Herr Reichelt, zum Jahresanfang die Umfirmierung und gleichzeitig kündigen Sie noch einen Erneuerungsprozess an. Was planen Sie?
Joachim Reichelt: Wir sind bereits in der Umsetzungsphase, unser Geschäftsmodell zu ändern und zu erweitern. Aber wir stellen uns nicht komplett neu auf. TK-Backwaren bleiben weiterhin das Kernsortiment, zu dem wir ergänzend weitere TK-Produkte und Frischwaren aufnehmen und uns damit Richtung Foodsolutions bewegen.
Tankstellen und Convenience-Stores gehören zu Ihren Kunden. Wie viel Prozent Ihres Umsatzes bestreiten Sie mit ihnen?
Reichelt: Ich kann dies nicht exakt beziffern, weil ein Teil auch indirekt über Großhändler läuft. Aber ich gehe von 20 bis 25 Prozent Umsatzanteil aus.
Welche Relevanz hat Ihrer Einschätzung nach die Tankstelle als Einkaufsstätte für gekühlte Snacks & Co. bei der Dichte und dem weiterhin wachsenden LEH-Angebot?
Reichelt: Bei den Tankstellen ändert sich gerade das ganze Marktumfeld. Dafür sind Aral und Rewe to go das beste Beispiel. Als Einkaufsstätte für das To-go- und Snacking-Angebot haben sie nach wie vor eine hohe Relevanz. Sie werden regelmäßig von Menschen aus unserer mobilen Gesellschaft angesteuert und geben diesen die Sicherheit, dass ein Kaufakt schnell geht. In ländlichen Gebieten mag das noch anders sein. Dort verlagert sich alles stärker auf die kleineren LEHs oder die Bäckereien.
Welchen Vorteil ziehen Ihre Kunden aus der Aufschaltung von Frischwaren?
Reichelt: Die Vorteile liegen sicher in der internen Abwicklung. Die Shop-Betreiber haben es künftig im Bereich Foodservice nur noch mit einem Partner zu tun, also nur noch eine Warenanlieferung und nur noch eine Bestellaufgabe. Außerdem profitiert er von unserem ganzheitlichen Ansatz. Wir liefern also nicht nur Ware, sondern auch Beratung rund um die Convenience-Theke. Unser Team entwickelt zusammen mit den Kunden neue Ideen und Konzepte, zu denen wir die Produkte passgenau erarbeiten. Aus unserem Haus kommt aber deshalb kein abgepackter Schinkenaufschnitt für das SB-Regal.
Aber es gibt auch im Foodservice bereits etablierte Lieferanten, die sich auf das Streckengeschäft mit Chilled Food und gekühlte Frische spezialisiert haben.
Reichelt: Trotzdem, unser neues Geschäftsmodell kommt nicht von ungefähr. Im Vorfeld hatten wir dazu viele Gespräche mit Shop-Betreibern geführt. Es stellte sich heraus, dass viele diesen neuen Leistungen gegenüber sehr aufgeschlossen sind. Es gibt im deutschen Markt nur wenige nationale Anbiete, die solch einen ganzheitlichen Ansatz fahren können. Und diese wenigen sind meistens Großhändler, denen in den Kernproduktsortimenten das Know-how fehlt. Bei Aryzta Food Solutions aber kommt das Kern- oder Trägerprodukt, nämlich die tiefgekühlte Backware, aus dem eigenen Haus. Und ab jetzt auch die Frische. Also alles aus einer Hand.
Wird sich mit der Frische im Portfolio auch der Beratungsbedarf erhöhen?
Reichelt: Ja. Wir beraten aktuell zwar schon rund um diese Produkte, haben sie bisher aber noch nicht selbst verkauft. Wenn wir also heute ein Burger-Konzept für einen Kunden entwickeln, dann bieten wir in Zukunft nicht mehr nur den Burger-Bun und den Fleisch-Patty, sondern alle anderen Frischezutaten sowie die Beratung durch unsere Mitarbeiter mit an. Außerdem sind wir dabei, den Außendienst aufzustocken.
Sie sprachen von ganzheitlichen Ansätzen. Beziehen die sich auch auf die Vermarktungskonzepte?
Reichelt: Auch das ist ein Thema, das wir mit unseren Kunden erörtern, etwa wie wir bestimmte Events planen können, wie eine Frühstückstheke aussehen muss oder in welchem Umfang abends Snacks sinnvoll sind. Die Theken sind stark von der Tageszeit geprägt und Shops müssen schnell auf die einzelnen Anlässe reagieren. Deshalb müssen unsere Mitarbeiter ganzheitlich unterwegs sein.
Mit welchen Herstellern arbeiten Sie zusammen?
Reichelt: Wir haben viele Lieferanten, je nachdem, um welche Produkte es sich handelt. Ideal sind aber zwei bis drei pro Kategorie, um unseren Kunden eine breitere Auswahl anbieten zu können.
Regionalität im Convenience-Bereich gewinnt an Bedeutung…
Reichelt: … und wir können regionale Produkte, die gewünscht werden, in unsere Logistik-Struktur einspeisen, auch wenn wir national aufgestellt sind, weil wir auf regionale Verteilzentren zurückgreifen.
Läuft die Distribution auch über Spediteure?
Reichelt: Das machen wir nur in absoluten Notfällen oder in Stoßzeiten wie Weihnachten oder Ostern. Grundsätzlich sind wir aber mit der eigenen Flotte unterwegs. Wir werden in den nächsten sechs Monaten das Gros unserer 160 Lieferfahrzeuge auf Multitemperatur und somit auch für die Frische umgerüstet haben. Auch an unseren Lagerstandorten und den Verteilzentren bauen wir die Frischekapazität aus. Damit sind wir sehr gut aufgestellt.
Welchen Zeitrahmen haben Sie sich für die Integration der Frische-Komponenten in die Aryzta Gruppe gesteckt?
Reichelt: Unser Zeitplan steht. Bisher sind es drei Partner, die den Foodservicebereich komplett mit uns bearbeiten wollen. In diesem Quartal haben wir mit dem ersten begonnen. Die anderen beiden werden wir unmittelbar im Anschluss aufschalten. Und erst dann treten wir an die C-Store-Betreiber mit regionalem Schwerpunkt heran.
Warum war es dafür nötig, sich von dem bekannten Namen Hiestand & Suhr zu verabschieden und unter Aryzta Food Solutions zu firmieren?
Reichelt: Hiestand bleibt weiterhin bestehen, aber nicht als Firmen-, sondern als Marken-Name und damit auch zur Sortimentsbestimmung, denn der Name steht für tiefgekühlte Convenience-Produkte. Seit 2008 gehören wir zum internationalen Backwarenhersteller Aryzta. Der Name ist übrigens von Ähre abgeleitet. Alle Großbäckereien dieser Gruppe vertreten auf europäischer und globaler Ebene die gleiche Philosophie und gleiche Strategie. Da liegt es nahe, dass alle Tochtergesellschaften, die für Handel, Vertrieb und Logistik zuständig sind, auch unter dem gleichen Namen auftreten. Aryzta Food Solutions steht jetzt für ein ganzheitliches Vermarktungskonzept. Und ein flächendeckendes Logistik- und Distributionsnetz.