Bier Hoffen auf die Freiluftsaison

Die geschlossene Gastronomie und abgesagte Events und Sportveranstaltungen haben sich in den Bilanzen der Brauerei-Gruppen niedergeschlagen. Aber die Krise macht auch deutlich, wie stark die verschiedenen Bier-Marken wirklich sind.

Donnerstag, 18. März 2021 - Getränke
Martin Heiermann
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Von einem „Erdbeben“ sprach der Generalbevollmächtigte der Brauerei C. & A. Veltins, Michael Huber, mit Blick auf das vergangene Jahr für die deutsche Braubranche. Auch Holger Eichele, der Hauptgeschäftsführer des Brauer-Bundes, hält die Situation für dramatisch. Sie sei „in der Nachkriegszeit ohne Beispiel“. Gemeint sind natürlich die Auswirkungen der Pandemie auf die deutschen Brauereien. Denn der Bierkonsum hier zu Lande ging im vergangenen Jahr deutlich zurück. Eichele spricht von einem Rückgang des Pro-Kopf-Verbrauchs auf 88 Liter, allerdings ohne Alkoholfreie Biere und Malztrunk. Michael Huber gibt einen Wert von 95 Litern an, wohl inklusive der alkoholfreien Varianten. Zum Vergleich: 2019 lag der Konsum bei 99,7 Litern pro Kopf.

Unbestritten hat sich die Geschäftslage für die gesamte Branche durch die Maßnahmen zur Covid-Bekämpfung deutlich verschlechtert. Insbesondere die Schließung der Gastronomie hat viele Brauereien, die vor allem in diesem Außer-Haus-Vertriebskanal aktiv sind, hart getroffen. Im Handel hingegen lief das Geschäft wesentlich besser. Einige Brauereien gewannen hier sogar hinzu. Dazu gehört auch Veltins. Während das Fassbiergeschäft der Sauerländer einen historischen Absatzeinbruch von 56,3 Prozent verbuchte, legte der Flaschenbierausstoß im zurückliegenden Geschäftsjahr um 7,3 Prozent zu. So konnte Veltins-Chef Huber jetzt bilanzieren, mit seiner „starken Marke“ einigermaßen zufriedenstellend durch die bisherige Krise gekommen zu sein. Huber sprach von einem gelungenen Krisenmanagement. „Wir agieren trotz der Biermarkt-Turbulenzen in einem ruhigen Fahrwasser und sehen in naher Zukunft wägbare Marktrisiken“, sagte der Generalbevollmächtigte. Im Vergleich zu anderen Marken verlor Veltins im vergangenen Jahr 2020 nur moderat und hatte einen Rückgang von 3,2 Prozent zu verzeichnen.

Beck‘s behauptet sich
Nur die Marke Beck‘s aus dem Hause Anheuser Busch Inbev Deutschland lag da wohl besser und konnte sich mit einem Verlust von nur zwei Prozent gut im Markt halten. Andere Branchengrößen und ihre Marken hatten deutlich stärkere Einbußen zu verzeichnen. So etwa Krombacher mit einem Minus von 4,8 Prozent, Bitburger mit einen Rückgang von acht Prozent und König-Pilsener und Warsteiner sogar im zweistelligen Bereich, mit Verlusten von Minus 14,5 beziehungsweise 16,2 Prozent.

Mit einem pandemiebedingten Volumenverlust erreichte Veltins 2020 einen Gesamtausstoß von 2,94 Millionen Hektolitern. Das sind 3,5 Prozent weniger als im Jahr davor. Der Umsatz ging um 4,7 Prozent auf 342 Millionen Euro zurück. Schon im Sommer dieses Jahres allerdings hoffen Huber und Marketing-Geschäftsführer Dr. Volker Kuhl auf eine umsatzstarke Freiluftsaison. „Die Menschen wollen sich im Biergarten und daheim ihre Lebensnormalität zurückholen“, so Huber. Die Jahresmitte könne mit abflachender Pandemie schon eine spürbare Wende bringen. Die Gastronomie sei zwar krisengebeutelt, signalisiere aber vielerorts Durchhaltevermögen und einen engagierten Aufbruchswillen. In der Brauwirtschaft sei, so Huber, Zuversicht gefragt. Die Brauerei kündigte an, ihr millionenschweres Investitionsprogramm fortzusetzen.

Das Pilsener in der Mehrwegflasche aus dem Hause Veltins legte um 8,6  Prozent zu. „Gerade in Krisenzeiten entfalten starke Marken beim Verbraucher ihre Nachfragekraft,“kommentierte Volker Kuhl den Anstieg. Der Veltins-Einweg-Bereich, mit einem Ausstoß von 192.200 Hektolitern, wuchs dagegen nur leicht. Deutlich positiv entwickelte sich die Marke Grevensteiner. Das Trio aus Landbier, Hellem und Natur-Radler trug 244.500 Hektoliter zum Gesamtausstoß bei und legte um 1,3 Prozent zu. Das Portfolio der Fassbrause wuchs sogar um 48,7 Prozent und profitierte vom gewachsenen Heimbedarf der Haushalte. Beim Biermix-Quintett V+ wirkte sich der Nachfrage-Rückgang im Außer-Haus-Markt aus. Die Range erreichte 285.800 Hektoliter und verzeichnete einen Verlust von 3,2 Prozent. Dagegen sei die Neueinführung des hellen Püllekens eine Glücksgriff gewesen, berichtet Kuhl. Die Innovation steuerte 44.400 Hektoliter zum Gesamtergebnis bei. Im April soll Pülleken im Sixpack und ab Juli im 24 mal 0,33 Liter-Mehrwegkasten zu bekommen sein.

Krombacher bleibt stabil
Insgesamt stabil konnte sich auch die Krombacher Gruppe im Corona-Jahr behaupten. Der Gesamtausstoß der Gruppe ging um 2,5 Prozent oder um 0,188 Millionen Hektoliter auf 7,403 Millionen Hektoliter zurück. Der eingeschränkte Gastronomiebetrieb, fehlende Festveranstaltungen oder geschlossene Stadien und ein beeinträchtigtes Exportgeschäft waren die Ursachen. Die Dachmarke Krombacher lag 2020 bei 5,723 Millionen Hektolitern. Dennoch konnte sie sich als Deutschlands beliebteste Biermarke behaupten.

Ein strategischer Baustein
Ein weiterer strategischer Baustein sei der Ausbau von alkoholfreien Sorten gewesen. Sowohl der Durstlöscher Krombacher 0,0% als auch die Fassbrause und die Marke Vitamalz seien gewachsen. Mit der Einführung von Vitamalz Sport habe man auch den Trend zu kalorienreduzierten Erfrischungsgetränken weiter bedient.

Die Schweppes-Marken-Familie habe durch die Ausweitung der Zero-Range um 101.000 Hektoliter oder 7,9 Prozent wachsen können. Der Jahresausstoß wuchs um 7,9 Prozent auf 1,384 Millionen Hektoliter. Der Umsatz kletterte um 4,5 Prozent auf 145 Millionen Euro. „Auch die erste Jahreshälfte 2021 wird voraussichtlich von den Auswirkungen der Pandemie bestimmt sein,“ vermutete Uwe Riehs, Geschäftsführer Marketing der Krombacher Gruppe. Dementsprechend sei die Planung für das Jahr.

Weniger gut durch die Krise kam die Warsteiner Brauerei. Der Absatz ging 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 16,2 Prozent zurück. Im Inland ergab sich sogar ein Minus von 17,4 Prozent, im Ausland von 11,8 Prozent. Mengen und Gruppenzahlen nannte das Familienunternehmen nicht. Als Pils-Exporteur sei Warsteiner frühzeitig vom Lockdown in wichtigen Auslandsmärkten wie Italien, Frankreich und Asien betroffen gewesen, erklärte der Sprecher der Geschäftsführung, Christian Gieselmann. In Russland, den baltischen Staaten, den Niederlanden und den USA sei die Absatzentwicklung hingegen positiv verlaufen. „Unser strategisches Ziel, Warsteiner zu einer echten globalen Marke auszubauen, werden wir weiter konsequent verfolgen“, betonte er. Um die Existenz von Warsteiner müsse sich niemand Sorgen machen. „Als Familienunternehmen sind wir solide finanziert und haben eine gute Eigenkapitalquote.“ Investiert wird derzeit in die Marken der Herforder Brauerei. Zur Gruppe gehören die Paderborner Brauereien und Anteile an der König Ludwig Schloßbrauerei Kaltenberg. Gieselmann kündigte neue Produkte. u.a. bei alkoholfreien Bieren. an.

Mit der Marke Beck‘s kam Anheuser Busch Inbev in Deutschland gut durch den Lockdown. Auch deshalb startet das Unternehmen jetzt mit der Marke durch: Die Variante „Unfiltered“ ist seit kurzem im Markt präsent.