Interview Gelungener Spagat zwischen Nahversorger und Tankstelle - Foodservice an Tankstellen

Aus einem Ein-Mann-Betrieb ist in 100 Jahren eine Großhandlung mit 100 Mitarbeitern geworden: Utz ist heute Partner für Kleinflächen und Tankstellen-Shops und damit eine Basis für deren Erfolg. Doch der hängt sehr stark vom jeweiligen Betreiber ab, meinen Geschäftsführer Rainer Utz und Vertriebsleiter Jens Schröder.

Montag, 06. Juli 2015 - Kleinfläche
Ulrike Pütthoff
Artikelbild Gelungener Spagat zwischen Nahversorger und Tankstelle - Foodservice an Tankstellen

Wie bedienen Sie den Foodservice an Tankstellen?

Schröder: Die klassischen Sortimente sind leicht zu handeln, aber die Ultra-Frische braucht Aufmerksamkeit. Wir liefern in Fahrzeugen mit drei Temperaturzonen, also plus- und tiefgekühlt sowie trocken. Damit fahren wir gut, weil kleinere Chargen zu vernünftigen Kosten zu bewerkstelligen sind und wir unsere Kunden nur einmal ansteuern brauchen. Eine Herausforderung ist allerdings, die Tankstellenbetreiber für Ultra-Frische zu sensibilisieren und zu schulen, zumal wenn sie nicht einer großen Mineralölgesellschaft angeschlossen sind. Es geht nicht um Belegschulungen. Die wurden schon bis zum Exzess durchgeführt, sondern um einfache Dinge wie Kalkulation oder Umschlagsgeschwindigkeit. In der Regel produzieren unsere Kunden vor Ort, unsere Großhandlung liefert ihnen die Teiglinge über Lager und Strecke sowie alle Beleg-Zutaten, bei Bedarf auch alle Rezepte. Das machen wir der Qualität zuliebe. Die symbolische Fünf-Minuten-Terrine funktioniert nicht, sondern die hochwert igen Snacks.

Welche grundlegenden Unterschiede sehen Sie zwischen den Tankstellen- und Nahversorger-Konzepten?

Utz: Bei den Nahversorgern sprechen wir über Vertriebskonzepte, wie Dorfläden oder Um’s Eck. Bei Tankstellen sollten wir mehr von Modulen sprechen, etwa Kaffee- oder Backwarenmodule.

Schröder: Wir beraten sehr intensiv in den Sortimenten. Mit dem Konzept „Neu für Sie“ platzieren wir stets die neuesten Artikel in einem Regal; mit dem Modul „feel the energy“ präsentieren wir konzentriert die Renner in diesem Segment. Wein- und Frischemodule runden das Sortiment ab.

Von welchen Leistungen können Ihre Kunden noch profitieren?

Utz: Zum Beispiel übernehmen wir die gesamte Einweg-Retouren-Logistik und führen die werthaltigen Einweg-Verpackungen der Entsorgung zu. So kommt unsere Klientel wieder an ihr Geld, denn in der Regel hat sie keine Rücknahmeautomaten, die vernichten. Insofern ist Einweg relativ einfach, während Mehrweg mit seinen zahlreichen Gebindeeinheiten immer mehr ausufert. Das ist eigentlich nur für regionale Anbieter eine Alternative.

Der Erfolg der Nahversorger scheint mit dem Engagement der Politik zu stehen und zu fallen.

Utz: Grundsätzlich bewegen wir uns eher in einem schrumpfenden Markt. In der Nahversorgung kommen noch strukturelle Veränderungen dazu. Die Landflucht ist nicht das gravierende Problem, sondern wir können den einen oder anderen Laden nicht mehr besetzen, entweder weil sich der Standort nicht rentiert oder sich kein Betreiber findet.

Schröder: Aber wir stellen auch fest, dass verwaiste Standorte wiederbelebt werden, etwa als Dorfladen. Das bedeutet nämlich erhöhte Lebensqualität. Auf dem Land ist sicher noch keiner verhungert. Dort geht es mehr um Kommunikationsmittelpunkte, und dafür schließen sich die Bürger gern zusammen. Die Projekte können allerdings nicht von heute auf morgen geöffnet werden. Da sind verschiedene Interessen und Instanzen unter einen Hut zu bringen. Der Abstimmungsprozess kann schon mal von einem Vierteljahr bis zu zwei Jahren dauern. Bei privaten Betreibern geht das oft sehr zügig. Dorfläden haben auch grundsätzlich eine andere Akzeptanz, als jemand, der sich selbstständig macht. Aber Solidarität allein reicht nicht, wenn der Dorfladen nicht richtig betrieben wird.

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Bild öffnen Rainer Utz (rechts) und Jens Schröder treten für für ein breites Portfolio der Kleinflächen an.
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