E-Mobilität Schon eine ganze Nasenlänge voraus

In der öffentlichen Diskussion um Elektromobilität kommen leichte E-Fahrzeuge bisher kaum vor. Der Bundesverband E-Mobilität will das jetzt ändern.

Samstag, 10. September 2022 - Tankstelle
Thomas Klaus
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Bildquelle: Opel

Ob Convenience-Shop-Verantwortliche und vielleicht auch Lieferdienste für ihre Transportzwecke auch an so genannte leichte E-Fahrzeuge in ihre Überlegungen und Planungen mit einbeziehen sollten? Von Hans Sigl, dem Präsidenten des Bundesverbandes E-Mobilität, BEM, kommt auf die Fragestellung ein klares Ja. Die Fahrzeug-Klassen L1e bis L7e, die unter die Klassifizierung Leicht Elektro Mobil (LEM) fallen, seien ein zu wenig wahr genommenes Segment. Vor allem aber auch bieten seiner Einschätzung nach die Klassen L6e und L7e eine Chance für die Logistik.

Vorteile im urbanen Bereich
Unter die Klassen L1e bis L7e fallen unter anderem E-Roller, Mofas, Golf-Caddys, mehrspurige dreirädrige und vierrädrige E-Fahrzeuge für den Personen- und Gütertransport, die allesamt für Höchstgeschwindigkeiten mehr als 25 Stundenkilometer zugelassen sind. Leichtfahrzeuge hätten insbesondere im urbanen Bereich große Vorteile, meint Sigl. Dazu gehörten unter anderem weniger Geräusche sowie die Platzersparnis beim Parken und damit die Vereinbarkeit zu intermodalen Verkehrslösungen von Bus und Bahn. „Auch in Sachen Primärenergieverbrauch“, fügt der BEM-Chef hinzu, „sorgen diese Fahrzeuge für eine erhebliche Energie- und Umweltentlastung. Deshalb sind sie den E-Autos sogar eine Nasenlänge voraus.“

„Differenzierung und passgenauen Einsatz“
Der Bundesverband E-Mobilität hält die leichten E-Fahrzeuge für so spannend, dass er ihnen seit Februar eine eigene „Sonderkommission“ widmet. Geleitet wird diese von BEM-Vorstand Markus Emmert. Seine Einschätzung: „Bis 2035 können in Deutschland mindestens fünf Millionen Bestandsfahrzeuge adäquat durch Leichtfahrzeuge ersetzt werden, die im Personenverkehr und in der Logistik zum Einsatz kommen.“ Schließlich gelte: „Ein Zweitonnen-Fahrzeug zu bewegen, um etwa zwei Zehn-Kilo-Taschen im Stadtbezirk von A nach B zu bringen, ist ökologischer Unsinn.“ Moderne Verkehrslösungen, davon zeigt sich Emmert überzeugt, zeichneten sich durch „Differenzierung und passgenauen Einsatz“ aus.

Der Rocks-e fährt voran
Zu den Fahrzeugen der Klasse L6e, die für die Bedürfnisse der Convenience-Shop-Unternehmer interessant sein könnten und deren Entwicklung am weitesten fortgeschritten ist, zählt der Opel Rocks-e. Der Rocks-e, der zusätzlich in einer Kargo-Version speziell für die Auslieferung verkauft wird, ist mit 2,41 Metern halb so lang wie ein Mittelklasseauto und soll nicht zuletzt mit seinem Wendekreis von lediglich 7,20 Metern überzeugen. Ein Clou nach Darstellung des Herstellers: Das maximal 45 Stundenkilometer schnelle Vehikel darf bereits mit dem Rollerführerschein AM gefahren werden. Das bedeutet: Mit dem Rocks-e könnten zum Beispiel Schüler-Aushilfen ohne „richtigen“ Führerschein für eine Warenauslieferung losgeschickt werden. Allerdings werden die ersten Rocks-e nicht vor Ende dieses Jahres oder Anfang 2023 auf den Straßen unterwegs sein.

Eine überschaubare Auswahl
Insgesamt listet der BEM drei Fahrzeuge der Klasse L6e auf: neben Opel Rocks-e, den Paxter von Öko Flitzer und den Twike 5 und zwei der Klasse L7e: den Microlino und Tropos Able XT. Alle diese Fahrzeuge kommen grundsätzlich für den Einsatz rund um den Convenience-Shop in Frage, so der Bundesverbandes E-Mobilität. Und er fordert finanzielle Hilfen vom Staat für deren Anschaffung. Diese sind allerdings bisher noch nicht in Sicht.