Gesund leben, bedeutet auch weniger Alkohol zu trinken, vielleicht sogar weniger zu konsumieren. Viele Verbraucher in Deutschland haben in den vergangenen Jahren diese Regel für sich entdeckt und akzeptiert. Und sie verhalten sich auch immer öfter entsprechend. Hinzu kommt die demografische Entwicklung: Ältere Konsumenten verzichten häufiger mal auf alkoholhaltige Getränke, insbesondere auf hochprozentige. Dafür greifen sie gerne in „Wohlfühlsituationen“ zu etwas Besonderem. Wenn dies Spirituosen sind, profitiert das Premiumsegment.
Von dieser Erfahrung berichten die meisten Spirituosenhersteller - und Anbieter hier zu Lande. „Der Trend zu hochwertigen Spirituosen ist ungebrochen“, sagt Albrecht Schneider, Marketing Director Beam Suntory Deutschland, auf Anfrage von Convenience Shop. Die Nachfrage nach Importspirituosen wie Whiskey und Gin sei entsprechend gestiegen. Für den Convenience-Markt sieht Schneider keinen gegenläufigen Trend. Auch Thomas Drossé, Vertriebsdirektor bei Pernod Ricard in Deutschland, bestätigt den Premiumtrend: „Es wird weniger getrunken, aber dafür verstärkt qualitativ hochwertige Spirituosen“, sagt er. Daher gewinne das Premiumsegment zunehmend an Bedeutung. Weiterhin sieht Drossé den Trend hin zu Spirituosen mit geringerem Alkoholgehalt. Entsprechend steigt auch die Beliebtheit des Segments Aperitif.
Handwerkliche Qualität
Dass es auf Qualität ankommt und der Pro-Kopf-Verbrauch gleichzeitig unverändert bleibt, sieht man auch bei den eher national orientierten Herstellern von Hochprozentigem, bei Berentzen, bei Schwarze und Schlichte und bei Behn so. Allerdings mit unterschiedlichem Akzent. Während Katharina Schwarze, bei Schwarze und Schlichte für das Markting verantwortlich, noch einmal die Qualität betont, vor allem die handwerkliche Qualität von Spitzenerzeugnissen, verweist Heiko Grove, Marketing-Manager bei Berentzen, auf die Stagnation des Gesamtmarktes in den zurückliegenden Jahren. Rüdiger Behn, Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens, schließt sich seinen Branchenkollegen an und erkennt ebenfalls ein Marktwachstum bei den Premiumprodukten. Er betont jedoch, dass dieses Segment nach seiner Erfahrung „in den klassischen Convenience-Geschäften fast keine Rolle spielt“. Vielleicht stimmt die Zielgruppe der C-Stores nicht unbedingt mit der der Premiumkäufer überein. Die unterschiedlichen Einschätzungen der Situation für die C-Stores beim Thema Premium ist allerdings auffallend. Sicherlich hängen solche Beurteilungen auch damit zusammen, dass der Convenience-Markt, gerade beim Absatz und Umsatz hochpreisiger Spirituosen, sowieso eher nicht im Fokus steht. So liegen bei den Herstellern oft keine eindeutigen Zahlen der Marktforscher zum Vertriebskanal vor, oder es sind eher individuelle Annahmen, die mehr auf persönlichen Einschätzungen beruhen. Richtig ist aber wohl, dass der ganz überwiegender Teil der Edelspirituosen nicht in den Convenience-Stores verkauft wird.
Im richtigen Konsummoment
Anders verhält es sich mit den Ready-To-Drinks, die als Mischgetränke und mit niedrigen Alkoholgehalt eigentlich nicht zur Kategorie der Spirituosen zählen. Im Außer-Haus-Markt und in den entsprechenden Verkaufsstellen spielen sie eine bedeutende Rolle. Dazu herrscht Übereinstimmung in der Branche. Einschränkend fügt Rüdiger Behn hinzu: „Sofern Convenience-Stores das richtige Spirituosensortiment führen, das auf das Ladenumfeld abgestimmt ist, besteht noch erhebliches Potenzial für Spirituosen.“ Das Marktwachstum für RTDs dürfte auch in C-Stores noch nicht beendet sein.
Optimistisch beurteilt auch Thomas Drossé die Entwicklung der RTDs. Der Pernod-Ricard-Vertriebsdirektor sieht einen dynamischen Convenience-Trend, der sich in den vergangenen Jahren beständig fortgesetzt habe. Der Convenience-Markt – beispielsweise Kioske oder City-Märkte – profitiert davon, so sein Statement, weil er die Konsumenten im richtigen Konsummoment bediene. So sieht es auch Ben Linska, Senior Brand Manager Spirituosen bei MBG: „Gerade die liberalen Öffnungszeiten tragen dazu bei, auch zu späteren Abendstunden Spirituosen ‚nachzukaufen‘ die eventuell vergessen wurden beziehungsweise spontan noch benötigt werden.“
Das schätzt man bei Henkell-Freixenet genauso ein. Insbesondere das Thema Kühlung spiele dabei ein wichtige Rolle. „Hier sind besonders die Convenience-Stores sehr gut aufgestellt. Deswegen sehen wir insbesondere bei den RTDs deutliche Wachstumspotenziale“, sagt Unternehmenssprecher Jan Rock. Auch Katharina Schwarze erwartet weiteres Wachstum. In die Convenience -Stores „passen fertige, bequem und einfach zu konsumierende Spirituosen-Mixes“, meint sie.
Die Zahlen der vergangenen Jahre unterstützen diese Prognose. „Alleine zwischen 2017 und 2018 stieg der Absatz laut Nielsen in diesem Bereich bundesweit um14 Prozent“, macht Heiko Grove für Berentzen deutlich. Und das gilt nicht nur für den Sommer, aber für die RTDs gerade dann, mit einen Peak für die Drinks in den Shops.