die Verantwortlichen bei Shell Deutschland sind sich dieser Veränderungen durchaus bewusst. Im Gespräch mit Convenience Shop formuliert es Jan Toschka, Chef des Tankstellen-Geschäfts von Shell in der DACH-Region, so: „Der Wandel ist schon in vollem Gang.“ Er meint damit die Energiewende auch an den Shell-Stationen hier zu Lande. Das Shop-Geschäft jedoch sieht er weniger betroffen.

„Shell hat schon früh die Weichen für den Aufbau einer Ladeinfrastruktur gestellt“, macht Toschka gegenüber unserer Zeitung deutlich und zählt die einzelnen Schritte auf: Vor vier Jahren hat der Konzern New-Motion, einen der größten europäischen Ladeanbieter für zu Hause, am Arbeitsplatz und unterwegs, gekauft. Ende 2019 hat Shell dann begonnen, Recharge-Ladesäulen an seinen Tankstellen zu installieren. „Kürzlich haben wir das Berliner Startup Ubitricity gekauft, dass das Laden an Laternen ermöglichen soll,“ ergänzt er. Das in London und Berlin beheimatete junge Unternehmen ermöglicht es nach eigenen Angaben, Energie für jedes Elektrofahrzeug überall zur Verfügung zu stellen. Zudem unterstützt Shell das Joint Venture Ionity, das BMW, Daimler, Ford und VW betreiben und das sich zum Ziel gesetzt hat, ein Netzwerk von Ultraschnell-Ladesäulen mit 350 KW Ladeleistung entlang europäischer Autobahnen aufzubauen. Jüngste Errungenschaft ist das First European EV Mobility Hub in Paris, das sich an gewerbliche Nutzer von E-Autos richtet. Bereits in Kürze will Shell neue Kooperationen bekannt geben.

„Shell hat schon früh die Weichen für den Aufbau einer Ladeinfrastruktur gestellt.“

Jan Toschka

Die Stromtanker werden wichtiger
Im Gesamtpaket all dieser Maßnahmen kommt die Tankstelle im Shell-Kosmos zwar noch vor. Ihre Bedeutung für den Energiekonzern wird aber künftig weiter abnehmen. Toschka stellt immerhin klar, dass die Nachfrage nach den unterschiedlichen Kraftstoffen und nach den Shop-Angeboten für die Wirtschaftlichkeit der Tankstellen entscheidend sei. Doch gerade deshalb werden bei zunehmender Elektrifizierung der Mobilität die Shell-Stationen und ihre Betreiber oder Pächter immer mehr auf Stromtanker angewiesen sein. Und sie werden darauf angewiesen sein, dass auch diese Kunden den Shop nutzen.

Trotzdem hält es der Shell-Manager derzeit nicht für notwendig, für die Fahrer von E-Autos und entsprechend der längeren Lade-Verweildauer spezielle Store-Formate oder -Angebote zu entwickeln. Richtig sei, „dass das Shop-Geschäft schon seit Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnt“, so Toschka. Nicht ohne Grund habe Shell deshalb massiv in die Shops und das Sortiment sowie die Dienstleistungen investiert. „Schon heute kommt jeder zweite Kunde nicht zum Tanken an die Tankstelle, sondern um das Angebot und die Dienstleistungen rund um den Shop wahrzunehmen“, sagt er. An vielen Shell Tankstellen könne der Kunde Geld abheben. Es gebe Abholstationen, die vom Online-Handel profitierten. Um der Flut der Einwegbecher entgegenzuwirken, habe Shell mit Recup und den Betreibern den Mehrwegbecher eingeführt. Viele Betreiber bieten zudem über die App von Too Good To Go abends Frische-Produkte zu reduzierten Preisen an. Und das Getränkesortiment sei durch Share-Mineralwasser und Lemonaid-Limonaden sowie Chari-Tea-Eistees sozialer geworden.

Der Test mit Lieferando
Hinzu kommt die Kooperation mit dem Lieferdienst Lieferando, der zurzeit noch in der Testphase ist. „Was wir bereits sehen ist, dass die Kundenakzeptanz bei verschiedenen Stationen sehr unterschiedlich ist“, berichtet der Shell-Manager. Nach Abschluss des Tests gehe es um eine mögliche Ausweitung des Piloten. Zurzeit nehmen an dem Test 18 Stationen teil.

Ob alle diese Maßnahmen für die Shell-Tankstellen und deren Betreiber ausreichend sind, werden die Verbraucher entscheiden. Shell jedenfalls denkt nach eigenem Bekunden bereits seit Jahren über die Tankstelle hinaus.

Lesen sie dazu auch das Interview mit Jan Toschka