Kaffee Die vielen Gesichter eines Volksgetränks

Steigende Rohstoffpreise für Kaffee, höhere Ansprüche an die Qualität, neue Vorgaben und wechselnde Trends sowie anhaltender Personalmangel fordern die Branche heraus.

Montag, 12. August 2024 - Getränke
Sabine Wygas
Artikelbild Die vielen Gesichter eines Volksgetränks
Bildquelle: Schaerer

Mit täglich knapp vier Tassen pro Kopf trinken die Deutschen Kaffee weiter auf Rekordniveau, wie der Deutsche Kaffeeverband mitteilt. Außer-Haus und To-Go nehmen weiter Fahrt auf. Der Verbraucher will Kaffee rund um die Uhr, schnell zubereitet, ideenreich, bekömmlich und möglichst nachhaltig konsumieren. Und das zum erschwinglichen Preis. Was für ein Spagat: Denn derzeit klettern die Rohstoffpreise für Kaffee weiter in die Höhe. Der Deutsche Kaffeeverband warnt gar vor einer drohenden Kaffee-Unterversorgung und damit noch höheren Preisen. Grund ist die neue Regelung der Europäischen Union für entwaldungsfreie Lieferketten: Die Unternehmen müssen garantieren, dass für ihr Produkt kein Wald gerodet oder geschädigt wurde, sonst drohen hohe Strafen. Doch die Rückverfolgbarkeit ist noch gar nicht lückenlos möglich, so der Verband. Unterversorgung gibt es darüber hinaus weiterhin beim Personal: Beim Fachkräftemangel ist derzeit kein Land in Sicht.

Preiserhöhungen sind möglich
„Seit Jahresbeginn beobachten wir eine Aufwärtsbewegung an den Börsen in New York und London, sollte sich dieser Trend fortsetzen, können wir Preiserhöhungen in der zweiten Jahreshälfte nicht ausschließen“, erklärt Philipp Koscherscheid, Geschäftsführer Dallmayr Gastronomie Service. Den Personalmangel beim Bistro-Geschäft fange das Unternehmen über die Ausweitung von Selbstbedienungskonzepten auf. „Unser langjähriger Partner Tank & Rast arbeitet in diesem Bereich sehr erfolgreich mit der Self-Service-Lösung Coffeebar One und Iovent und unseren Produkten“, so Koscherscheid.

Trotz aller Widrigkeiten zeigt sich der Markt beim Volksgetränk Kaffee ideenreicher und belebter denn je, auch im Convenience-Markt . Das liegt zum einen an der technischen Weiterentwicklung der Kaffeevollautomaten durch Künstliche Intelligenz (KI) und die Digitalisierung. Zum anderen sorgen neue Trends und Unternehmen für Abwechslung beim Kaffeekonsum.

Fachkräftemangel und Premiumisierung
„Mit Blick auf Convenience-Konzepte müssen Betreiber in Zukunft sicherstellen, ein möglichst durchgängiges Kaffee-Angebot zu gewährleisten. Gleichzeitig ist auf der einen Seite kein Ende des Fachkräftemangels abzusehen. Entsprechend beliebter werden SB-Lösungen vom unbemannten Geschäft bis hin zum Roboter-Café.“, bestätigt auch Axel Fähnle, Head of Global Marketing WMF Professional. „Auf der anderen Sache erleben wir eine Premiumisierung der Angebote. Die Ansprüche der Kunden an Produktqualität und Erlebnisfaktor steigen. Hier sind digitale Touchpoints, mobile Bezahlangebote und auch eine bequeme Integration von Kundenbindungsprogrammen geeignete Mittel, Gastfreundschaft erlebbar zu machen.“

Im Bereich der Digitalisierung beschränken sich, so Fähnle, SB-Angebote nicht länger auf Quick-Service und Ähnliches. Stattdessen machen sich vermehrt auch Premium-Konzepte kontaktlose, App-gestützte Bestell- und Bezahlprozesse zu Nutze. Mit der digitalen Telemetrie-Plattform WMF Coffee Connect, die über ein breites Spektrum an Komponenten, Monitoring- und Wartungsfunktionen sowie Schnittstellen in die Systemlandschaften der Kundschaft verfügt, lassen sich demnach auch in kleinen Betrieben unterschiedlichste Konzepte realisieren. Dafür braucht es zuverlässige Maschinen, die vielseitig einsetzbar, leicht zu warten und zu reinigen sind. „Das Reinigungssystem Schaerer Pro Care stellt Reinigungsmittel für bis zu hundert Zyklen bereit und reinigt das Kaffee- sowie Milchsystem für bis zu drei Monate vollautomatisch – ohne Zutun der Servicemitarbeitenden“, sagt Hansjürg Marti, Geschäftsführer Schaerer Deutschland. „Dies schließt Anwenderfehler aus und gewährleistet eine effiziente Reinigung auch außerhalb der Öffnungszeiten.“ Das entlaste nicht nur das Servicepersonal, sondern die konsequente Einhaltung der empfohlenen Reinigungsintervalle wirke sich positiv auf die Lebensdauer der Kaffeemaschinen und die Betriebskosten aus.

Die Smartwatch informiert
Aktuelles Beispiel für die Vereinfachung von Serviceprozessen durch digitale Lösungen ist bei Schaerer die Smartwatch-Integrationslösung, in Kooperation mit dem schwedischen Wearable-Tech-Unternehmen Turnpike. „Die Smartwatch am Handgelenk informiert die Mitarbeitenden über anstehende Serviceaufgaben. Dadurch werde zum Beispiel das Risiko minimiert, dass Milch oder Kaffee fehlen. Auch eine anstehende Reinigung, Entkalkung oder mögliche Maschinenstörungen können an die Smartwatch übermittelt werden. „Bei gastronomischen Filialsystemen aus der Raststätten-Branche spielen neben einer einheitlichen Maschinenausstattung und identischem Getränkeangebot die digitale Vernetzung von Maschinen über mehrere Standorte oder gar Länder hinweg eine zentrale Rolle,“ macht Marti an dieser Stelle deutlich.

Die Kundenansprüche sind hoch. Das zeigt sich laut aktueller Erhebungen auch bei der steigenden Nachfrage nach Spezialitätenkaffees, die sich durch höchste Qualitätsstandards auszeichnen, vom Anbau der Kaffeepflanze bis zur fertigen Tasse Kaffee. Golden Kurkuma Latte, Mushroom Latte, Tiramisu oder Lavendel Latte versprechen besonders Genusserlebnisse. Ebenfalls groß im Trend liegt nachhaltiger Kaffee. Lekkerland bedient dieses Segment mit seiner Kaffeemarke Coffee Bean Company. Der Kaffee kommt laut Unternehmen aus nachhaltigem Anbau in Brasilien und wird zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis angeboten. Es gibt ihn als Café Crema, Espresso und Filterkaffee. Dallmayr hat seine nachhaltige Linie mit „Dallmayr Via Verde“ um eine weitere fairtrade-zertifizierte Sorte ergänzt. Zudem stelle man das Röstkaffeesortiment auf vollständig recyclingfähige Folien um. Illycaffe und Migros haben sich zusammengeschlossen, um das Coffee B-Sortiment an Coffee Balls zu erweitern. Herausgekommen sind nach Unternehmensangaben zwei neuartige Espresso-Röstungen: der Coffee B Intenso Espresso und der Classico Espresso, die beide ausschließlich und zu hundert Prozent aus Arabica-Bohnen hergestellt werden.

Glow Coffee wird immer beliebter
Den Wunsch nach gesünderem Kaffeegenuss zeigt die steigende Nachfrage nach Kaffee mit weniger Koffein. Der ist vor allem, so neueste Zahlen, bei den 16- bis 24-Jährigen beliebt. Und so genannter Glow Coffee kombiniert sogar traditionellen Kaffee mit Kollagenpulver. Das Protein soll für glattere Haut sorgen, die Knochen stärken und darüber
hinaus beim Aufbau von Muskelmasse helfen.
Auch pflanzliche Milchalternativen sind nach wie vor ein großes Trendthema beim Kaffee. Die Kühleinheit des Schaerer Twin Milk Systems bietet daher zwei getrennte Behälter, die mit verschiedenen Milchsorten oder veganen Pflanzendrinks befüllbar sind. Beim WMF Multi Milk System haben Gastronomen sogar die Möglichkeit, an einer einzigen Maschine bis zu vier verschiedene Drink- oder Milchsorten einzusetzen. Axel Fähnle: „Kaffeespezialitäten auf Pflanzenbasis sind längst eine eigenständige Getränkegattung, die die Art und Weise verändert, wie auf der Welt Kaffee getrunken wird. Damit müssen sich auch Gastronomen im Convenience-Bereich auseinandersetzen.“