Dorfläden Von Babyboomern genutzt

Dorfläden haben eine große Zukunft, davon ist Dorfladenexperte Gröll überzeugt. Die Babyboomer werden sie künftig immer öfter nutzen.

Donnerstag, 28. Oktober 2021 - Kleinfläche
Martin Heiermann
Artikelbild Von Babyboomern genutzt
Bildquelle: Dorfladen-Initiative

Die vollständige Digitalisierung der Dorfläden wird eine eher untergeordnete Rolle spielen. Das prognostiziert Wolfgang Gröll, bundesweit tätiger Dorfladen-Berater, gegenüber dieser Zeitung. Vor allem in Ortschaften und Stadtteilen mit weniger als 1.000 Einwohnern sieht er für diese Formate deutlich geringere Chancen. Die Kombination aus klassischem und digitalem Dorfladen ist aus seiner Sicht dagegen durchaus ein Format mit Zukunft. Convenience Shop fragte Gröll zur Performance der Dorfläden in Zeiten der Corona-Krise und zu den Entwicklungsmöglichkeiten des Nahversorgerformats.

Convenience Shop: Wie sind die Dorfläden im Großen und Ganzen durch die Pandemie gekommen?
Wolfgang Gröll: Die Dorfläden haben durch die Pandemie mehrheitlich deutlich im Umsatz zugelegt.

CS: Welche Lehren oder auch Verbesserungen lassen sich für die Dorfläden aus der Corona-Krise ziehen?
Gröll: Insbesondere das regionale Sortiment, von den Kleinst-Direktvermarktern und Kleinst-Metzgereien bis zu den Kleinst-Bäckereien, hat bei Kundinnen und Kunden weiter klar an Bedeutung gewonnen.

CS: Welche positiven Beispiele für Dorfläden gibt es nach Ihrer Kenntnis in dieser schwierigen Zeit?
Gröll: Da lassen sich einen ganze Reihe von positiver Beispiele aufzählen. Einige davon sind der Dorfladen Deusmauer, Dorfladen Waal, Dorfladen Kirchdorf bei Siegenburg, Dorfladen Zeilarn, Dorfladen Julbach, Dorfladen Simonshofen, Dorfladen Krugzell, Dorfladen Hohenfels, Fritzla in Steinwiesen, Dorfladen Bötersen, Dorfladen Bokeloh, Dorfladen Otterstedt, Dorfladen Wald im Allgäu und weitere.

CS: Wird die Bedeutung der Nahversorgung weiter zunehmen?
Gröll: Spätestens wenn die so genannten Babyboomer in Rente gehen, werden die Dorfläden mit dem Regional-Schwerpunkt und dem Tagescafé beziehungsweise ihrem Bistro stark an Bedeutung gewinnen.

CS: Welche Rolle werden automatisierte oder hybride Ladenkonzepte spielen können?
Gröll: In Ergänzung zu dem ‚klassischen Dorfladen mit den Schwerpunkten Frische und Persönlichkeit sehen wir durchaus eine Entwicklungsmöglichkeit.

CS: Welche der in Deutschland gestarteten automatisierten Formate werden sich aus Ihrer Sicht hier zu Lande am Markt weiter behaupten können?
Gröll: In der reinen Form, wie sich diese automatisierten Formate präsentieren, sehen wir keine große Zukunft in den kleinen Dörfern mit 250 bis 1.500 Einwohnern. Beispielsweise sind das Format Teo von Tegut, das Edeka- oder das Rewe-Modell sehr kapitalintensiv im Bereich der Technologie. Sie sind aus meiner Sicht eher für stark frequentierte Standorte wie Bahnhöfe oder die Zentren größerer Ortschaften geeignet.

CS: Wie beurteilen Sie Tante Enso oder andere Vollautomatisierte Shops?
Gröll: Tante Enso, also das Konzept eines zeitweise mit Personal besetzten Verkaufsraumes, bietet nahezu ausschließlich Ware in Selbstbedienung an. Für die Gesamt-Attraktivität fehlt bei diesem Modell aus meiner Sicht allerdings die Frische im Bedienbereich. Tante M wiederum, ein reiner Selbstbedienungsladen mit niedriger Investitionssumme ohne Verkäuferinnen, hat eine relativ niedrige Kundenfrequenz. Automatisierte Konzepte wie Herr Anton, OHA oder andere sind derzeit für den Kunden aufgrund der sehr zeitaufwändigen Bedienung nur untergeordnete Alternativen.

CS: Wie wird nach Ihrer Einschätzung die Zukunft der Dorfläden aussehen?
Gröll: Stark an Bedeutung gewinnen werden die Dorfläden mit den Schwerpunkten Frische in Bedienung bei Fleisch- und Wurstwaren, Käse, Salaten und Backwaren in Kombination mit dem Dorfcafé- und Dorfbistro.