Zwei Tankstellen - eine Frau Wenn der Chef weiblich ist

Immer mehr Frauen erobern die Tankstellen. Heike Reinecke ist eine von ihnen. Mit viel Elan und Engagement leitet sie in Bochum zwei Tankstellen der mittelständischen Westfalen AG Gruppe: eine Markant- und eine Westfalen-Station.

Mittwoch, 21. Juli 2021 - Tankstelle
Silke Hoyer
Artikelbild Wenn der Chef weiblich ist
Bildquelle: Westfalen AG

Zwei Tankstellen – eine Frau: Geht das? Warum denn nicht. Für Heike Reinecke spielt ihr Geschlecht keine Rolle. Sie leitet in Bochum eine Westfalen Tankstelle und eine Markant Station. Beide gehören zum 260 Tankstellen umfassenden Netz der Westfalen AG Gruppe aus Münster. Eine Doppelbelastung, die die Tankstellen-Pächterin mit viel Elan, Engagement aber auch einer gewissen Leichtigkeit wuppt. „Tankstelle macht mir einfach großen Spaß“, sagt sie im Gespräch mit Convenience Shop.

Das wusste sie schon sehr früh. Bereits während ihrer Ausbildung zur Zahnarzthelferin hat sie an den Wochenenden an der Tankstelle gearbeitet, um ihr Lehrlingsgeld aufzustocken. Dann folgten insgesamt 14 Jahre, in denen sie zeitweilig mit ihrem Mann fünf Tankstellen geleitet und sich im Angestellten-Verhältnis Hintergrundwissen angeeignet hat. Bis sie dann im Jahr 2009 die Markant Tankstelle der Westfalen AG gepachtet hat: für Reinecke ein ganz bewusster Schritt zurück in die unternehmerische Freiheit, den sie konsequent genutzt hat. „Damals war der Kraftstoffmarkt sehr volatil. Darum habe ich anfangs alle halbe Stunde die Kraftstoffpreise meiner unmittelbaren Wettbewerber recherchiert, um meine Preise anzupassen. Eine zeitintensive Arbeit, die heute ein Computer übernimmt, aber mir damals einen Wettbewerbsvorteil verschafft hat und schlussendlich den Kraftstoffabsatz der Markant-Tankstelle enorm gesteigert hat“, berichtet die Pächterin stolz.

Zwei Tankstellen, eine Chefin
Nach diesem Erfolg war die Übernahme der zweiten Tankstelle aus dem Portfolio der Westfalen AG Gruppe für sie dann nur ein logischer Schritt. „Ich habe keine Sekunde gezögert, als mir das Angebot gemacht wurde – einfach, weil ich Tankstelle 14 Jahre gelernt hatte und nunmehr konnte.“ Außerdem sind die Unterschiede im Backoffice und im Shop-Sortiment zwischen der Markant und der Westfalen Tankstelle laut Reinecke nicht gravierend, sodass sie lediglich den Arbeitsplatz wechselt. „Einen Tag bin ich an der Markant mit ihrem 100 Quadratmeter großen Shop und elf Mitarbeitern und den nächsten Tag an der Westfalen Tankstelle, die einen 130 Quadratmeter großen Shop und 14 Mitarbeiter hat. Ich arbeite dort jeweils zu 100 Prozent und mit vollem Fokus“, betont sie.

Engagiert in der Ausbildung
Zusätzlich zur Leitung der Tankstellen übernimmt sie die Ausbildung von Tankstellen-Pächtern. Sie war sogar an der Entwicklung des aktuellen Ausbildungsplans beteiligt. Die Auszubildenden werden direkt ins Team integriert, übernehmen eigene Aufgaben und können die Tankstelle schnell so führen, als wäre es ihre eigene. Das nötige Hintergrundwissen bekommen sie mit Hilfe von Heike Reinecke durch separate Trainingseinheiten im Büro vermittelt. Für die Tankstellen-Pächterin Reinecke ist das keine zusätzliche Belastung: „Ich gebe gerne Wissen weiter und arbeite gerne mit Mitarbeitern zusammen, die neugierig sind und alles wissen wollen“, sagt die Tankstellen-Chefin. Sie könne sich schnell umstellen. Das helfe, die unterschiedlichen Arbeitspakete zu bewältigen.

Vielleicht ist es aber auch ihre Einstellung zur Arbeit – die Summe ihrer Lebenserfahrungen, die ihr Kraft geben. „Frauen können einfach alles, sie sind wahre Organisationsmeister im Berufs- und Familienleben“, sagt Heike Reinecke selbstbewusst. Und sie weiß, wovon sie redet. Sie selbst habe immer Vollzeit gearbeitet, auch mit Kindern. „Vor allem als selbstständige Tankstellen-Pächterin ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie möglich“, ist sie daher überzeugt. Und frau wird dadurch einfach stressresistent. Das zeigt auch ihr Führungsstil: vermittelnd, konstruktiv, klar und direkt, attestiert ihr eine Mitarbeiterin. Selbst die Sorgen der Corona-Zeit hat sie einfach in neue Ideen transformiert.

Mit klarem Kopf
Da sie durch das hohe Ansteckungsrisiko während der Pandemie keine Pächter ausbilden konnte, hat sie dieses Zeitfenster genutzt, um ihre Buchhaltung zu digitalisieren. „Ich habe mir einfach andere knifflige Themen gesucht, um mich auszutoben und um nach Corona gut aufgestellt zu sein.“ Sie hat am Bistro, den Shops, den Neuheiten und an anderen Shop-Themen gefeilt, dadurch einen klaren Kopf behalten und sich durch Corona nicht entmutigen lassen. Und tatsächlich: Die Auswirkungen durch die Pandemie waren in ihren Tankstellen gering. Diese Nach-Vorn-Strategie will sie auch in Zukunft nutzen.

Als nächstes steht das papierlose Büro auf ihrer Agenda, also die Digitalisierung des gesamten Office. Ein weiteres großes Thema ist die Einwegkunststoff-Verbotsverordnung, die jetzt im Juli des laufenden Jahres in Kraft getreten ist und bis 2023 umgesetzt werden muss: Es geht um Müllvermeidung und Alternativen für Plastik – eine umfangreiche Aufgabe, die die Westfalen AG und auch ihr persönlich am Herzen liegen. Auch diese Herausforderungen wird Heike Reinecke mit Hilfe ihres hohen Engagements sicherlich mit Bravour meistern.
Heike Reinecke hat eine Markant- und eine Westfalen-Tankstelle gepachtet. Beide sind in Bochum .