Nahversorger Die neue Chance

Mit der Nahversorger-Kompetenz von Tankstellen-Shops & Co. war es bisher nicht weit her. Das könnte sich im Schlepptau von Rewe to go, Spar Express und anderen jetzt ändern.

Dienstag, 03. April 2018 - Süßwaren & Salzige Snacks
Hans-Jürgen Krone
Artikelbild Die neue Chance

Wer als Nahversorger gelten will, der muss Produkte anbieten, die die Kunden für zuhause kaufen, weil sie sie dort regelmäßig brauchen und im täglichen Leben eine wichtige Rolle spielen. In den Pionier-Tagen des deutschen Convenience-Marktes gehörte ein qualifiziertes Nahversorger-Angebot zu den modernen Konzepten dazu. Berater mit Weitsicht empfahlen damals das Sortiment qualifiziert aufzubauen, vor allem auch um die Convenience-Shops für die Kundengruppe der Frauen attraktiver zu machen, auf deren Schultern der Einkauf auch heute noch überwiegend lastet. Doch angesichts der Impulskauf-Euphorie und wachsendem Platzbedarf für gastronomische Angebote, wurden der relevanten Produkte einfach aus dem Sortiment gestrichen.

Aber werden im Convenience-Markt damit nicht Umsatzchancen verschenkt? Darüber denkt die Branche inzwischen verstärkt nach. Inspiriert wird sie dabei von Konzepten wie Rewe to go. Natürlich setzt das Unternehmen auch auf den schnellen Impulskauf, aber Rewe zeigt, oft in reduzierter Form und kleinen Packungen, dennoch mehr Nahversorger-Kompetenz als andere. Sortimentsbereiche wie Wasch-/Putz-/Reinigungsmittel, Körperpflege/Hygiene, Kosmetik, Fleisch/Wurst/Geflügel, Suppen/Saucen, Fertiggerichte, Molkereiprodukte, Kaffee/Tee/Kakao, Kindernahrung und Frische sind hier jedenfalls deutlich besser vertreten als in den meisten anderen Tankstellen-Shops. Angeboten werden bei Rewe to go, wie in den Convenience-Shops üblich und sinnvoll, die profiliertesten Marken. Dazu kommen aber auch Rewe-Eigenmarken, die allerdings dort teurer angeboten werden als in Supermärkten.

Die Zurückhaltung im Nahversorger-Sortiment war früher beidseitig. Der Convenience-Handel wollte den Platz anders nutzen und – mit einigen Ausnahmen – war die Industrie angesichts der geringen Absatzmenge auch zögerlich. Doch der Wandel ist ebenfalls im Interesse beider Seiten. So sehen große Markenartikler diese Entwicklung jetzt durchaus mit Interesse. So auch Nadja Goebel, Senior Produktmanagerin bei Teekanne: „Auch wir beobachten in Zeiten, in denen Konsum immer mehr ‚on the go‘ stattfindet, dass die Bedeutung der Convenience-Shops deutlich zunimmt. Für uns sind sie vor allem für den Tea-to-go-Bereich von hoher strategischer Bedeutung. Einen perfekt zubereiteten Tee auch unterwegs zu genießen, darin sehen wir gegenüber dem Kaffeebereich noch großes Potenzial,“ sagt sie gegenüber Convenience Shop. „Die Menschen erfüllen nicht mehr nur die dringendsten Bedürfnisse in Convenience-Shops, sondern decken dort zunehmend auch weitere Bedarfe des täglichen Lebens. Mit einer Käuferreichweite von 80 Prozent ist Tee hier nicht weg zu denken. Etwa zwei Drittel der Menschen trinken täglich oder mehrmals in der Woche Tee. Er gehört für viele nicht nur in ein gesundes Ernährungskonzept, sondern ist Teil eines ganzen Lifestyles, der immer mehr Anhänger findet. In diesem Lifestyle spielen auch die Convenience-Shops eine große Rolle, weshalb deren Bedeutung für uns ebenfalls rasant ansteigt“, so Goebel weiter.


Für den To-Go-Bereich setzt das Unternehmen auf sein Teekanne Tealounge System. Die dafür eigens entwickelte Teemaschine soll perfekten Genuss auf Knopfdruck in maximal 80 Sekunden schaffen. Der Tee kann direkt trinkfertig mitgenommen und getrunken werden. In seiner traditionellen Darbietungsform setzt Teekanne auf seine Selection 1882, eine große Auswahl grober, loser Tees von bester Qualität Diese werden fertig verpackt als Tassenportion in Pyramidenbeuteln, den so genannten Luxury Cups, angeboten und für Kännchen als Luxury Bags. Nadja Goebel: „Für das klassische Sortiment verfügen wir über diverse Kleinflächendisplays, die optisch ansprechend gestaltet eine schöne Ergänzung zur knappen Regalfläche bieten.“

Auch Lothar Bentlage, Geschäftsführer der Rügenwalder Mühle ist sich sicher: „Die Verbraucherbedürfnisse haben sich in den letzten Jahren sehr stark gewandelt – nicht nur was Ernährungstypen betrifft, sondern auch die Art wie und wie häufig gegessen wird. Insbesondere in urbanen Gebieten wird das Essen to-go immer selbstverständlicher und alltäglicher und so ein Bestandteil dauerhafter Ernährungsmuster. Convenience-Shops bedienen genau diesen Trend und befinden sich häufig an den strategisch richtigen Stellen, wie z.B. in Bahnhöfen oder in Bürogegenden. Daher haben C-Stores auch eine gehobene Relevanz für die Rügenwalder Mühle.“ City-Outlet-Konzepte oder Vending-Vertriebsschienen seien gute Ausgangspunkte, um den Konsumenten zu erreichen. Die hohe Dichte an Convenience-Verbraucher- und Convenience-Supermärkten spiele auch eine Rolle, weil diese die Verfügbarkeit der Produkte mit Sonderplatzierungen sicherten.

Besondere Bedeutung hätten die Shops dabei für die Produkte aus dem Rügenwalder-Sortiment, die für den to-go-Verzehr besonders geeignet seien, z. B Mühlen Würstchen oder Mühlen Frikadellen im wiederverschließbaren Becher. „Eine wichtige Rolle spielen auch unsere vegetarischen Snacks im praktischen to-go-Becher. Denn immer mehr Verbraucher möchten sich verstärkt fleischfrei aber zugleich auch convenient ernähren“, sagt Bentlage. Dabei hat das Unternehmen auch die praktischen Anforderungen in den C-Kanälen im Auge, beispielsweise die Lieferung von Produkten, die der Nachfrage und Drehzahl mit Blick auf das Mindesthaltbarkeitsdatum entsprechen müßten. „Dies beziehen wir im Hause natürlich bei der Gestaltung der Verkaufs-Einheiten mit ein. Wichtig bei Convenience-Stores ist, dass das Produkt sich selbst erklärt und im Regal, an der richtigen Stelle platziert, den Kunden sofort überzeugen kann. So kommunizieren wir auf den Vorderseiten unserer Verpackungen klar die für den Verbraucher wichtigsten Aspekte wie z.B. ob das Produkt gluten- oder laktosefrei ist. Das V-Label zeigt zudem auf den ersten Blick, ob ein Produkt vegetarisch oder vegan ist.“

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Bild öffnen Das Sortiment der Rewe to go-Shops gestaltete sich, je nach Standort, durchaus unterschiedlich. Das breitere Nahversorger-Sortiment ist aber in vielen Shops deutlich sichtbar.
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