Aral-Chef Achim Bothe im Interview (Teil 2) „Wir müssen realistisch bleiben“

Im zweiten Teil des Interviews 
(Teil 1 lesen sie hier) haben wir Aral-Chef Achim Bothe zu Themen rund um E-Loading und alternative Kraftstoffe befragt.

Montag, 09. Dezember 2024 - Tankstelle
Hans Jürgen Krone
Artikelbild „Wir müssen realistisch bleiben“
Bildquelle: Aral

Convenience Shop: Herr Bothe, Sie hatten ja in Ihrem ersten großen Interview mit CS, das wir Anfang 2023 geführt haben, von einem großen Arbeitsprogramm gesprochen, das zu erledigen sei. Ein wichtiges Thema dabei war die Energiewende. Wie ist sie bisher gelaufen?
Achim Bothe: Unser Motto lautet: „Und, nicht oder“. Wir müssen realistisch bleiben, denn wir brauchen sowohl die heutige Versorgungssicherheit als auch zunehmend emissionsärmere Lösungen für morgen. Wenn wir auf unsere Tankstellen schauen, dann ist neben der Weiterentwicklung der Kraftstoffe der weitere Ausbau von Aral pulse entscheidend. Wir bieten inzwischen an mehr als 400 Standorten insgesamt über 3.000 Ladepunkte an und setzen dabei vorrangig auf ultraschnelles Laden. Kürzlich haben wir auch eine Partnerschaft mit dem ADAC gestartet, dessen 22 Millionen Mitglieder jetzt unseren Service in Anspruch nehmen können. Aber aus unserer Sicht ist nicht nur die Relevanz und Reichweite, die der ADAC für Aral pulse durch den Sondertarif mitbringt, wichtig, sondern auch das Kundenerlebnis für die Mitglieder. Hier spielt Convenience eine zentrale Rolle, da das Angebot mit
Sicherheit hochwertiger ist als dort, wo nur eine Ladesäule steht.

CS: Wie geht es mit dem Ausbau jetzt bei Ihnen weiter? Geht der aus Ihrer Sicht denn schnell genug?
Bothe: Schnell, aber nicht schnell genug. Was uns aufhält, sind die Baugenehmigungen und die Geschwindigkeit von Netzzugängen. Wenn das bundesweit einheitlich laufen würde und die Dinge schneller gingen, wären wir aus unserer Sicht schon 1.000 Ladepunkte weiter. Obwohl die Bundesregierung in ihrem Aktionsplan gegenüber den Landesregierungen die Empfehlung ausgesprochen hat, dass in den Bauordnungen nicht nur die Ladesäule baugenehmigungsfrei sein sollte, sondern auch die Transformatoren, ist derzeit Baden-Württemberg das einzige Bundesland, das diesen Prozess überhaupt angeschoben hat. Auch bei den Netzbetreibern ist das Verfahren nicht standardisiert, sodass die Bearbeitungsdauer weiterhin zu lang ist. Das sind die wesentlichen Punkte, die unseren Rollout bremsen.

CS: Der Markt bei E-Autos ist zumindest gegenüber den
Erwartungen nicht so angestiegen, wie erhofft. Ändert das Ihre Strategie in irgendeiner Weise?
Bothe: Wir haben unsere Strategie nicht grundlegend geändert, obwohl der Markt von einem starken Wachstum in ein aktuell softeres Wachstum übergegangen ist. Wir gehen auch weiterhin von einer Dreiteilung des Tankstellen-Geschäfts aus: Wir müssen erstens Stärke und Kompetenz im Kraftstoffbereich beibehalten. Wir brauchen zweitens ein hochwertiges Convenience-Angebot, das neben den jetzigen Impulstreibern neue Segmente fördert und damit auch Foodservice und Kaffee weiter nach vorne bringt. Und drittens glauben wir unverändert daran, dass Elektromobilität eine wesentliche Rolle einnehmen wird.

CS: Meistens wird ja nur über die Verbreitung der Lademöglichkeiten gesprochen. Mich würde interessieren, wie zufrieden Sie denn mit der Nutzung des Angebotes sind?
Bothe: Wir sind insgesamt zufrieden und haben seit dem Start mehr als drei Millionen Ladevorgänge an unseren Säulen verzeichnet. Erst kürzlich wurden wir zum zweiten Mal in Folge von Connect zum besten Schnellladeanbieter Deutschlands gekürt, als einziger Anbieter mit der Note „Sehr gut“. Am Anfang gab es ein deutlicheres Wachstum auf der Nachfrageseite, beispielsweise durch die staatlichen Förderungen. Aktuell geht der Infrastrukturausbau
allerdings schneller voran als das Nachfragewachstum. Deshalb brauchen wir in Summe einen neuen Nachfrageschub, beispielsweise durch einen deutlichen Anstieg bei den Zulassungszahlen für vollelektrische Fahrzeuge. Vor
diesem Hintergrund ist das Ziel der Bundesregierung von 15 Millionen
E-Autos bis 2030 kaum zu erreichen.

CS: Anders als bei Kraftstoff, kann man sich ja bei Strom nicht mit der Qualität abheben, das macht es der Marke Aral pulse ja nicht einfacher…
Bothe: Aus unserer Sicht war es dennoch völlig richtig, mit Aral pulse eine Elektromobilitätsmarke zu schaffen, die die Marke Aral und das Thema Laden vereint. Beim Laden kann man sich nicht mit der Qualität des Stroms unterscheiden, aber mit der Leistung und dem Gesamtpaket – und das tun wir. Da geht es um ultraschnelle Lademöglichkeiten, Lage, Beleuchtung, Zusatzangebote und eine hohe technische Resilienz. Denn selbst bei technischen Problemen können unsere geschulten Mitarbeiter ganz häufig vor Ort helfen. All das kann darüber entscheiden, ob man erste Wahl bei den Kunden wird.

CS: Das Thema alternativer Kraftstoffe, von E-Fuels bis HVO 100, wird derzeit in der Branche und darüber hinaus heftig diskutiert. Wie ist Ihre Haltung dazu?
Bothe: Die Kernfrage ist ja: Wie schaffen wir es, Mobilität in Summe emissionsärmer zu gestalten? In Deutschland gibt es etwa 69 Millionen Kraftfahrzeuge, davon sind, grob gesagt, etwa 49 Millionen Pkw und 20 Millionen Nutzfahrzeuge. Diese Bestandsflotte wächst weiter. Mittlerweile haben wir etwa 1,5 Millionen Elektrofahrzeuge. Elektro wird, wie schon gesagt, aus unserer Sicht ein wichtiger Teil der Verkehrswende sein. Aber die Kunden entscheiden selber, welche Art Fahrzeug sie fahren wollen und ob sie bereit sind, einen Wechsel vorzunehmen. Derzeit ist es aus unserer Sicht insofern ein wichtiger Hebel, auch bei der Bestandsflotte anzusetzen. E-Fuels sind vor allem für die Schiff- und Luftfahrt geeignet, die sich nur schwer elektrifizieren lassen. HVO 100 ist weitgehend für Nutzfahrzeuge zugelassen und kann dort mindestens 85 Prozent CO2-Einsparung im Vergleich zu fossilem Diesel bringen. Wir werden Aral HVO an bemannten und unbemannten Standorten anbieten und sind gespannt, wie das Angebot von den Kunden angenommen wird und welche Relevanz eine emissionsärmere Transportleistung hat.

Bleiben aktuell noch die Aral Futura-Kraftstoffe als Alternativen zu den Bestandskraftstoffen, die von unserer Forschung in Bochum entwickelt wurden. Wir bieten sie sowohl als Otto- als auch als Dieselkraftstoff inzwischen an acht Straßentankstellen an. Sie werden mit mindestens 25 Prozent weniger CO2-Emissionen gegenüber rein fossilen Kraftstoffen hergestellt. Auch das ist ein wichtiger Beitrag, die Mobilität emissionsärmer zu gestalten, ohne den Kunden vorzuschreiben, welche Art Fahrzeug sie fahren dürfen. Erst vor kurzem haben wir zum Abschluss des hundertsten Markenjubiläums eine neue Formel für unseren Hochleistungskraftstoff Aral Ultimate Diesel vorgestellt. Diese Innovation ist Teil der langen Aral Geschichte, die für die Entwicklung hochwertiger Kraftstoffe steht. Die neue Aral Ultimate Diesel-Formel zeichnet sich auch weiterhin durch Hochleistungseigenschaften wie eine höhere Reichweite pro Tankfüllung, die Aral Anti-Schmutz-Formel, eine höhere Cetanzahl von mindestens 60 sowie zusätzlich eine erneuerbare hydrierte Kraftstoffkomponente aus.