Tabakwaren Schulzki Die Quereinsteigerin

Janine Schulzki gehen positive und negative Kritiken leicht über die Lippen. Vor dem Außendienst der Tabakwaren-Industrie macht die Shop-Betreiberin nicht halt. Ihr Ziel ist: pragmatisch verkaufen.

Donnerstag, 14. September 2017 - Tabak
Ulrike Pütthoff
Artikelbild Die Quereinsteigerin
Bildquelle: Convenience Shop

Einen Vormittag verbrachte sie im vergangenen Jahr in der Bild-Redaktion. Mit ihrem Protest gegen Schockbilder schrieb sie vor vier Jahren in den Berliner Tageszeitungen Schlagzeilen. Und sie kritisierte via Medien neue Provisionsvergütungen der Lotto-Gesellschaft. Janine Schulzki verschafft sich Gehör, ohne sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken. Es geht der Betreiberin eines Tabakwaren- und Presse-Shops in Berlin um die Sache. „Wir sollten an einem Strang ziehen, doch dazu muss die linke Hand wissen was die rechte tut, um die Geschäft mit Zigaretten und Co. effizient zu gestalten“, sagt sie.

An das Geschäft ist sie mehr oder weniger zufällig gekommen, als sie bei einer Unternehmensberatung war und ein zahlungsunfähiger Kunde die Rechnung mit seinem Shop begleichen wollte. Nach einigem Zögern fand Schulzki schnell Gefallen daran und rückt ihre Beratertätigkeit in den Hintergrund.

Mittlerweile hat sie den Standort gewechselt, nach einem Zerwürfnis mit dem ehemaligen Vermieter. „Dabei ging es nur um einen Kartenständer vor unserem Geschäft, der niemandem im Weg stand, dem Quartiersmanagement aber ein Dorn im Auge war“, zuckt Schulzki mit dem Achseln. Jetzt, in der Nähe vom Gendarmenmarkt, hat sie das bessere Los gezogen: niedrigere Miete, mehr Fläche und eine typische Kiez-Klientel.

Obwohl der Mietstreit sich für sie zum Guten gewendet hatte, eine Lehre hat sie daraus gezogen: Besser ist, man redet miteinander. Und das tut Janine Schulzki. So tauscht sie sich intensiv mit den Tabakwarenherstellern aus. Vor allem aber schätzt sie die PI-Tagungen (Partner Initiative) ihres Premium-Partners BAT, in dessen Rahmen sie auch Kontakt zu Kollegen bekommt. „Sehr effizient“, urteilt sie im Vergleich zu anderen Veranstaltungen der Branche, die ihrer Meinung nach eher ein Goodwill sind.

Fruchtbar für eine effiziente Zusammenarbeit wäre u.a. ein intensiver Informations-Austausch über eine Händler-Plattform, sagt sie. Es habe zum Beispiel bei einem Hersteller aufgrund von Umstrukturierungen einmal Lieferengpässe gegeben. Wenn das nicht klar kommuniziert werde, dann brodele zwangsläufig die Gerüchteküche. Außerdem vermisst sie bei vielen Aktionen eine Tauglichkeitsprüfung für den POS. Aufsteller nehmen zum Beispiel auf Kleinflächen oft zu viel Platz ein und versperren den Zugang zu den Regalen.

„Trade Marketing-Konzepte machen nur Sinn, wenn die Ideengeber die Situation vor Ort kennen. Dann können wir von Activ-Selling sprechen“, erläutert sie und ergänzt, dass das Vollstopfen von Regalen in diesem Zusammenhang ungeeignet ist. Schulzki findet es auch bitter, dass viel Geld in Aktionen gesteckt wird und die damit verbundenen Ziele häufig unrealistisch hoch angesetzt werden. Sie würde zum Beispiel interessieren, wie sich eine Rabattaktion an den Händler auf den Verkauf an den Konsumenten auswirkt oder ob nicht andere Anreizsysteme zu entwickeln wären. Ihr Vorschlag: Ziele realistisch setzen und das, was darüber hinausgeht, belohnen.

Argumente, die für ein Produkt sprechen, fehlen

Es erschließt sich ihr auch nicht, warum Vergütungen am Stangen- und nicht am Umsatzvolumen festgemacht werden. „Als Verkäufer habe ich doch mehr Interesse daran, OP-Packungen zu verkaufen. Einmal kommt der Kunde dann häufiger in den Laden und zum andern verdiene ich mehr daran. Jedoch gibt es einen eindeutigen Trend zu Großpackungen auf Seiten der Verbraucher. Somit reduziert sich das abgesetzte Stückvolumen (in Schachteln), was zu einem Verhandlungsnachteil gegenüber der Zigarettenindustrie führt“, gibt die Betreiberin zu bedenken.

Wenn der Händler für die Industrie arbeitet, dann müsse er auch wissen, was für ein Produkt er verkauft, fährt sie fort. Schulzki kann mit dem Werbeslogan „Dampf different“ zum Beispiel nichts anfangen. „Je unklarer eine Aussage ist, umso uninteressanter wird das Produkt.“ In diesem Falle fehlten ihr aber auch Informationen zur Zielgruppe. Sind dies Umsteiger, Gelegenheits-Raucher o.a.? Da wünscht sie sich konkretere Aussagen. Auch die praktische Handhabung bei E-Zigaretten müsse stärker kommuniziert werden, etwa die Vorteile wie „passt in jede Hosentasche“ oder „kein Auslaufen der Liquids“.

Sie schätzt, dass Philip Morris für die neue Iqos klare Aussagen zur Zielgruppe macht, aber ohne ein Verbrauchergespräch könne man sie nicht verkaufen. Aber maximal eine Minute brauchen die Kunden, um sich ihre Packung Zigaretten zu holen, Zeit für ein Gespräch bleibe da nicht. „Da wäre es hilfreich, wenn Philip Morris für uns als Verkäufer einen kurzen und knackigen Aufhänger hätte.“ Sie hat allerdings Aufmerksamkeit damit erregt, dass sie selbst hinter der Theke die neue Iqos konsumiert, und Interessierte sind eingeladen, sie zu probieren: „Das ist wirkungsvoller als lange Erklärungen.“