Süßwaren Wenn die Preise steigen

Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg haben zu einem Mangel an Rohstoffen und zu fragilen Lieferketten geführt. In der Süßwaren-Branche und den C-Stores ist mit höheren Preisen zu rechnen.

Dienstag, 21. Juni 2022 - Süßwaren & Salzige Snacks
Silke Hoyer
Artikelbild Wenn die Preise steigen
Bildquelle: Mars Wrigley

Bereits vor dem Ukraine-Krieg sind die Lieferketten in fast allen Branchen coronabedingt in Bewegung geraten. Putins Angriffskrieg hat die Lage noch einmal verschärft. Seit Monaten sind für den Transport von Waren rund um den Globus deutlich weniger Container verfügbar, wodurch fertige Produkte nicht verladen und transportiert werden können. Zudem streichen Reedereien in unregelmäßigen Abständen Fahrten zwischen Asien und Europa, LKW kommen nicht über die Grenze der Ukraine und Russlands. Die Preise für Energie, Verpackungen, Transport und viele Agrarrohstoffe hatten bereits vor dem Krieg ordentlich zugelegt, steigen seit einigen Monaten jedoch noch einmal stark an. All das spiegelt sich in den Verbraucherpreisen wider. Die Konsumenten in Deutschland mussten bereits im Februar nach Angaben des Statistischen Bundesamtes für Nahrungsmittel 5,3 Prozent mehr zahlen als noch zwölf Monate zuvor. Im April 2022 betrug die Teuerungsrate 9,7 Prozent.

Die Belastungsgrenze ist in Sicht
Auch für die Hersteller von Süßwaren und Gebäck wird die Situation durch den Ukraine-Krieg mittlerweile kritisch. So sind Weizen, Sonnenblumenkerne, Senfkörner, Düngemittel und andere Rohstoffe knapp, die Bezugspreise steigen: Weizen beispielsweise kostet die Unternehmen im Einkauf im Schnitt aktuell 65 Prozent mehr als noch vor Kriegsausbruch. Der Preis für Sonnenblumenöl ist teilweise sogar um mehr als 130 Prozent angestiegen. Aber auch Rohstoffe wie Kakao, Hasel- und Rohkokosnüsse oder Sonnenblumenlecithin, das verantwortlich dafür ist, dass sich Öl und Wasser wie in der Schokolade nicht trennen, sind durch den Ukrainekrieg teuer geworden. Die Preise vieler anderer Zutaten wie Milchpulver, Zucker, Eier oder Palmöl sind bereits coronabedingt deutlich angestiegen. Die nun drohende Gasknappheit könnte im schlimmsten Fall zum Runterfahren der Produktion führen, da Gas der wichtigste Energieträger für die Branche ist. „Die Belastungsgrenze ist erreicht“, sagt deshalb Bastian Fassin, Vorsitzender des Bund Deutscher Süßwarenindustrie, BDSI.

Für die Saison 2022 müssten Verbraucher hier zu Lande nun auch mit höheren Preisen für Süßwaren rechnen, so der BDSI. „Die Kostensteigerungen und Verknappung in der gesamten Wertschöpfungskette können wir trotz aller Kraftanstrengungen nicht allein tragen. Wir stehen mit dem Handel vor einer gemeinsamen Herausforderung, die derzeit die gesamte FMCG Branche prägt“, fasst Carsten Simon (Foto) , General Manager Mars Wrigley Deutschland, die Lage zusammen. Inwieweit sich diese Probleme in der Preisen von Süßwaren und Gebäck wiederfinden, liegt aber auch in der generellen Preispolitik des Handels und der Convenience-Branche. Zurzeit wird über das Ausmaß der Preissteigerungen zwischen Handel und Industrie gerungen. Denn nicht alle Forderungen sind gerechtfertigt, weil etwa Rohstoffe teurer geworden sind, findet Lionel Souque, Chef der Rewe Group.

Geringere Gewinnspannen
Diskussionen um die Preise zwischen Industrie und Handel gab es schon immer. Mit dem Krieg in der Ukraine haben sich diese Preisgespräche zwischen Herstellern und Händlern jedoch nochmal verstärkt. Auch für den Convenience-Markt gilt: Selbst wenn jetzt vieles teurer wird in den Shops, in der Tankstelle oder am Kiosk: Die Preissteigerungen der Herstellung können nicht eins zu eins an die Kunden durchgereicht werden. „Es ist Unsinn zu glauben, dass wir alles nach hinten an den Letzten weitergeben können. Wir müssen das im System verteilen,“ sagt Souque. Etwa durch geringere Gewinnspannen.

MCS als Großhändler der Convenience-Branche hat da weniger Spielraum: „Wir als Großhändler sind gezwungen, die Preiserhöhungen der Hersteller an unsere Kunden weiterzugeben. Wir weisen unsere Kunden jedoch in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass sie ihre Ladenverkaufspreise entsprechend überprüfen müssen. Denn wir haben festgestellt, dass häufig vergessen wurde, diese Preise anzupassen, was zu einer deutlichen und gefährlichen Spannungsschmälerung führen kann“, sagt Fabian Brüderle, Catagory Manager bei MCS.

Hiervon sind Betreiber von Tankstellen-Shops momentan sogar doppelt betroffen, da auch die Preissteigerungen an den Zapfsäulen zur Kaufzurückhaltung in den Shops führen. „Kunden, die 20 Euro mehr für eine Tankfüllung ausgeben müssen, sind häufig nicht mehr geneigt, ein Impulsprodukt wie Eis oder einen Schokoriegel zu kaufen“, sagt Brüderle. So ist die Freude manches Betreibers, die durch die steigende Mobilität der Verbraucher nach der Pandemie und der damit verbundenen Umsatzsteigerung ausgelöst wurde, wieder getrübt. Aber trotzdem: der „Convenience-Store is back“, stellen viele Lieferanten fest. Von der zunehmenden Mobilität der Konsumenten profitieren in den Shops nicht nur die Umsätze von klassischen Snacks wie Erdnüssen, Flips, Kartoffelchips, sondern auch neue Snackvarianten, wie beispielsweise Frucht- und Gemüse-Chips zeigen. Auch der Trend zu Influencer-Produkten hält in Tankstellen und anderen C-Stores weiter an. Außerdem sind in den Stores wieder verstärkt Nüsse und Co. begehrt, da sie praktisch für unterwegs sind. Der Klassiker ist das Studentenfutter, aber auch Cashews sind ein gesunder Snack-Proviant für den kleinen Hunger auf Reisen. Die Nachfrage nach Tortilla Chips in den verschiedenen Geschmack-Varianten wächst ebenfalls. Besonders die internationalen Sorten sind im Trend. Das spiegelt sich auch bei Lay’s Stax und Doritos wider.

Viele Hersteller sind sich in der momentanen Situation ihrer gemeinsamen Verantwortung mit dem Handel bewusst. So sind zwar auch für Viba Sweets Preiserhöhungen unvermeidbar. „Jedoch haben wir in der aktuellen Situation unser Sortiment genau im Blick und entscheiden zum Teil artikelgruppen- und vertriebskanalbezogen über die richtigen Maßnahmen. Es kann beispielsweise manchmal Sinn machen, auch auf andere Lieferrhythmen, Kartoneinheiten oder einen veränderten Produktmix umzustellen,“ berichtet Corinna Wartenberg, Geschäftsführung Marketing Vertrieb von Viba Sweets.
Doch im so genannten New Normal wird sich der Verbraucher an neue Preise auch nach dem Krieg und der Pandemie gewöhnen müssen. An ein New Normal, welches durch ein neues Werteverständnis der Verbraucher geprägt wird, glaubt Mars-Wrigley-Manager Carsten Simon. „Die Konsumenten haben den Anspruch, dass Marken ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen.“ Dazu gehört die bewusste Auswahl von Rohstoffen, fairer Umgang mit Partnern und gute Arbeitsbedingungen, gekoppelt mit transparenter Preisgestaltung.