Seit einigen Monaten hat die Elektromobilität nicht zuletzt durch politischen Druck neue Schubkraft gewonnen. Die maßgeblichen Automobilhersteller haben allesamt zu Gunsten des Elektroantriebs das Ende des Verbrennungsmotors eingeläutet.
Einige Beispiele: VW will ab 2035 keine Verbrenner mehr verkaufen und den Anteil an reinen Elektroautos bis 2030 auf 70 Prozent erhöhen. BMW möchte bis 2030 die Hälfte seines Gesamtumsatzes mit E-Modellen erwirtschaften. Mercedes wird nach aktuellen Plänen ab 2025 seine Fahrzeugmodelle nur noch elektrisch offerieren. Opel nennt das Jahr 2028 als Enddatum für die Verbrennerfahrzeuge aus eigener Produktion. Und Audi lässt seine Verbrenner-Herstellung bis 2033 schrittweise auslaufen. Dem Verband der deutschen Automobilindustrie zufolge, werden die Hersteller in der Bundesrepublik bis 2025 satte 150 Milliarden Euro in die Elektromobilität investieren und 150 verschiedene E-Modelle im Markt einführen.
Diese Strategien sind konsequent. Denn die Politik macht ernst. Spätestens ab 2035 sollen in Europa nur noch Autos mit elektrischem Antrieb gebaut werden. So will es die Europäische Kommission und unterstreicht das auch in ihrem im Juli vorgestellten Klimapaket „Fit for 55“. Bis 2055 soll der Kontinent klimaneutral sein. Und dabei spielt die Elektromobilität eine tragende Rolle.
Ladeinfrastruktur wird entscheidend sein
Das Handeln von Wirtschaft und Politik entspricht dem Zeitgeist. Der ist unter anderem durch einen Boom beim Nachhaltigkeitsthema, das Erstarken der Grünen und die Erfolgsgeschichte der Fridays-for-future-Bewegung geprägt. In Umfragen ist eine schwindende Scheu vor dem Kauf von Elektrofahrzeugen erkennbar. Eine Erhebung der Management- und Technologieberatung Bearing Point ergab im August: „Ihr nächstes Auto wird ein Elektrofahrzeug sein.“ Davon gehen 22 Prozent der Deutschen aus. Bei den unter 25-Jährigen beträgt diese Quote sogar 27 Prozent. Hauptmotiv seien zu 46 Prozent ökologische Gründe.
In der EU-Administration ist angekommen, dass die Ladeinfrastruktur ein wichtiger Baustein ist, wenn es darum geht, die Verbraucher von den Vorzügen der Elektrofahrzeuge zu überzeugen. Das belegt zum Beispiel der „Mobilitätsmonitor 2021“, den das Meinungsforschungsinstitut Allensbach im Auftrag der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften erhoben hat. Bei dieser repräsentativen Befragung verstärkte sich das Bild, dass Elektrofahrzeuge noch den Ruf von Kurzstrecken-Vehikeln haben.
1.000 Schnellladehubs bis 2023
Ähnlich fielen die Ergebnisse der Studie „Elektrofahrzeuge und Nachhaltigkeit“ von Lease Plann zusammen mit dem Marktforschungsinstitut Ipsos, im Februar 2021 aus. Die deutsche „Reichweiten-Angst“ scheint im europäischen Vergleich besonders ausgeprägt zu sein. Der Mehrheit der Interviewten war die wachsende Reichweite der Fahrzeuge und die besser werdende Ladeinfrastruktur nicht bewusst. Vor dem Hintergrund solcher Umfragen, verpflichtet die Europäische Kommission die Mitgliedsländer zu E-Ladestationen im Abstand von 60 Kilometern an allen Fernstraßen. Das so genannte Schnellladegesetz bildet hier zu Lande die Grundlage für den gezielten Ausbau eines engmaschigen, deutschlandweiten Netzes von Schnellladepunkten. Nach den Vorstellungen des Bundesverkehrsministeriums muss die nächste Schnellladesäule innerhalb von zehn Minuten erreicht werden können. Bis 2023 sollen 1.000 Schnellladehubs aufgebaut sein. Am 15. September startet das Ausschreibungsverfahren, von dem sich regionale, kleine und mittelständische Betreiber angesprochen fühlen dürfen.