Bahnhof Gastro-Marken am Gleis

LS Travel Retail Deutschland schlägt im Frankfurter Hauptbahnhof einen neuen Weg ein. Der Händler, der traditionell auf Reisebedarf spezialisiert ist, tritt dort als Lizenznehmer mehrerer Verkehrsgastronomie-Konzepte auf und bündelt diese in einem Foodcourt.

Dienstag, 02. Juli 2013 - Bahnhof und Flughafen
Ulrike Pütthoff

Geplant war die Eröffnung für Ostern diesen Jahres, also Ende März. Schließlich zogen sich die Umbauarbeiten doch bis einige Tage nach Pfingsten hin. Zwei Monate Verzögerung bis die Frankfurter Markthalle den Betrieb aufnehmen konnte. Hinter Thomas Wiesel Geschäftsführer von LS Travel Retail Deutschland, Betreiber der neuen Markthalle, und seinem Team lagen ein knappes Jahr Planung und Umbauphase. Die Fläche in dem Kopfbahnhof wurde völlig entkernt, um ein offenes Gesamtkonzept zu installieren.

„Mit 1.000 qm Verkaufs- und ebenso viel Lagerfläche mit Küche und Technikraum im Untergeschoss ist das neue Gastromodell in seiner Größe einzigartig“, sagt Wiesel. LS Travel Retail erweitert damit sein Portfolio für Bahnhof- und Flughafenstandorte, wo das Unternehmen ursprünglich nur mit Buchhandlungen aktiv war. Aber das Geschäft ist in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden. In der Folge hat der Spezialist für Shops in Verkehrszentren sein Angebot erweitert. Über die Marken Relay und Virgin deckt er Presse und Buch ab. Unter dem Label Hub ist er im Conveniencebereich aktiv. Zudem gibt es standortspezifische Shop-Modelle. Insgesamt ist das Unternehmen mit 116 Geschäften an zehn Flughäfen und 45 Bahnhöfen vertreten.

Die Frankfurter Markthalle, die rein auf die Verkehrsgastronomie ausgerichtet ist, fällt dabei etwas aus dem Rahmen. LS Travel Retail ist dort Lizenznehmer von starken Gastronomie-Marken. Dazu gehören: Brioche Dorée mit typisch französischen Backwaren, Burger King, Erich Zeiss als regionale Traditionsmetzgerei, Kamps, Nordsee, My Indigo mit seiner Natural Energy Kitchen und Rustichelli & Mangione mit italienischen Spezialitäten. In Eigenregie managt LS Travel Retail die Coffee-Shops. Während Coffee Fellow (zum Jahresanfang hat der Spezialist für Reisebedarf deren Bahnhofsgeschäfte übernommen) dabei mehr das klassische Thekengeschäft mit Bar der To-go-Part zuzuschreiben ist, wurde die Heinzbar so konzipiert, dass sich Reisende, Pendler und Bahnhofsbesucher dort in Ruhe zurückziehen können. Natürlich werden alle Speisen und Getränke auch zum Mitnehmen angeboten. Außerdem gibt es für den schnellen Einkauf nach der Arbeit auch eine große Auswahl an Produkten für den Verzehr zu Hause: von Fleisch, Wurst und Fisch über Obst und Gemüse bis hin zu ofenwarmem Brot.

Alle Konzepte stehen aber unter der gemeinsamen Identität Frankfurter Markthalle. LS Travel Retail hat dabei zentrale Aufgaben gebündelt: Trotzdem gibt es für jeden Gast die passende Einkaufs- oder Verzehrmöglichkeit. Er findet zum Beispiel unterschiedliche Sitzgelegenheiten. Kunden, die gerne alleine essen oder es eilig haben, finden ihren Platz an einem der zahlreichen Tresen und Stehtische. Für Familien, Paare und auch größere Gruppen bietet die Markthalle klassische Zweier-, Vierer- und Sechser-Tische in der Lounge an, die für größere Gesellschaften auch zusammenschiebbar sind. Ebenso besteht die Möglichkeit, in bequemen Sesseln zu relaxen. Der gesamte Foodcourt verfügt über rund 200 Sitzplätze. In der Kinderecke gibt es Spielsachen und ein Raum zum Klettern und Toben. Geschäftsreisende finden in der Businessecke Steckdosen und können natürlich das im gesamten Markthallen-Areal verfügbare Wireless LAN nutzen. Bei schönem Wetter lockt eine Auß enterrasse.

LS Travel Retail legte bei der Planung zwar Wert auf eine stilistisch einheitliche Gestaltung, die Marken-Logos gehen darin aber nicht unter. Prominent sind sie schon beim Betreten der Fläche sichtbar. Über die Anordnung der einzelnen Gastrobereiche wird automatisch der Kundenlauf gesteuert, denn Rennerkonzepte wie Burger King oder Nordsee liegen beispielsweise im hinteren Teil der Fläche.

Zentrale Aufgaben bzw. Abläufe liegen in der Hand von LS Travel Retail. Das Unternehmen stellt die Mitarbeiter und hatte sie im Vorfeld soweit geschult, dass sie im Notfall auch als Springer an anderen Foodstationen einspringen können. Gebündelt wurde auch das Handling mit dem Geschirr: einsammeln, spülen und verteilen liegen in einer Hand. Nur eine Zentrale Bezahlstelle gibt es nicht. Das macht der Kunde an den jeweiligen Theken.

Der Frankfurter Hauptbahnhof ist mit (an Werktagen) täglich rund 350.000 Reisenden, Besuchern und Pendlern einer der bedeutendsten Bahnhöfe und die wichtigste Drehscheibe im Zugverkehr bundesweit. LS Travel Retail prognostiziert eine tägliche Besucherzahl in der Markthalle von etwa 3.000 bis 4.000 und hat dort im mittleren einstelligen Millionen-Bereich investiert und sich diesen Standort unmittelbar am Ende der Gleise für 20 Jahre per Mietvertrag gesichert. Die Lizenzverträge haben eine geringere Laufzeit, bestätigt Wiesel. Es ist also nicht auszuschließen, dass die Gastro-Marken im Laufe der nächsten zwei Jahrzehnte auch mal wechseln können. Vorerst aber verschwendet der Spezialist daran keine Gedanken. Er will das Konzept nach vorn bringen. „Langfristig wollen wir mit dem Bereich Gastronomie ein zweites großes Standbein schaffen“, gibt Wiesel die Richtung vor.