Energydrinks Wach werden wird immer exotischer

Der Verkauf von Energy Drinks boomt, und die Hersteller lassen sich immer neue Energy-Drink-Varianten einfallen, um die Konsumenten bei der Stange zu halten und auf dem umkämpften Markt mitzuhalten.

Freitag, 27. März 2020 - Süßwaren & Salzige Snacks
Sabine Wygas

Unkonzentriert, müde und abgespannt? Vor allem jüngere Menschen greifen da gern und regelmäßig zu Energydrinks, um sich zuhause oder unterwegs schnell wieder fit und wach zu fühlen. Da die Produkte dazu jederzeit verfügbar sein müssen, sind sie besonders für den Convenience-Bereich interessant. Durch Impulskäufe und Sofortverzehr gelingt in Tankstellen-Shops laut den Marktforschern von Nielsen eine besonders hohe Wertschöpfung: 2016 lag dort der Absatzanteil von Energydrinks bei knapp acht Prozent, womit 21 Prozent des Gesamtumsatzes erzielt wurde. Rund 383,5 Millionen Liter Energydrinks haben Lebensmittel-Einzelhandel, Tankstellen sowie Getränke- und Drogeriemärkte 2016 abgesetzt. Knapp die Hälfte aller Energydrinks werde dabei von den Discountern verkauft, beim Umsatz lägen dagegen die Verbraucher- und Supermärkte mit einem Anteil von 43,1 Prozent vorn. Wachstumstreiber sind laut IRI Infoscan vor allem zuckerfreie Varianten, die bereits 12,5 Prozent des Gesamtmarkts ausmachen, sowie die sogenannten „Flavoured Energy Drinks“ mit unterschiedlichen und abwechslungsreichen Geschmacksvariationen.

Laut Statista gab es im Jahr 2019 in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre rund 8,13 Millionen Personen, die zum Zeitpunkt der Erhebung innerhalb der vergangenen 14 Tage Energydrinks gekauft oder konsumiert hatten. Die Konsumenten werden sogar immer jünger: Fast jedes fünfte Schulkind zwischen zehn und 17 Jahren trinkt regelmäßig Energydrinks, wie eine gemeinsame Studie der Krankenkasse DAK und des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung ergeben hat.

Für den Meeting-Marathon
„Unsere Zielgruppe sind Menschen, die in körperlich oder geistig fordernden Situationen ihre Ziele erreichen möchten, beruflich oder in der Freizeit, bei langen Autofahrten, im Meeting-Marathon oder während intensiven Lern- und Prüfungsphasen im Studium“, wie Red Bull mitteilt. Der österreichische Getränkehersteller verkauft laut Statista die meisten Energydrinks und ist damit Marktführer in dem Bereich: 2018 setzte er demnach rund 6,8 Milliarden Dosen weltweit ab, der Umsatz des Unternehmens summierte sich im Jahr 2018 auf rund 5,5 Milliarden Euro. Laut Marktforschungsunternehmen IRI (Information Resources GmbH) sind auch in diesem Jahr Energydrinks bei Red Bull mit einem Umsatzplus von 11,3 Prozent weiterhin der Wachstumstreiber der gesamten Kategorie der alkoholfreien Getränke. Mit einem Umsatzanteil von 63,1 Prozent sei das Classic Segment weiterhin das mit Abstand stärkste Segment innerhalb der Energydrink-Kategorie, gefolgt vom Flavour-Segment mit 26,5 Prozent und den zuckerreduzierten Low Carb Varianten mit 10,4 Prozent. Neueste Produkte sind die im Sommer 2019 gelaunchte „Red Bull Summer Edition“ mit dem Geschmack „Beach Breeze“ sowie die „Red Bull Winter Edition“ mit „Spekulatius-Kirsch“-Geschmack, die im Oktober dieses Jahres auf den Markt kam, teilt der österreichische Getränkehersteller mit.

Aktivierende Wirkung von Tee
Auch die deutsche Capri-Sun-Gruppe hat das Potenzial von Energydrinks erkannt. Das Unternehmen ist seit Oktober 2018 Mehrheitseigentümer des Wiener Start-Ups „All I need“ und vertreibt dessen Teegetränke in Dosen, zubereitet aus ausschließlich natürlichen und biologischen Zutaten, verspricht der Hersteller. Seit 2019 sind die Produkte in Deutschland erhältlich, pünktlich zum 50-jährigen Firmenjubiläum von Capri-Sun. Man setzt dabei vor allem auf die natürliche, aktivierende Wirkung von Tee, so das Unternehmen. Beim „All I need White Tea“ sorge ein schonendes Kaltaufbrühverfahren für einen starken Koffeingehalt des Bio-Weißtees. Beim „All I need Black Tea“ bekommt der Konsument einen Bio-Schwarztee mit Kolanuss sowie unter anderem Zitrone, Zimt, Kardamon und Vanille. Und der „All I need Green Tea“ sorge mit frisch aufgebrühten Sencha-Blättern, Vitaminen und Antioxidantien für Erfrischung. „Die urbane, emotionale Marke spricht eine wachsende Gruppe lifestyle-affiner Konsumenten an“, so René Püchner, Geschäftsführer Capri-Sun DACH.

Energy-Drink-Konsumenten sind oft auf der Suche nach immer neuen, außergewöhnlichen Geschmackserlebnissen. Diesen Wunsch will Hersteller Calidiris 28 mit seiner neuesten Produktvariante „28 Black Hanf“ erfüllen, das seinen leicht herben Geschmack einem Hanf-Aufguss verdankt, so das Unternehmen. Der neue Energy Drink habe keine psychoaktive Wirkung, da er frei von den in der Cannabis-Pflanze enthaltenen Stoffen THC und CBD sei. „Wir sprechen damit vermehrt Konsumenten zwischen 18 und 35 Jahren an“, sagt Felin-Joy Sade, Marketing Director des Unternehmens. „Hier sehen wir ein großes Potenzial. In den nächsten drei Jahren wird bei Hanf basierten Lebensmitteln von einem jährlichen Wachstum von 24 Prozent ausgegangen.“ 28 Black-Produkte seien zudem schon von Anfang an vegan gewesen, seit diesem Jahr tragen alle Sorten nun auch das V-Label. Man habe die Zielgruppe im Laufe der Jahre durch den Ausbau der Produktrange stetig erweitern können. Da Flavoured-Sorten für immer mehr Konsumenten eine Alternative zu klassischen Soft Drinks seien, habe man auch Non-Energydrink-User als Kunden gewinnen können.

Geschmacksvielfalt
Der Energy Drink-Markt ist sehr dynamisch und wächst insbesondere durch Innovationen im Flavoured-Energy Drink-Segment, sagt Hersteller Pepsico, dessen Produkte auch an Tankstellen zu finden sind. Mit der Einführung der Produktreihe „Rockstar Baja Juiced“ treibe das Unternehmen die Geschmacksinnovationen bei seinen Produkten voran: Die neue Reihe biete Geschmacksvielfalt, cooles Design und kombiniere dabei belebendes Koffein mit einem Saftanteil von acht Prozent. Ein besonderes Augenmerk lege „Rockstar“ zudem auf das Angebot an zuckerfreien Alternativen. Auch mit der Erweiterung der First Start-Reihe von Rockstar (bisher: Guava Pineapple und Mixed Berries, Sieger-Produkte beim Wettbewerb Convenience Best) um die Geschmackssorte Sour Cherry habe man verstärkt auf Flavour-Innovationen gesetzt und so ein Wachstum im zweistelligen Bereich erzielen können.

Im Gespräch mit Convenience-Playern
Im Convenience-Markt sieht das Lebensmittel Start-Up Koawach, das für koffeinhaltige Kakaopulver und Schokodrinks bekannt ist, enormes Wachstumspotenzial. Gründer und Geschäftsführer Daniel Duarte bestätigt in diesem Zusammenhang die laufenden Verhandlungen mit Raststätten und Tankstellen. Ebenfalls ist er „aktuell aber auch in Gesprächen mit Bahnhof- und Flughafenshops”, so der 31-jährige. Neben der Produktinnovation seien die größte Besonderheit des Koffein-Kakaos von Koawach die ausschließlich bio- und fairtrade-zertifizierten Zutaten, die in der Produktion verwendet werden. Mit diesem Standard will das Unternehmen im Convenience-Bereich neue Kunden für sich gewinnen und als Botschafter für fairen Handel auftreten. „Auch die Kombination Kakao und Koffein ist schon sehr speziell“, so Duarte. Die Idee zu Koawach kam ihm und seinem Studienkollegen und Mitgründer Heiko Butz durch Studenteninitiativen zum Thema Nachhaltigkeit. „Eigentlich wollten wir Fairtrade-Kaffeeprodukte auf den Markt bringen, aber da wir beide keine Kaffeetrinker sind, sind wir dann schnell auf Kakao gekommen, ich bin Kolumbianer, wir trinken in Kolumbien sehr viel Schokolade“, so Duarte. Bei der Vermarktung fokussieren die beiden Gründer sich, so Duarte, nicht bloß auf eine Zielgruppe. Besonders Berufsgruppen wie Feuerwehrleute, Polizisten, Krankenhauspersonal und Hebammen sind für das Unternehmen spannend, “Die müssen ja in ihrem Beruf schnell hellwach sein”, sagt der Koawach-Gründer. Aber auch Studentenwerke, Kantinen großer Unternehmen und klassische Kaffeetrinker seien potenzielle Kunden.

Energydrinks boomen, doch immer wieder stehen sie auch in der öffentlichen Kritik, gesundheitsschädlich zu sein, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, die häufig zu viele davon konsumieren, wie etwa das Bundesinstitut für Risikobewertung erklärt. Daniel Duarte hat dazu eine klare Haltung „Ich denke, dass Energy Drinks nichts für 14-Jährige sind, sondern eher ab 16 oder 17 Jahren getrunken werden sollten und dann in Maßen.” Neben der bestehenden Produktpalette aus Kakaopulvern und To-go Schokodrinks, plant das Unternehmen, sein Convenience-Sortiment mit koffeinhaltigen Schokoriegeln zu ergänzen.