Fleischalternativen Die ganz neue Vielfalt ohne Verzicht

Im wachsenden Markt der Fleischalternativen ist mit Plant-based-Produkten, Hybriden und künstlichem Fleisch viel Bewegung bis in die C-Stores gekommen. Die Hersteller setzen auf Soja-, Weizen- oder Erbsenprotein und verbessern ihre Produkte laufend – auch für Flexitarier.

Samstag, 30. März 2024 - Nahversorgung
Sabine Wygas
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Bildquelle: Unilever

Fleischersatz-Produkte ist auch in Convenience-Shops ein deutlich zunehmender Gegentrend zum noch immer starken Fleischkonsum. Doch auch bei Fleischerzeugnissen setzen die Käufer zunehmend auf gehobene Produktqualität, gezielte Auswahl und bewussten Genuss. Im Jahr 2022 haben die Herstellerunternehmen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr
6,5 Prozent mehr Fleischersatzprodukte produziert. Verglichen mit 2019 stieg die Produktion sogar um fast 73 Prozent, so das Statistische Bundesamt, Destatis. Die Tendenz ist weiter steigend. Die Hersteller lancieren zudem neue Produkte mit originellen Zutaten und in verschiedenen Geschmacksvarianten, um Abwechslung auf den fleischlosen Teller zu bringen. Im Fokus der Käufer stehen achtsamer Konsum und vielfältige Auswahl. Angesprochen werden vor allem die wachsende Gruppe der Flexitarier und Menschen, die sich darüber hinaus dauerhaft vegan und vegetarisch ernähren.

Fleischloses Gyros und Veggie Salami
Insbesondere Startups mischen den Markt immer wieder auf. Wie zum Beispiel das junge Berliner Unternehmen Nosh-bio, das fleischloses Gyros aus
einem gezüchteten Fadenpilz herstellt. Doch auch etablierte Player investieren – teils mehr, teil weniger stark – ins Plant-Based-Segment, um neue Käufer zu erschließen. Während die Campofrio Food Group einen Veggie Chorizo Griller auf Basis von Kürbis und Champions anbietet, hat Jack Links, LSI Germany, mit der Marke Bifi drei Produkte basierend auf Weizenprotein im Sortiment: Veggie Salami, Veggie Roll und Veggie Carazza.

„Nachdem wir im vergangenen Jahr knapp zwanzig neue Produkte gelauncht haben, haben wir auch in diesem Jahr einiges in der Pipeline – Details können wir allerdings noch nicht verraten“, erklärt Claudia Hauschild, Leiterin Unternehmenskommunikation und Nachhaltigkeitsmanagement bei
 Rügenwalder Mühle. Man nutze als Basis für die veganen und vegetarischen Produkte am häufigsten Soja und Weizen sowie Erbsen und Sonnenblumenkerne. „Soja beziehen wir inzwischen zu 30 Prozent aus eigenem Anbau aus Deutschland, auch den Weizen beziehen wir Größtenteils aus Deutschland.“

Sojaprotein aus Deutschland
Der regionale Anbau sei ein Grund für die Auswahl der Rohstoffe. Zudem sei Soja als Protein geschmacklich am neutralsten, um einem authentischen Fleischgeschmack nahe zu kommen. „Erbsen haben hier beispielsweise einen sehr starken Eigengeschmack“, so Hauschild. Außerdem könne der menschliche Körper Sojaprotein sehr gut verwerten. „Wir haben diesen gesellschaftlichen Wandel, der sich damals wirklich noch in der Nische befand, als Chance gesehen, nicht als Bedrohung. Für uns war es wichtig, sich dieser Herausforderung zu stellen, denn Themen wie der Klimawandel oder die Massentierhaltung betreffen uns alle.“ Im Segment veganer und vegetarischer Fleischalternativen seien Veganes Mühlen Cordon Bleu, vegetarische Mühlen Würstchen und veganes Mühlen Hack die beliebtesten Produkte, teilt das in diesem Marktsegment profilierte Unternehmen mit.

„Die Bio-Zentrale hat ihr Sortiment erst kürzlich um zwei Neuprodukte erweitert: gewürztes veganes Hack und vegane Filetstreifen auf Basis von Bio-Soja, das aus Österreich kommt“, sagt Anja Leebmann, Marketingleitung des Unternehmens. Im Bereich der Bio-Produkte für Schulkinder plane man für Mai dieses Jahres die Einführung einer veganen Bolognese-Sauce auf Linsenbasis. „Viele Menschen sind der Überzeugung, dass eine fleischlose Ernährung vor allem Verzicht bedeutet. Diese Sichtweise gehört unserer Ansicht nach schon längst der Vergangenheit an“, macht Leebmann deutlich.

The Vegetarian Butcher wird vegan
Bei The Vegetarian Butcher gibt es in diesem Jahr
eine entscheidende Veränderung: Das Unternehmen bietet ab sofort ausschließlich Speisen auf rein pflanzlicher Basis an. „Letztes vegetarisches Produkt war der No-Beef-Burger,“ erklärt Alexander Rohrberg, Culinary Fachberater bei Unilever Food Solutions & Langnese. Ab Mitte Mai lanciert das Unternehmen die No-Bratwurst, ebenfalls mit überarbeiteter, veganer Rezeptur. Rohrberg: „Gerade in der Betriebsverpflegung steigt die Nachfrage nach pflanzlichen Alternativen, darauf reagieren wir natürlich.“ Vegane Produkte lassen sich demnach vielfältig in die Küchenprozesse integrieren. Ob als Ready-to-eat-Komponente, im Kombidämpfer, im Kaltansatz oder zur parallelen Zubereitung von vegetarischen Gerichten und klassischen Versionen mit Fleisch. „Bei unserem Rezept für den Bayerischen Blitz Burger kann durch den Austausch von nur einer Komponente, dem Burger-Patty, ein veganes Gericht angeboten werden.

Für die Shop-Bistros
Interessant sei das natürlich auch für Convenience-Shops beispielsweise an Tankstellen oder in Bäckereien, so Rohrberg. Gemeinsam mit der Düzgün-Gruppe, einem führenden Hersteller von Döner-Spießen, habe das Unternehmen zudem einen Plant-based Kebab-Spieß entwickelt, der sich weder in Geschmack, der Textur noch in der Handhabung vom Original mit Fleisch unterscheide.

Alle Endori-Produkte basieren dagegen auf Erbsen als Proteinquelle. „Aber vor allem die proteinreiche Mischung aus Erbsen, fermentierten Pilzen und Weizen bringt uns bei den neuen Produkten, wie zum Beispiel der veganen Chicken-Range, Top-Ergebnisse in Sachen Geschmack und Textur“, erläutert Matthias Stienken, Managing Director des Unternehmens. Während der Umsatz von Soja um
13 Prozent gesunken sei, habe die Kategorie Gemüse/Kräuter/Pilze einen Anstieg von 36 Prozent verzeichnet, weiß Stienken.

Unmittelbar nach Einführung der neuen Flavor Range Veganes Chicken ist Endori mit veganem Schnitzel, Hackfleisch und Chicken Nuggets fürs Kühlregal ins neue Jahr gestartet. „Ganz aktuell ist unsere vegane Bratwurst, die mit neuer Rezeptur und neuem Look ab April dieses Jahres im Handel erhältlich ist.“ Textur und Optik kommen laut Stienken dem Original verblüffend nahe: „Grund ist unter anderem der Einsatz eines neuartigen Alginatdarms, einer essbaren Hülle als innovative Alternative zu Cellulose, Collagen sowie Natur- und Schäldarm.“

Fleischhybride und Laborfleisch
Viele aktuelle Studien zeigen, dass vor allem im Convenience-Bereich auch Fleischhybride auf dem Vormarsch sind. Dabei konkurrieren Snacks mit Hähnchenfleisch sowie pflanzlichen Zutaten, Würstchen mit Schweinefleisch und Gemüse sowie kombinierte Rindfleisch-Veggie-Burger um den Platz im Shop oder auch im Bistro.

Bei künstlichem Fleisch erzeugt im Labor überwiegt der Studie zur Folge hier zu Lande nur bei den 30– bis 39-jährigen Befragten eine positive Einstellung. Jeder zweite Deutsche findet die Herstellung im Labor sogar verwerflich. Auch wenn Laborfleisch hilft, Tierleid zu vermeiden, was immerhin für 74 Prozent der Befragten ein wichtiges Kriterium ist, spielen auch Nachhaltigkeit für 63 Prozent und Klimaschutz für 62 Prozent einen wichtige Rolle.