Dass Technik und Logistik für Smart Stores funktioniert, ist die Voraussetzung, dafür, dass dieses Geschäftsmodell überhaupt eine Chance hat. Im Geschäftsalltag zählt dann, ob die Wünsche der Shopper erfüllt werden. Diese hat jetzt erstmals Bormann & Gordon erkundet.
Smart Stores in allen Varianten sind derzeit eines der Top-Themen auch im Convenience-Retail. Und es ist sicherlich faszinierend, wie die Technik und die Digitalisierung es möglich machen, diese Verkaufsstellen ohne Personal in Deutschland zu verbreiten. Und so steigt die Anzahl an Smart Stores 24/7 in Deutschland weiter an. Doch bei aller Faszination für das Thema ist derzeit bei Branchendiskussionen auffällig, dass hauptsächlich über Logistik und digitale Themen diskutiert wird. Noch deutlich zu kurz kommt das, worum es dann am Ende wirklich gehen wird: Was kann und sollte aus den Smart Stores heraus erfolgreich verkauft werden, was sind die Wünsche der Shopper an diese Verkaufsstellen und wie beurteilen sie diese? Damit hat sich auf Anregungen von Convenience Shop erstmals ausführlich der Shopper-Spezialist Reiner Graul mit seinem Unternehmen Bormann & Gordon beschäftigt und die Ergebnisse aktuell zur Jahrestagung Handel und Wandel in Tankstellen und Convenience Shops der Branchenöffentlichkeit präsentiert. Im Rahmen einer repräsentativen Befragung stellte Graul fest, dass inzwischen nur noch 25 Prozent der Bevölkerung den Einkauf in Smart Stores generell ablehnen. 18 Prozent wollen dagegen „bestimmt“ dort einkaufen, 29 Prozent „wahrscheinlich“ und 28 Prozent „vielleicht“.
Exklusive Shoppertests durchgeführt
Was die Shopper dabei bewegt, hat Graul im Rahmen seines exklusiven Shoppertests bei
Teguts Teo und Rewe Pick & Go erkundet. Was den Kunden gefällt ist beispielsweise der schnelle und unkomplizierte Bezahlvorgang. Dazu kommt das autonomes Einkaufen, bei dem keine Notwendigkeit besteht, mit Personal zu interagieren. Positiv wahrgenommen wurde auch die Bequemlichkeit und die ruhige Einkaufsatmosphäre sowie das umfangreiche Sortiment.
Was den Shopperinnen und Shopper dagegen nicht gefällt, sind Platzmangel und enge Gänge sowie unverräumte Ware. Dazu kommt das Gefühl der Überwachung durch die zahlreichen Kameras, technische und logistische Probleme, beispielsweise Schwierigkeiten mit der technischen Handhabung, wie dem Verstehen der Abläufe und der Registrierung. Außerdem negativ wird manchmal die Produktverfügbarkeit gesehen: Das Problem heißt „viele leere Regale“.
Dazu kommt, dass die Preisgestaltung höher als in normalen Supermärkten ist. Diese wurde im Teo von 80 Prozent der Besucher „schlechter“ als im Supermarkt bewertet, im Rewe Pick & Go nur zu 40 Prozent. Im Vergleich zu den Preisen an Tankstellen wurden diese in den Smart Stores von 60 Prozent der Befragten als „besser“ beurteilt und von 40 Prozent als „gleich“.
Das von Kunden erwartete Sortiment
Das Sortiment, das die Kunden in den Smart Stores erwarten, sollte sich laut der Befragung vor
allem zusammensetzen aus:
- Getränken, also Softdrinks, Bier, Milch und alkoholischen Getränken, sowie Snacks: Chips, Süßigkeiten, Cracker und Kaugummi etc.,
- Convenience-Produkten, also Fertiggerichten, Tiefkühlpizza und zubereiteten Speisen
- To-go: Produkte für den schnellen Verzehr unterwegs, wie Sandwiches und kalter Kaffee etc.
- Grundnahrungsmitteln des täglichen Bedarfs, etwa Joghurt, Wurst, Käse, Eier, Nudeln, Dosengerichte
- Hygieneartikeln, etwa Drogerieprodukte, Kosmetik- und Reinigungsprodukte sowie Windeln.
Aus Sicht von Graul haben beide Konzepte „Top-Bewertungen“ durch die Kunden bekommen, mit nur wenigen kleinen Einschränkungen. Gefragt wurde nach Standort und Lage, einfachem Zugang, Produktauswahl, Sauberkeit, angemessenen Preisen, Produkt-Verfügbarkeit, einfacher Navigation, Checkout, Produkt-Frische, Bequemlichkeit von Einkauf und Einkaufserlebnis.
Was den meisten Kunden in beiden Shops fehlte, war der Anreiz, am Checkout noch Zusatzkäufe zu tätigen. Nur aus der Sicht von
18 Prozent der Befragten gab es diese. 82 Prozent sahen keine und kommentierten das beispielsweise mit: „Am Checkout gibt es nix, keine Artikel, die einem ins Auge springen“, „Rund um Kasse keine Waren … ich werde nicht zu Zusatzkäufen angeregt“, „Platz ist relativ nüchtern und animiert mich nicht wie an normalen Kassenzonen einzukaufen“. Die Shopper im Pick & Go kauften zu 57 Prozent nur für To-go und zu 43 Prozent für To-go und Zuhause ein. Bei Teo kauften 28 Prozent nur für To-go, acht Prozent nur für Zuhause und 64 Prozent für beides ein.
Anlässe dort einzukaufen sind vor allem der Arbeitsweg, das Unterwegssein, generell Pausen und vergessene Produkte. Überwiegend entgehen die Einkäufe dann Kiosken und Tankstellen. Aus den Erkenntnissen der Studie leitet Reiner Graul einige Empfehlungen für Smart Stores ab:
- Trotz klarer Convenience- Vorteile sind „Shopperbarrieren“ zu beachten
- die Balance zwischen Home- und To-Go-Angeboten muss immer standortindividuell sein, - bessere ‚Execution‘ mit vollen Regalen
- Impulskauf besser am Checkout ausschöpfen
- Aktionen zur Steigerung der Besuchsfrequenz und Kundenbindung durchführen
- Digitalisierung am POS durch Signage stärken