Tabak Steuer-Vorteil für Verbrenner?

Um das Tabaksteuermodernisierungsgesetz wird weiter gerungen. Große Teile der Branche stemmen sich nach wie vor gegen hohe Steuern für E-Zigaretten und Tabakerhitzer. Es geht um Arbeitsplätze, Investitionen, den Schwarzmarkt und die Gesundheit der Raucher.

Donnerstag, 17. Juni 2021 - Tabak
Martin Heiermann
Artikelbild Steuer-Vorteil für Verbrenner?
Bildquelle: Anna Kazanova

Dieser Entwurf macht keinen Sinn, er gefährdet die wirtschaftliche Grundlage unsere Läden und lockt unsere Kunden ins benachbarte Ausland oder auf den Schwarzmarkt.“ Mit diesem Statement fasst Günther Kraus, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands Lotto-Toto-Verkaufsstellen Deutschland, seine Einschätzung zur aktuell laufenden Novellierung des Tabaksteuermodernisierungsgesetz zusammen. Momentan befindet sich die Novelle im Gesetzgebungsverfahren. In einer Anhörung im Finanzausschuss Mitte Mai verteidigte Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Absicht, E-Zigaretten und Tabakerhitzer deutlich höher besteuern zu wollen. Wenn neue Produkte auf den Markt kämen, müsse man die Besteuerung sicherstellen. E-Zigaretten seien bei weitem nicht alle unschädlich. Der Bundesverband der Lotto-Toto-Verkaufsstellen und sein Geschäftsführer Kraus halten dagegen. Sie sehen „die Geschäftsgrundlage der knapp 100.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in rund 24.000 Geschäften existenziell gefährdet“.

Bisher fallen auf E-Zigaretten, bei denen statt Tabak Liquids verdampft werden, nur die Mehrwertsteuer an. Scholz will einen eigenen Steuertarif für nikotinhaltige Substanzen einführen. Nach Berechnung des Bündnisses für Tabakfreien Genuss, Zusammenschluss von E-Zigaretten-Herstellern, würde sich der Preis für ein Zigaretten-Äquivalent dadurch bis 2025 von 22 auf 57 Cent erhöhen. Die Steuern auf klassische Tabakwaren sollen dagegen moderat um 2,5 Prozent mit der Novellierung steigen. Bis 2026 sollen für jede Packung Zigaretten pro Jahr etwa acht Cent mehr anfallen.  Diese Steueranpassung kritisiert die Branche kaum. Vielmehr alarmiert Hersteller und Handel, dass die wirtschaftlichen Hoffnungsträger,Tabakerhitzer und E-Zigaretten, die derzeit noch einen geringeren Umsatzanteil beisteuern, derart belastet werden sollen. Denn die großen Branchen-Unternehmen sind seit einigen Jahren dabei, mit den so genannte Next Generation Products ein zukunftsfähiges Marktsegment zu etablieren. So setzt Hersteller Philip Morris beispielsweise auf den Tabakerhitzer Iqos und British American Tobacco, BAT, auf Glo. Von Philip Morris heißt es in Medienberichten, man habe schon 8,1 Milliarden US-Dollar in die Tabakerhitzer-Entwicklung investiert. Nun will das Unternehmen sicherstellen, dass seine Investitionen nicht wirkungslos werden. Der Hersteller verweist darauf, dass Tabakerhitzer 90 bis 95 Prozent weniger schädliche oder potenziell schädliche Stoffe als Zigaretten emittierten. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf bevorteile Verbrennungsprodukte, meint der Konzern.

Warnungen vor dem Schwarzmarkt
Kernfrage im Finanzausschuss war entsprechend, ob Produkte mit einem geringeren Schadstoffgehalt in gleicher Höhe wie andere Tabakwaren besteuert werden sollen. Hersteller und Händler befürchten, dass durch eine solche Lösung Raucher nicht zu neuartigen Produkte wechseln oder viele Konsumenten künftig auf dem Schwarzmarkt einkaufen. Solche Warnungen kamen nicht nur aus der Branche, sondern auch von der Gewerkschaft der Polizei. Jan Mücke vom Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse, BVTE, verwies auf Folgen der Steueranhebungen 2003 bis 2005. Sie hätten den Anteil geschmuggelter Zigaretten steigen lassen. „Dieselben Ausweichbewegungen würden wir jetzt bei Tabakerhitzern und E-Zigaretten sehen“, so Mücke. Statt die Steuern für die neuartigen Produkte zu erhöhen, schlagen Fachleute des Deutsches Krebsforschungszentrums vor, die Tabaksteuer mindestens um zehn Prozent pro Jahr anzuheben. Die beiden Berichterstatter der Regierungskoalition, Sebastian Brehm und Michael Schrodi, gaben zu erkennen, dass auch sie sich eine solche deutlichere Erhöhung vorstellen können. Denn Nikotin macht zwar abhängig, so die Erkenntnis der Ausschussmitglieder, doch der Rauchertod drohe vor allem in den Verbrennungsprodukten.