Aral-Chef Achim Bothe im Interview „Ich sehe da noch viel Potenzial“

Knapp zwei Jahre nach seinem Einstieg als Aral Chef haben wir Achim Bothe nach seinen Erfahrungen in der Branche befragt. Hier Teil 1 des Interviews.

Dienstag, 29. Oktober 2024 - Tankstelle
Hans Jürgen Krone
Artikelbild „Ich sehe da noch viel Potenzial“
Bildquelle: Aral

Convenience Shop: Herr Bothe, Sie sind beinahe zwei Jahre als Aral-Chef im Amt und haben dabei die Verantwortung für ein Unternehmen übernommen, das in Deutschland durchaus gesellschaftliche Bedeutung hat. Das konnte man nicht zuletzt im Rahmen Ihrer Feier zum 100. Jubiläum erleben. Wie ist Ihre persönliche Bilanz nach dieser Zeit?
Achim Bothe: Das 100-jährige Jubiläum war eine ‚Once in a lifetime-Opportunity‘. Dass ich in meiner Rolle das Glück habe, diesen Meilenstein von Aral begehen zu können, ist schon etwas Besonderes. Dadurch konnten wir auch nochmal ganz intensiv in die Vergangenheit schauen und feststellen, wie tief Qualität und Innovation in unserer DNA verwurzelt sind. Wie häufig haben wir in der Vergangenheit bereits beweisen, dass wir unser Businessmodell anpassen können, Neuerungen in den Markt bringen und diese letztendlich auch zum Erfolg führen!

Nach all dem bin ich mit meiner Aufgabe nach wie vor sehr glücklich und sehe darin sowohl auf der persönlichen als auch auf der fachlichen Ebene einen wichtigen Entwicklungsschritt. Denn es gibt wichtige Geschäftsfelder über das reine Kraftstoff-Geschäft hinaus, wie Convenience oder Elektromobilität, mit denen ich in meinen bisherigen Tätigkeiten wenig Berührungspunkte hatte. Noch viel spannender als ich es vielleicht vorher erwartet hätte, ist es, diese Transformation mitzugestalten, die aktuell in unterschiedlichen Ausprägungen in unserer Branche stattfindet.

Was ist für Sie der entscheidende Punkt?
Der Tankstellen-Markt in Deutschland war relativ lange statisch und stabil, heute kommen unterschiedliche Wettbewerber zu unterschiedlichen Schlüssen, wenn es darum geht, ob sie investieren und ihre Netze behalten wollen. Damit verändert sich auch ein Stück weit das Marktumfeld.

Spielt Convenience dabei eine wichtige Rolle?
Definitiv. Wir sind mit unserem Agenturmodell Cosi schon vor meiner Zeit einen wichtigen Schritt nach vorne gegangen, um uns als Unternehmen auf die Zukunft vorzubereiten. Damit haben wir, gerade was das Convenience-Geschäft angeht, deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Das gilt für die Sortiments- und Preisgestaltung und auch für die Werbung, um letztlich die Kundenwahrnehmung positiv zu beeinflussen. Ich sehe da noch viel Potenzial, die Marken Aral und Rewe To Go sind ein sehr gutes Fundament dafür. Mit Lekkerland/Rewe haben wir einen Partner, der sowohl große Markt- und Handelskompetenz mitbringt als auch Supply-Chain-Expertise, denn schließlich braucht man ja alles.

Mit Rewe To-go hatte sich Aral ja von Anfang an viel vorgenommen. Wie ist aus Ihrer Sicht da der Stand der Dinge?
Wir feiern in diesem Jahr nicht nur 100 Jahre Aral, sondern auch schon zehn Jahre Rewe To-go an Aral-Tankstellen. Damals haben wir im Pilotprojekt mit zehn Stationen angefangen. Heute betreiben wir mehr als 900 Rewe To-go-Shops – eine stolze Zahl, hinter der viel Arbeit, aufwändige Umbauten und ein großes Investitionsvolumen stehen. Aber man sieht daran auch, wie lange eine solche Entwicklung dauert, selbst wenn man das Ziel von Anfang an konsequent verfolgt.

Wie wird es dabei weitergehen, oder gibt es jetzt nach Zielerreichung einen Stopp?
Nein, wir bauen selbstverständlich weiter aus und bleiben nicht bei den 900 stehen. Wir gehen dabei mit Blick auf die noch nicht umgebauten Stationen allerdings selektiver und fokussierter vor. Gemeinsam mit Lekkerland
legen wir jetzt beispielsweise einen stärkeren Fokus auf die Autohöfe. Damit bekommt die Marke Rewe To-go noch mehr Relevanz, ebenso wie durch den Ausbau von Rewe To-go, den Lekkerland an anderen Standorten wie Bahnhöfen oder Flughäfen vorantreibt.

Sie haben Cosi bereits erwähnt. Damit haben Sie die Führung des Shop-Geschäftes als Agenturgeschäft an sich gezogen. Warum war das wichtig?
Ganz klar: um das Angebot an den einzelnen Stationen zu vereinheitlichen und mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu haben. Uns waren in der Vergangenheit die Hände gebunden, wenn es darum ging, erfolgreich bei Marketing und Kommunikation anzusetzen oder ein einheitliches Pricing zu kommunizieren. Jetzt können wir beispielsweise einen Meal-Deal zu einem definierten Preis anbieten, der an all diesen Stationen gilt. Damit haben wir ein konsistentes Angebot in der Breite. Wir sind auch stärker dazu übergegangen, kanalübergreifende Werbung wie zum Beispiel die Gamification-Kampagne zu machen, bei der Kunden ihre Gewinne bei uns oder anderen Rewe To-go-Shops einlösen können.

Das Besondere war auch, dass es überall – auch an den Tankstellen – per ‚Instant Reward‘ Freiprodukte zum Mitnehmen gab. Das war so in dieser Breite an Tankstellen in Deutschland bisher nicht üblich und wir konnten es nutzen, um den Fokus deutlicher auf das Sortiment der Shops zu setzen.

Dabei ist auch unsere Kooperation mit Payback ein wichtiger Baustein. Es ist insgesamt eine kontinuierliche Reise und das Lernen hört nie auf. Klar bedeutet das auch sehr viel Aufwand und Intensität, aber die Richtung stimmt aus meiner Sicht.

Im Markt wird ja immer viel über die Probleme bei
Frische-Sortimenten etc. gemunkelt. Es ist sicherlich nach wie vor eine große Herausforderung hier auch wirtschaftlich zu arbeiten, oder?
Deshalb schauen wir uns das kontinuierlich an und gehen den Weg der Segmentierung. Nicht jede Tankstelle braucht ein komplett ausgebautes
Frische-Angebot und andere Standorte leben geradezu davon. Mit unserem Partner Lekkerland bearbeiten wir dieses Thema intensiv und sind aus meiner Sicht für diese Herausforderung gut aufgestellt.

International gibt es derzeit hier und da den Trend, dass die Mineralölgesellschaften das Convenience-Geschäft lieber den erfahrenen Händlern überlassen wollen. Sie haben, wie gehört, im Gegenteil die Verantwortung für die Rewe To-go-Shops an sich gezogen. Das heißt das Convenience-Geschäft bleibt ein fester Bestandteil des Aral-Business?
Ja, denn wir sind davon überzeugt, dass wir mit Kraftstoffen, Convenience, Elektromobilität, Autowäsche und einigem mehr ein sehr starkes Angebot haben, um mit unseren Tankstellen weiterhin erfolgreich zu sein. Sie sehen ja, wir haben bereits vor vielen Jahren unsere Entscheidung getroffen, das Angebot zielgerichtet auszubauen.

Andere merken erst jetzt, dass sie an ihren Tankstellen ein attraktives Convenience-Angebot brauchen, wenn sie weiter erfolgreich sein wollen. Voraussetzungen sind natürlich kontinuierliche Investitionen, ein gutes Format und eine starke Marke. Schließlich geht es auch um Capability und Kompetenz. Wir haben ganz bewusst für Convenience und Elektromobilität eine eigene Expertise aufgebaut und Kompetenz ins Unternehmen geholt, um diese Skills und Perspektiven noch stärker bei uns zu verankern.

Stört es Sie eigentlich nicht, dass ein anderes Rewe-Format, nämlich Rewe Express, bei einem Wettbewerber ausgerollt wird?
Nein, denn Wettbewerb belebt das Geschäft. Wenn auch andere in ihr Shop-Geschäft investieren, werden Tankstellen in Summe attraktiver, ihr Image in der Öffentlichkeit wird gesteigert und es entsteht ein Wettbewerb darum, wer erste Wahl der Kunden ist. Darüber hinaus spielen Lage, Angebot, Preisstruktur und das Betreiben vor Ort eine wichtige Rolle.

Sie sehen also durchaus noch Potenzial für das Convenience-Geschäft an Tankstellen in Deutschland, das es zu
heben gilt?
Ja, wir haben noch sehr viel Potenzial. Unser Ziel muss es sein, dass noch mehr Kunden sagen: Ich fahre zur Tankstelle und finde dort ein attraktives, preiswürdiges Sortiment, dass sich nicht primär auf Tabakwaren und Impulskäufe beschränkt. Je nach Kategorie haben Tankstellen noch eine sehr unterschiedliche Relevanz. Wir sind davon überzeugt, dass die Strahlkraft der Marken Aral und Rewe To-go und die Supply-Chain-Kompetenz von Lekkerland, speziell wenn es nicht um die bekannten Sortimente geht, entscheidende Faktoren sind.