Nordsee Frischer Wind bei Nordsee

Ihr Backfisch-Image will die Nordsee auf keinen Fall ablegen. Doch um zur treuen Stammkundschaft auch eine jüngere Zielgruppe anzusprechen, erweitert sie ihr maritimes Angebot und schafft ein Ambiente im Shabby Chic – nostalgisch aber auch trendig stylisch.

Montag, 23. Mai 2016 - Kleinfläche
Ulrike Pütthoff
Artikelbild Frischer Wind bei Nordsee
Bildquelle: Nordsee

Mit Robert Jung hat sich die Nordsee Gruppe jemanden aus der Alpenrepublik an die Küste geholt. Anfang des Jahres übernahm der ehemalige Geschäftsführer der Nordsee Österreich den Vorsitz des Unternehmens in Bremerhaven. Seine primäre Aufgabe ist es, den Veränderungsprozess weiter flächendeckend umzusetzen. Mit einem rund 20 Mio. Euro hohen Investitionsetat will Jung in diesem Jahr die Neuausrichtung fortsetzen. Details erläutert er Convenience Shop vor Ort, und zwar im neuen Flaggschiff-Store in der Osnabrücker Innenstadt.

Das Vorzeigeobjekt liegt nur einen Steinwurf vom alten Standort, der für einen T-Shirtverkauf weichen musste, entfernt. Immerhin 60 Jahre lang hatte sich die Nordsee in der niedersächsischen Stadt ein treues Stammpublikum aufbauen können, und „wir waren froh, in der hiesigen Fußgänger-Zone eine adäquate Alternative gefunden zu haben“, erklärt Jung. Die Filiale wird als klassische Systemgastronomie geführt. Reingepackt hat das Unternehmen all das, was machbar ist, aber nicht zwangsläufig überall umgesetzt werden muss. Der CEO will weg von standardisierten Konzepten. Verbraucher suchten Individualität und Abwechslung in Geschmack und Ausstattung. Das bietet ihm das gastronomische Umfeld heutzutage in Form von To-go-Konzepten, die der Handel sowie innovative Casualfood-Anbieter erfolgreich umsetzen. Wenn also die Systemgastronomie mit ihrer Gleichförmigkeit weitermache wie bisher, dann schaffe sie sich ab, befürchtet Jung.

Dem will er einen Riegel vorschieben, indem jede Nordsee-Filiale ihrer Region im Ladenbau und Sortiment gerecht wird, und zwar in den unternehmenseigenen Filialen sowie in denen der Franchisenehmer. „Unsere gerade eröffnete Filiale in der Wiener Kärntnerstraße beispielsweise ist mit der in Osnabrück nicht vergleichbar, und doch ist es uns gelungen, einen deutlichen Wiedererkennungswert zu schaffen.“


Gar nicht schäbig, sondern chic

So wurde die Trendfashion „Vintage“ auch in Osnabrück verankert. Eine auf gebraucht getrimmte Möblierung unterschiedlichster Stilrichtungen, Formen und Farben stoßen auf 188 qm aufeinander. Nordsee verspricht sich davon die tradierten Stammkunden im 50 plus-Alter sowie eine junge Klientel erreichen zu können. Der Vintage-Stil ist ein Weg, das Sortiment ein anderer.

Jung glaubt allerdings nicht, dass ihnen der Vegetarier-Trend in die Karten spielt, aber im veganen sieht er eine stimmige Ergänzung: „Es macht mehr Sinn, sich gleich darauf zu konzentrieren, denn alle, die sich für pflanzliche Produkte interessieren, greifen auch zu vegan.“ Den ersten Snack dieser Art gibt es bereits, und zwar den Portobello. Der gleichnamige Pilz, ein Zucht-Champignon, wird mit Walnusspesto und Tomaten-Paprika Salsa im dunklen Knusper-Brötchen serviert. Das passende Trend-Getränk ist „Helga“, ein veganer Drink auf Algenbasis.

Auch Bio ist für Jung kein Thema: „Das wird von Regionalität überholt.“ Das Unternehmen orientiert sich bei der Angebotszusammensetzung auf die regionale Küche, die durchaus etwas variiert, kombiniert und einer modernen Geschmacksrichtung angepasst werden darf. Denn Jung hat festgestellt, dass der Snackbereich zu klein und auch nicht innovativ genug war. Aber gerade damit sowie mit interessanten Take-aways könnte man die junge Zielgruppe einfangen. Das Potenzial zur Verjüngung sei vorhanden, dafür spreche die positive Resonanz auf das erweiterte Angebot.

Säulen der Nordsee-Filialen sind der gastronomische Teil (51 Prozent Umsatzanteil), die Snacks (38 Prozent) und das Einzelhandel-Geschäft (11 Prozent). Von den 373 Filialen führen 167 über eine Einzelhandelstheke, wo frischer Fisch, Räucherware, Feinkostsalate und Meeresfrüchte angeboten werden. Seit kurzem erweitert die neue Range „frisch für dich“ das Sortiment. Dahinter verbergen sich auf Bestellung zubereitet Gerichte.

Die neue Produkt- und Kommunikationskampagne „Wir sind Fisch“ trägt bereits die Handschrift von Robert Jung. Auch über moderne Medien will er junge Käufer für die Nordsee begeistern. So wurde im vergangenen Jahr die Facebook-Präsenz gelauncht, und der CEO kündigt eine App an: „Die gehört zu den Must-Haves.“ Das Unternehmen ziehe daraus auch noch einen Nutzen: „Die Feedbacks sind für uns unbezahlbar.“

In Deutschland unterhält die Nordsee 317 Filialen, davon 123 im Franchisesystem. Bevorzugte Standorte sind Einkaufszentren (44 Prozent), Innenstädte (35 Prozent), Autobahnen (15 Prozent) und Bahnhöfe sowie Flughäfen (5 Prozent). Im Ausland ist das Unternehmen mit knapp 60 Filailen aktiv.

Die neue Nordsee-Filiale in Osnabrück eröffneten von links Robert Jung, CEO Nordsee, Landtagsabgeordneter Frank Henning und Storemanager Alexander Bartel und Mitarbeiter.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen
Bild öffnen