E-Zigaretten Wenn das Aroma fehlt

Ist Menthol in Liquids von E-Zigaretten schädlich? Trotz dieser und anderer Fragestellungen setzen die Hersteller weiter auf die Zukunftsfähigkeit der Alternativ-Produkte.

Donnerstag, 31. März 2022 - Tabak
Martin Heiermann
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Bildquelle: Philip Morris

Die Tabakerhitzer der Marke Iqos haben sich in Deutschland etabliert. Davon geht Hersteller Philip Morris aktuell aus und kündigt an, die Vertriebsstrategie des Next-Generation-Products konsequent auszubauen. Basis für den Ausbau sei der Markterfolg des Tabakerhitzers und der dazugehörigen Tabaksticks Heets. Seit der Einführung habe der Marktanteil am deutschen Zigarettenmarkt kontinuierlich zugenommen. Ende des vergangenen Jahres lag der Anteil des Produkts, so das Unternehmen, bei 2,8 Prozent in Deutschland, in einigen Großstädten, wie beispielsweise in München, war der Absatz sogar noch deutlich höher.

Um den Vertrieb zu stärken, beabsichtigt Philip Morris nun einerseits, hier zu Lande die Rolle der Iqos-Stores weiterzuentwickeln und in diesem Jahr einen stärkeren Fokus auf das Produkt- und Markenerlebnis zu legen. So sei neben der Markenpräsenz in Deutschlands Metropolen die Kernzielsetzung der Stores, eine noch intensivere Bindung zu den Kunden aufzubauen. Andererseits soll das in den Stores vorhandene Produktangebot mit Tabakerhitzern einer wachsenden Zahl von erwachsenen Rauchern konventioneller Zigaretten, die nicht mit dem Rauchen aufhören wollen, zugänglich gemacht werden. Dazu sollen die Produkte, auch solche die noch hinzukommen werden, besser erklärt und erlebbarer gemacht werden, skizziert der Hersteller seine Pläne. Wo Philip Morris künftig mit seinen Iqos-Stores vertreten sein will, haben die Münchner auch bereits analysiert: Das Standort-Netzwerk werde weiterhin in zwölf der relevantesten Städte in Deutschland mit eigenen Stores präsent sein.

Partner auch der C-Stores
Aus Sicht von Philip Morris kommt der Zusammenarbeit mit dem Fach- und Einzelhandel darüber hinaus eine besondere Bedeutung zu. Dessen Rolle soll ebenfalls gestärkt und ausgebaut werden. „Der Handel ist für Iqos ein starker, verlässlicher und wichtiger Partner und sorgt durch seine Präsenz im Alltagsleben der Raucher für eine gute Verfügbarkeit der Tabakerhitzer und dient gleichzeitig als erste Anlauf- und Verkaufsstelle für Heets,“ stellt das Unternehmen fest. Der Einzelhandel könne als unabhängige Instanz besonders gut die Kunden informieren. Auch die Zahl der Verkaufsstellen, beispielsweise in Tankstellen und Kiosken, sei seit der Markteinführung im Mai 2017 stetig gewachsen.

Diese Fakten zeigen aus Sicht von Philip Morris, dass sich Iqos in Deutschland eine zufriedenstellende Position errungen habe und von Rauchern als Alternative zur klassischen Zigarette wahrgenommen werde. Zudem will der Hersteller mit seinem eigenen Iqos Online-Shop, der in den vergangenen Monaten offenbar zugelegt hat, dem digitalem Konsumentenverhalten der Raucherinnen und Raucher verstärkt Rechnung tragen.

Eine engere Zusammenarbeit mit Philip Morris aber auch mit anderen Herstellern wie Reemtsma oder BAT pflegt der Verband des E-Zigarettenhandel, VdeH. Auch deshalb, weil Geschäftsführer Oliver Pohland die Branche vor großen Herausforderungen sieht, die alle Branchenteilnehmer in den kommenden Jahren betreffen werden. Die Mitte des Jahres anstehende erste Steuererhöhung für E-Zigaretten werde man noch ziemlich gut verkraften, prognostiziert er. Die weiteren Schritte allerdings bis zum Jahr 2026 belasten aus seiner Sicht die Preise für Liquids hier zu Lande deutlich. Das Preisniveau in Deutschland werde dann europaweit am oberen Ende liegen. Zehn Milliliter werde sich als Standartmenge für die Liquids mit oder ohne Nikotin im Markt durchsetzen. Schon jetzt stellen sich Hersteller und Handel darauf ein. Allerdings werde es, so Pohlands Vermutung, Ausweichmärkte für die flüssigen Aromen in Apotheken und Drogerien gegen. Denn dort seien die Produkte von der Steuer nicht betroffen.

Ein Menthol-Verbot droht
Eine noch größere Unsicherheit für das Segment der E-Zigaretten sieht Pohland darüber hinaus in der seit Dezember geführten Diskussion um die Aromen in den Next Generation Products. Denn das Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR, veröffentlichte Ende 2021 seine Stellungnahme zu den Gesundheitsrisiken dieser Aromen. Folge dieser Stellungnahme sei es nun, dass weitere Inhaltsstoffe und Aromen auf eine mögliche Verbotsliste gesetzt werden, darunter Sucralose und auch das bei Rauchern und Dampfern beliebte Menthol. Dagegen bezieht nicht nur der VdeH, sondern auch der Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse, BVTE, Stellung. „Obwohl über die Aufnahme und Wirkung von Aromastoffen nur wenig bekannt ist, wurden diese Erweiterungen der Liste der verbotenen Inhaltsstoffe vorgeschlagen“, sagt BVTE-Hauptgeschäftsführer des Jan Mücke: „Wir waren sehr überrascht, dass ausgerechnet Menthol verboten werden soll.“ Menthol ist seit Jahrzehnten in vielen Lebensmitteln, Verbraucherprodukten oder Medikamenten zu finden. Auch aus anderen Branchenverbänden ist zu hören, dass ein Menthol-Verbot und ein Aromen-Verbot das Ende der E-Zigarette bedeuten würde.

Das BfR begründet seine Empfehlung mit der Entstehung von Atemwegserkrankungen und dem Auftreten von schweren systemischen Symptomen durch Menthol. „Der BVTE sieht in der Empfehlung allerdings erhebliche fachliche Mängel, die die Kernaussagen der Stellungnahme infrage stellen“, erklärte Mücke weiter. „Auf dieser unzureichenden wissenschaftlichen Grundlage kann und darf kein Menthol-Verbot in E-Zigaretten verhängt werden“, fordert er. Auch Hersteller Reemtsma sieht die Empfehlung des BfR Menthol, Safrol und Sucralose in Liquids für E-Zigaretten zu verbieten, nach wissenschaftlichen Maßstäben nicht gerechtfertigt. Demnach müsste aus Sicht des Tabakkonzerns Menthol auch in Zahncreme und in Hustenbonbons verboten werden. Letztendlich müsse nun Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir abwägen, ob ein Menthol-Verbot in E-Zigaretten wirklich erforderlich ist.

Disposables und ihre Nachhaltigkeit
Doch damit nicht genug: Für den Verband des E-Zigarettenhandels kommen in den nächsten Monaten und Jahren weitere Themen hinzu, die problematische Entwicklungen zeigen: Seit der zweiten Hälfte 2021 beobachtet der VdeH einen nicht nur auf Deutschland beschränkten Trend hin zu so genannten Disposables, also Einweg-E-Zigaretten. Diese Produkte seien nicht nur wenig nachhaltig im Hinblick auf die Umwelt, sondern die Wegwerfgeräte entsprächen darüber hinaus oft auch nicht dem gesetzlichen Regulierungsrahmen, stellt Geschäftsführer Pohland fest. Das beträfe beispielsweise die Kennzeichnung oder das Volumen. Gleiches gelte auch für einige Liquids. Durch einen geringen Preis, die Verpackung oder Werbung im Internet würde oft die falsche Zielgruppe erreicht, so auch Kinder und Jugendliche.