Interview mit Peter Hahn Ein Bier, bitte!

Die Bierpreise sind in Bewegung: Großbrauer kündigen Preiserhöhungen an. Wie wird sich das auf den Bierabsatz in der Gastronomie auswirken?

Freitag, 30. August 2013 - Süßwaren & Salzige Snacks
Dörte Fleischhauer
Artikelbild Ein Bier, bitte!
Peter Hahn ist Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes.

Erst Anheuser-Busch und Veltins, jetzt Radeberger, Bitburger und Krombacher – warum erhöhen fast alle großen Brauer quasi zeitgleich ihre Preise?

Die Brauer hatten in den vergangenen Jahren erhebliche Kostenerhöhungen: Allein bei der EEG-Umlage gab es eine Erhöhung von 3,7 Cent auf 5,4 Cent pro Kilowattstunde. Seit 2009 sind die Rohstoffpreise, insbesondere die von Malz, um ein Drittel gestiegen, Glas ist ebenfalls teurer geworden. Löhne und Gehälter sind seit dem vergangenen Jahr um knapp 3 Prozent gestiegen; auch die Mautkosten wurden erhöht. Das kann kaum ein Unternehmen durch innerbetriebliche Maßnahmen auffangen.

Welche Auswirkungen wird das auf den Bierabsatz in der Gastronomie haben?

Die Preiserhöhungen werden nicht zu einem Konsumrückgang in der Gastronomie führen. Etwa 25 Prozent des Bieres werden in der Gastronomie getrunken. Und das wird auch so bleiben.

Eine solche Preisanhebung soll ohne Folgen bleiben? Die Gastronomen kalkulieren knapp, die Gäste sind preissensibel. Wer soll die Preiserhöhungen bezahlen?

Letztlich die Gäste. Es kann sein, dass die Gäste vorübergehend eine Konsumzurückhaltung an den Tag legen. Aber wir haben in Deutschland insgesamt gestiegene Lebenshaltungskosten bei ebenfalls gestiegenen Einkommen. Deshalb ist durchaus Potenzial da, ein Glas oder zwei Gläser Bier in der Gastronomie zu trinken. Im übrigen sind die Preise im internationalen Vergleich im Bereich der unteren Skala.

Welche Preiserhöhungen konnten Sie bisher konkret konstatieren?

Für Kästen hören wir von Erhöhungen zwischen 25 und 63 Cent. Bei den Fässern für die Gastronomie soll Veltins beispielsweise 3,20 Euro pro Hektoliter aufgeschlagen haben, bei der Radeberger Gruppe sollen es 7,50 Euro werden. Von Krombacher und Bitburger haben wir bisher keine Informationen.

Nun treffen die Preiserhöhung und die zu erwartende Zurückhaltung der Gäste auf ein Rekordminus, das die Brauer im ersten Halbjahr eingefahren haben, das höchste seit 20 Jahren. Ist das nicht kontraproduktiv?

Es gibt bereits sehr viele regionale Brauereien, deren Preisgefüge wesentlich höher angesiedelt ist. Diese Biere werden getrunken. Die Nachfrage nach Bier wird also nicht ausschließlich durch den Preis gesteuert. Und der Konsum von Bier ist schon seit drei Jahrzehnten rückläufig. Gründe sind die demografische Entwicklung und die veränderte Lebens- und Konsumgewohnheiten. Beide Faktoren werden wir nicht ändern können und auch zukünftig pro Jahr 1 bis 2 Prozent beim Bierabsatz verlieren. Die Preissteigerungen deshalb nicht weiterzugeben, ist wirtschaftlich nicht nachvollziehbar. Die Brauereien müssen stattdessen neue Konzepte entwickeln, um das Interesse an Bier zu beleben.


Was verstehen Sie unter veränderte Lebens- und Konsumgewohnheiten?

Ich bin Geburtsjahrgang 1947. Als ich die Getränkewelt bewusst wahrnahm, hatte beispielsweise ein großer ausländischer Getränkehersteller drei Produkte. Die heutige Produktrange umfasst allein in Deutschland mehr als 40 Produkte. Man hat sich also auf die geänderten Ansprüche und Verzehrgewohnheiten des Verbrauchers eingestellt, und adäquat reagiert derzeit die Brau-Branche.

Wie sehen Ihrer Meinung nach zukunftsfähige Konzepte der Brauereien aus?

Sie basieren auf Diversifizierung, neue Produktsegmente müssen angesiedelt werden. Das war in ähnlicher Form bereits da: In den 1990er-Jahren kamen die Biermischgetränke und die alkoholfreien Biere. Interessant sind beispielsweise Craft- und Edelbiere.

Craft- und Edelbiere besetzen eher eine Nische und entsprechen keinem Trend.

Durchaus, aber sie haben Potenzial. Wir haben bisher schon 5.000 unterschiedliche Biere im Markt. Die Verbraucher sind bereit, Neues auszuprobieren. Das wird den Biermarkt nicht völlig verändern, ist jedoch eine interessante Erweiterung der Angebotspalette.

Wenn die höheren Preise umgesetzt wurden, können die Brauer die gestiegenen Kosten so wirklich langfristig auffangen? Oder ist mit weiteren Preisanhebungen zu rechnen?

Ich denke nicht. Jede Brauerei muss überlegen, ob sie Kostensteigerungen mit Preisanhebungen beantworten kann. Wir haben einen erheblichen Wettbewerb unter den 1.339 Braustätten und Überkapazitäten in Höhe von 20 Prozent. Das heißt wir arbeiten in einem gesättigten Markt, in dem Marktanteile nur durch Verdrängung oder durch Ausschöpfen neuer Potenziale gewonnen werden können. Bitburger hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, die Preise zu erhöhen, dies dann aber doch nicht getan.

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Bild öffnen Peter Hahn ist Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes.