Blumen und Pflanzen Flower Power - Kunden-Analyse ist ein Muss

Blumen und Pflanzen sind in Tankstellen ein Zusatzsortiment. Aber sie haben auch strategische Bedeutung. Sie sind ein Signaturprodukt und Sympathieträger, wecken Emotionen. Damit weder das Grüne noch Shop-Betreiber die Köpfe hängen lassen, braucht das schnell verderbliche Angebot besondere Konzepte und Pflege.

Mittwoch, 05. April 2017 - Nahversorgung
Ulrike Pütthoff
Artikelbild Flower Power - Kunden-Analyse ist ein Muss
Bildquelle: Getty Images, Klartext – Einfach gut vermarkten, Q1 Energie AG

Kunden-Analyse ist ein Muss

Es führt kein Weg daran vorbei, sich die Kunden anzuschauen und ihre Struktur zu analysieren. Tankstellen seien zwar Männerdomänen, aber Blumen und Pflanzen ein Frauenthema. Das erfordert, mit dem Sortiment viele Käufer zu erreichen, aber auch individuell auf ihre Wünsche einzugehen. Weibliche Shopper kaufen zum Beispiel Blumen nie spontan wegen des Preises, sondern aus einem Impuls heraus. Dieser kann durch Innovationen, Werbung und Preis ausgelöst werden. Blumen wecken also positive Reaktionen.

Außerdem sei es ratsam, mehrere Preiskategorien bereitzuhalten. Das mache Lidl sehr gut, während Aldi sich mehr auf den Strauß zu 1,99 Euro konzentriert. „Im Shop darf der Strauß aber ruhig 10 Euro kosten, Hauptsache er sieht nach 20 Euro aus.“ Es graut Kleerebezem zum Beispiel, wenn er an das Angebot der Seidenblumen in schillernden Farben denkt, verpackt in einer Klarsichtfolie, die zu Hasenohren gebunden ist. Da sollte es nicht wundern, wenn es Ladenhüter bleiben.

Dünger für den Shop

So ist es leider ein lieb gewordenes Klischee: Blumen von der Tankstelle taugen nicht, sind teuer und halten nicht lange. Ein Vorurteil, das Verbraucher in Notfällen aber ausblenden, etwa wenn die Blumenläden ihre Pforten schon geschlossen haben, eine Einladung ansteht oder jemand einen Geburtstag verschwitzt hat. Vorteil der C-Stores ist, dass der Kunde dann die Ware bekommt, wenn er sie braucht. Oft sind es Männer, die zum Strauß greifen. Schließlich besuchen sie die Tankstelle immer noch häufiger als Frauen.

Die Zielgruppe für die Blumen von der Tankstelle ist damit überschaubar. Es dreht sich nicht um große Mengen, wie die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft belegt. Britta Tröster, Produktmanagerin Blumen/Zierpflanzen bei der AMI, hat die aktuellen Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) analysiert. Demnach weist das Pflanzenpanel für Tankstellen (gemessen an den Gesamtausgaben der privaten Verbraucher) 2016 einen Anteil von weit unter 1 Prozent aus. Der Umsatz dürfte 15 Mio. Euro im Jahr nicht übersteigen.

Berücksichtigt man zudem die höheren Preise, fällt der Mengenanteil noch niedriger aus. Auch beim Preisvergleich scheinen sie im besagten Vertriebskanal keine Chance zu haben: Private Verbraucher zahlten nach Angaben aus dem GfK-Pflanzenpanel im vergangenen Jahr für einen gemischten Blumenstrauß durchschnittlich 9,33 Euro; an der Station waren es 11,95 Euro.

Blütenpracht als Blickfang

Trotzdem, die Lust auf Blumen und Pflanzen wächst, und in Tankstellen, an Kiosken usw. signalisieren sie, dass man an dem von Technik beherrschten Ort auch mit verderblicher Ware umzugehen weiß. Sie sind auch dort Botschafter. Abgesehen davon, dass das Erscheinungsbild eines Shops profitiert, weil Farbe und Abwechslung ins Spiel kommt, zählt für die TS-Kunden auch die Bequemlichkeit beim Kauf, sagt Stefan Kretschmer. Er ist Experte für die Vermarktung von Blumen und Pflanzen entlang der gesamten Wertschöpfungskette und berät mit seiner Agentur „Klartext – Einfach gut vermarkten“ konzeptionell Händler vor allem in Sachen Topfpflanzen. Die Hauptklientel, nämlich Männer, schätzten die kurzen Wege und den leichten Transport, da in den meisten Fällen das Auto sowieso vor der Tür steht, zitiert er Umfragedaten des Marktforschungsinstituts YouGov. Bei Tankstellen sieht er grundsätzlich das Problem, dass diesen auf Dauer Umsätze wegbrechen werden. Elektroautos sind auf dem Vormarsch, sie würden voraussichtlich selten an Tankstellen aufgeladen, darum müssten Stationen sich neue Umsatzfelder suchen.

Ein solches könnte Blumen und Pflanzen sein. Erfolg stelle sich aber nur dann ein, wenn ein Netzwerk aus Gartenbaubetrieben bzw. Produzenten, Händlern und Einkäufern ein gemeinsames Konzept verfolgen. Nur dann ließe sich nachhaltig und langfristig auf allen Stufen Geld verdienen, meint Kretschmer. Eine besondere Bedeutung kommt zum Beispiel in dieser Lieferkette dem Großhandel als Verkaufsberater und Logistiker zu.

Eine solche Aufgabe nimmt zum Beispiel die HBW-Sinsheim GmbH wahr. Sie gilt als einer der führenden Anbieter von Floristikartikeln unter der Marke Blumotion an ca. 3.000 Tankstellen. Über die Jahre hat das Unternehmen sein Blumengeschäft und die Belieferung auf die Mineralölbranche zugeschnitten. Für den reibungslosen Ablauf sorgen eine spezifische Logistik, Abrechnung und Disposition. Tankstellen-Betreibern stellt es außerdem auf seinen Shop abgestimmte Warenträger zur Verfügung.

„Eigentlich ist es ein unkompliziertes Geschäft“, sagte eine Pächterin gegenüber Convenience Shop. Man gebe die Bestellung auf und einmal in der Woche komme der Blumenwagen. Das Ganze läuft auf Kommissionsbasis: „Restanten werden vereinbarungsgemäß mitgenommen. Abgerechnet wird nur das, was auch verkauft wurde.“ Keine Abschriften, kein Risiko. Den Big Deal mache sie nicht mit dieser Frisch-Ware – immerhin rund 8.000 Euro Brutto-Umsatz im Jahr mit minimalem Aufwand. Doch nicht immer bewährt sich solch ein Komfort-Service, und oft sind es die Abschriften, die die Freude am Blumengeschäft verderben. Diese sollten übrigens nicht über 8 bis 10 Prozent liegen, meinen Fachleute.

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