Trends International Der Convenience-Boom Weltweit erfolgreich

In den vergangenen Monaten häuften sich die Erfolgsmeldungen aus den Convenience-Märkten in aller Welt. Grund genug für die Akteure hier zu Lande, sich diesbezüglich stärker auf dem Laufenden zu halten. Convenience Shop erläutert einige der wichtigsten globalen Entwicklungen.

Dienstag, 14. Juli 2015 - International
Hans Jürgen Krone
Artikelbild Der Convenience-Boom Weltweit erfolgreich

Betreibern von Convenience-Shops, ob sie Einzelkämpfer sind oder in großen Unternehmen organisiert, bleibt wenig Zeit für strategische Planungen. Sie sind ganz auf die schwierige Aufgabe konzentriert, die Rentabilität ihrer kleinen Flächen, die ungleich schwerer herzustellen ist als im normalen Lebensmittel-Einzelhandel, zu gewährleisten. Das hört man immer wieder im Gespräch mit nationalen und internationalen Branchen-Playern. Nur wenige große Unternehmen können es sich leisten, sich auf internationalem Parkett intensiv nach neuen Ideen und Inspirationen umzusehen. Einige globale Events bringen Betreiber aus aller Welt zusammen, wie beispielsweise die NACS-Show der National Association of Convenience Stores in den USA. Bis vor einigen Jahren hat Convenience Shop regelmäßige Leserreisen dorthin veranstaltet, um diesen Austausch zu fördern. Doch eine fünftägige Reise in die USA, vielleicht sogar noch nach Las Vegas, steht bei vielen Entscheidern auf de r Lust-reise-Verdachtsliste und hat heutzutage kaum Chancen auf Genehmigung. Das ist bedauerlich, denn eine ganze Reihe der heute in der Branche etablierten Konzepte haben ihren Ursprung auf diesen Reisen oder wurden in diesem Rahmen zumindest entscheidend verbessert oder finalisiert.

Zeit also umzudenken und wieder stärker auf internationale Inspirationen zu setzen, in welcher Form auch immer. Schließlich ist es möglich, sich online auf dem Laufenden zu halten, manchmal sogar online live dabei zu sein und Kontakte zu knüpfen. Auf allen Kontinenten der Erde werden neue Shop-Konzepte realisiert. Eine Adaption deren erfolgreichster Ideen kann sich auch ganz konkret auf den wirtschaftlichen Erfolg hiesiger Shops auswirken. Das in diesem Zusammenhang oft gehörte Argument, die internationalen Bedingungen seien einfach nicht miteinander vergleichbar und Ideen aus Australien oder Japan in Europa deshalb wenig brauchbar, greift viel zu kurz. Schließlich sollte man sich ansehen, mit welchen Strategien die Convenience-Händler weltweit auf Herausforderungen reagieren, wie sie sie umsetzen und weiterentwickeln und was sie für sich damit erreichen. Die Herangehensweise ist entscheidend. Die spezifische Umsetzung im eigenen Land muss man schon selber m achen, aber das dürfte für die Convenience-Spezialisten in Industrie und Handel hier zu Lande eigentlich kein Problem sein.

Aktuell geht es international nicht nur darum, das Convenience-Geschäft mit Konzept- und Produkt-Innovationen voranzubringen. Es müssen auch die Begehrlichkeiten vieler Wettbewerber in die Schranken gewiesen werden. Denn von Australien bis Europa ist es den Unternehmen des Lebensmittel-Einzelhandels, den Systemgastronomen, Fast-Casual-Anbietern, auch Drogeriemarkt- und 1-Dollar-Shop-Betreibern sowie Bäckern und anderen nicht verborgen geblieben, wie man mit den Tugenden des Convenience-Handels Geld verdient.

Sowohl diese Wettbewerber als auch die derart attackierte C-Branche gehen weltweit überraschend mit diesem Wettbewerb um. Vertreter des Lebensmittel-Einzelhandels verkünden nur noch selten, dass man die Entwicklung des C-Handels zu Gunsten des eigenen Geschäfts bremsen will. Stattdessen reihen sich beispielsweise große Handelsunternehmen wie Tesco oder Carrefour mit internationalen Verbindungen und Dependancen in vielen Ländern wie selbstverständlich in die Branche ein.

Sie forcieren ihr Kerngeschäft und treiben dennoch das ursprünglich als lästige Konkurrenz angesehene Convenience-Business weiter voran. Das gilt auch für viele nur national tätige Handelsunternehmen. Sie tun das, weil sie wissen, dass Convenience-Stores sich auf besondere Art und Weise bei ihren Kunden als Problemlöser profiliert haben, was sie in ihren Supermärkten so nicht leisten können. Wenn also das brasilianische Handelsunternehmen Pao de Acucar im Heimatland ein neues Konzept mit dem Namen Minuto entwickelt hat, dann zielt das eben auf die Möglichkeit, einen sehr schnellen Einkauf für die Kunden zu ermöglichen. Für viele Verbraucher ist das der Kern von Convenience.


Eine klare Botschaft sendete 2014 auch Carrefour mit der Eröffnung seiner ersten Convenience-Stores in Shanghai namens Easy, der sich jetzt gegen Wettbewerber anderer Betreiber namens Alldays oder Quik behaupten muss. In Europa lässt Delhaize mit seinem Convenience-Shop am Brüssler Bahnhof namens Shop’n go auch keinen Zweifel über das zentrale Service-Versprechen aufkommen. Die Convenience-Branche selbst setzt in dieser Wettbewerbs-Situation verstärkt auf Kooperation statt auf Abgrenzung. Das gilt natürlich weniger dort, wo ein neuer Store einem traditionellen Convenience-Geschäft das Wasser abgräbt, sondern eher auf strategischer Ebene. So stellen von Südamerika bis Kanada und in fast allen anderen Erdteilen beispielsweise Mineralölgesellschaften ihre eigenen Tankstellen-Shops zumindest testweise auf die Convenience-Formate von Einzelhändlern um.

In Europa gibt es in Polen aktuell die ersten Tesco Express-Stationen an Orlen-Tankstellen und in den Niederlanden wird es wohl nicht allzu lange dauern, bis die AH to- go-Shops von Albert Hein an Tankstellen heimisch werden. Hier reiht sich auch der deutsche Test von Rewe to go-Shops an Aral-Tankstellen ein. Alle beteiligten Unternehmen erhoffen sich davon eine Win-Win-Situation, mit der sie sowohl ihr Kerngeschäft befeuern, als auch möglichen Zusatzumsätze generieren wollen, die ihnen sonst entgangen wären. Bei dem einen oder anderen greift natürlich auch die Erkenntnis Raum, dass es auch Kompetenz-Probleme im Retail-Geschäft gibt. Eine Vernetzung zwischen den Systemen findet natürlich auch dadurch statt, dass weltweit, gerade auch in Schwellenländern, Franchise-nehmer gesucht werden, die diese Stores betreiben können. Das sind häufig solche Händler, die selbst oder deren Eltern bisher mit kioskartigen Läden der jeweiligen nationalen Ausprägung i hr Geld verdient haben und jetzt mit modernen Convenience-Stores die Zukunft gewinnen wollen. Sie sind ebenso an Tankstellen- und Bahnhofsläden interessiert wie an City-Shops, ländlichen Nachbarschafts-Läden oder Supermärkten. Und viele, die ein eigenes kleines Imperium aufbauen, sind in all diesen Bereichen aktiv oder wechseln zwischen den unterschiedlichen Systemen.

Das weltweit steigende Interesse an den Convenience-Shops ist natürlich vor allem auch auf den wirtschaftlichen Erfolg der Stores zurückzuführen. Dass dazu besonders hohe Wachstumsraten in China gehören, war zu erwarten, aber selbst in Afrika, im australischen Outback oder auf den Philippinen gibt es spannende Erfolgsgeschichten. Aus den USA, wo Convenience-Shops etwa Mitte der 20er Jahre sozusagen erfunden wurden, kommen ebenfalls weiterhin besondere Erfolgsmeldungen. Waren seit Ende der 90er Jahre die Wachstumsraten dort oft sehr bescheiden, konnte 2014 in der Branche ein Umsatz von etwa 215 Mrd. Dollar verzeichnet werden, mehr als im bisherigen Rekordjahr 1998. Das erstaunliche Umsatzwachstum von fast 5 Prozent resultierte dabei nach Aussagen von Fachleuten gleichmäßig aus dem Retail- und Foodservice-Geschäft und strafte alle jene Lügen, die auch in den USA behaupteten, das Retail-Geschäft sei im Convenience-Geschäft auf dem Rückzug und man setze hier stattdessen nur noch auf das Gastro-Geschäft.

Der weltweite Marktführer 7-Eleven, seit langem in Form der 7&i-Holding in japanischer Hand, muss sich nicht nur in den USA, sondern weltweit offenbar nur wenig mit Akzeptanz-Problemen beschäftigen. Das Unternehmen hat etwa 56.000 Convenience-Stores in aktuell 16 Ländern der Welt und setzt weiterhin auf Expansion und Optimierungen bei Shop-Konzepten und Sortimenten. Neuester Coup des Konzerns ist laut Arabian Business.de die für September geplante Eröffnung eines ersten 7-Eleven in Dubai, der höchstwahrscheinlich viele andere in der ganzen Region folgen werden.


10 globale Convenience Trends

  1. Nahversorger werden wieder zunehmend als Garant für Lebensqualität in menschlichen Gemeinschaften betrachtet.
  2. Convenience Shops sind wichtige Partner, wenn es darum geht, in abgelegenen und ländlichen Gebieten wirtschaftliche Entwicklung zu fördern und zu sichern.
  3. Die großen Konzerne des Lebensmittel-Einzelhandels kehren mit modernen Shop-Konzepten in das kleinflächige Handels- Format zurück und sind damit weltweit erfolgreich.
  4. 7-Eleven, weltweit Marktführer des organisierten Convenience-Handels, wird seiner Rolle als globaler Schrittmacher in diesem Geschäft mit kluger Expansions-Politik und intelligenten Shop- und Sortiments- Konzepten gerecht.
  5. Convenience-Konzepte müssen sich weltweit auf sehr unterschiedliche Kundenwünsche ihrer jeweiligen Kernzielgruppe einstellen, sie sind dabei immer Problemlöser. 10 globale Convenience Trends
  6. Shop-Betreiber sind immer auf der Suche nach Partnern, mit denen sie gemeinsam die Bedürfnisse von Kunden noch besser und qualifizierter erfüllen können. Dabei wird manch vermeintlicher Wettbewerber zum strategischen Kompagnon.
  7. Zentrales Kundenbindungsinstrument für Shop-Betreiber weltweit sind nach wie vor Dienstleistungen. Dabei spielen postalische Services eine Schlüsselrolle.
  8. In den vergangenen Jahren konnten weltweit in vielen Convenience-Märkten Rekord-Umsätze oder zumindest beeindruckende Steigerungsraten verzeichnet werden.
  9. In größeren Ballungszonen gibt es inzwischen heftige Verdrängungswettbewerbe, oft zwischen modernen C-Stores, einheimischen Kiosken und traditionellen Nahversorgern, aber auch zwischen den Shops selber.
  10. Weltweit wollen Wettbewerber der Convenience-Shops, von Drogeriemärkten und 1-Dollar-Shops über Fast-Casual- Gastronomie mit Retail-Konzept bis hin zu Bäckereien, vom Boom der Branche profitieren und treten mit neuen Gestaltungsideen und Sortiments- Konzepten an. Immer mehr Discounter sind der Überzeugung, dass sie auch mit zusätzlichen Convenience-Konzepten, die nicht vor allem auf Preis setzen und mit convenience-tauglicher Größe und Ladenlayout arbeiten, ihre Zukunft sichern müssen.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen
Bild öffnen