Lekkerland Endverbraucher im Mittelpunkt - Wettbewerbsumfeld

Der neue Lekkerland CEO Patrick Steppe hat viel vor. Im Exklusiv-Interview mit Convenience Shop erläutert er, mit welcher Strategie er den Frechener Convenience-Großhändler noch besser positionieren will. Stichwort: Retail Enablement.

Donnerstag, 04. Mai 2017 - Großhandel
Hans-Jürgen Krone
Artikelbild Endverbraucher im Mittelpunkt - Wettbewerbsumfeld
Bildquelle: Carsten Hoppen

Hat sich das Wettbewerbsumfeld sowohl für Sie als auch für Ihre Kunden deutlich verschärft?

Steppe: Ja, das kann man sagen. Der Bereich Convenience wächst. Aber der Erfolg von Convenience-Konzepten ruft eben immer mehr Wettbewerber auf den Plan. Früher hatten die Tankstellen die Kunden nach dem frühen Ladenschluss für sich. Das kann dazu beigetragen haben, dass sich diese Branche zu wenig angestrengt hat, ihre Konzepte weiterzuentwickeln. Andere Anbieter kommen jetzt mit solchen neuen kreativen und innovativen Konzepten und viele Tankstellen haben deshalb ihre relative Wettbewerbsfähigkeit verloren. Trotzdem haben sie immer noch sehr positive Merkmale und große Vorteile.

Welche sind das aus Ihrer Sicht?

Steppe: Die Kundenfrequenz ist einfach da. Andere müssen sich zunächst vor allem darüber Gedanken machen, wie man die Verbraucher überhaupt in die Läden bekommt. Tankstellen bieten immer noch ein sehr bequemes Einkaufserlebnis. Sie besitzen neben der hohen Frequenz weitere ganz entscheidende Vorteile wie immer noch lange Öffnungszeiten, Parkplätze, Geschwindigkeit und Einfachheit. Das Angebot ist gut überschaubar. Das Problem ist nur, zu viele tanken nur und kaufen kaum etwas. Der durchschnittliche Einkaufsbon in den Shops ist nach wie vor gering, der Anteil an Tabak hoch. Wie bringt man also diese Kunden, die nur tanken oder jene, die an Tabakwaren interessiert sind, dazu, auch Food-Produkte zu kaufen? Dafür müssen wir neue Ansätze entwickeln.

Das machen natürlich auch die Handelsunternehmen, die sich jetzt mit eigenen Shop-Konzepten in diesem Markt engagieren. Haben die einen großen Vorteil, dass sie über sehr bekannte Retail-Marken verfügen, denen die Endkunden vertrauen?

Steppe: Für das Betreiben eines Convenience-Shops ist die Marke nur ein Aspekt von vielen. Es geht darum, wie die Lieferkette organisiert ist, welche Kosten die Lieferung, die Annahme der Ware, die Bestellung etc. verursachen. Was sind die Einstandspreise, wie sieht das Sortiment aus, wie läuft das gesamte Geschäft und wie ist es mit der Profitabilität? Man kann eine tolle Marke haben und 10 Prozent mehr verkaufen zu Preisen, die 15 Prozent niedriger sind. Man braucht aber mehr Personal, hat mehr Abschriften und am Ende verdient man weniger. Die meisten sind schließlich im Business um Geld zu verdienen und nicht um Umsätze zu machen. Es kommt, wie gesagt, darauf an, dass der Tankstellen-Shop profitabel ist, und im Zentrum der Bemühungen muss stehen, dass er langfristig profitabel wächst. Dabei geht es auch um das gesamte Konzept inklusive Supply Chain. Eine Tankstelle muss ganz anders beliefert werden als ein Supermarkt, wo der Lkw etwa über eine Rampe einfach nur andockt. Der Fahrer holt ganze Paletten heraus und fährt weiter. Bei einer Tankstelle geht es aber um kleine Volumina. Wenn C-Shops mit einer Supermarkt Supply Chain beliefert werden, hat das zur Folge, dass der Lkw öfter kommen muss und damit höhere Kosten für die Abwicklung in der Tankstelle erzeugt.

Sie haben auf diesem Gebiet als Großhändler über Jahrzehnte Know-how aufgebaut. Lässt sich das einfach kopieren?

Steppe: Wir glauben, dass es nicht so einfach ist, in ein solches Geschäft einzusteigen und sehr schnell erfolgreich zu sein. Denn was ist Erfolg? Mehr Umsatz zu machen, neue Kunden zu gewinnen und dafür Bestandskunden zu verlieren, oder besteht er nicht darin, darauf aufzubauen, was man heute schon hat und dafür die Profitabilität zu steigern? Wir haben bei Lekkerland einen zeitgemäßen Apparat aufgebaut, der funktioniert. In Ländern wie Belgien oder den Niederlanden nutzen übrigens große Handelsunternehmen unsere Supply Chain für die Belieferung ihrer Shops, weil das unsere Kernkompetenz ist und nicht ihre.

Wo liegt aus Ihrer Sicht aktuell das Hauptproblem der Tankstellen-Shops?

Steppe: Wenn Sie die Shop-Umsätze der Tankstellen in den vergangenen fünf bis sechs Jahren betrachten, dann bewegen die sich immer so etwa um die 8 Mrd. Euro. Aber die Umsätze mit Food gehen leicht zurück, die Tankstellen verlieren Marktanteile im Foodbereich. Deshalb wollen wir zeigen, dass hier mehr geht.

Wie machen Sie das?

Steppe: Unser Ansatz lautet „Retail Enablement“. Wir stellen unsere Kunden, ihre Bedürfnisse und Anforderungen, in den Mittelpunkt. Wir möchten ihre Shops noch attraktiver für Konsumenten und damit noch erfolgreicher machen. Daher setzen wir auf Lösungen, die ihnen helfen, im Wettbewerb zu bestehen. Konkret bieten wir beispielsweise verschiedene Foodservice-Konzepte und -Schulungen an. Unser neues ganzheitliches Test-Konzept Frischwerk ist ebenfalls ein Beispiel hierfür. Auch Unterstützung bei der Sortiments- und Shopgestaltung bieten wir: Im Rahmen unserer Vermarktungskonzepte, die wir im vergangenen Jahr ausgebaut haben, geben wir den Betreibern die besten Sortimente und die Platzierungsanweisungen im Bereich Getränke und Süßwaren vor. Als erstes analysieren und überprüfen wir das Sortiment. In den meisten Fällen nehmen wir Artikel aus dem Sortiment heraus. Das Angebot ist oft zu breit. Wenn wir die umgebauten Tankstellen mit den nicht umgebauten vergleichen, sehen wir einen deutlichen Unterschied. Eine umgebaute Tankstelle hat beispielsweise beim Süßwarenumsatz ein zweistelliges Wachstum gegenüber einem nicht umgebauten Shop. Nur mit einem klaren, professionellen Category-Management schafft man es, mehr zu verkaufen.

Mit Ihrem Konzept Frischwerk wollen Sie ganzheitlich zeigen, wie man es besser macht?

Steppe: Mit unseren beiden Test-Shops unter der Marke Frischwerk wollen wir demonstrieren, dass die Branche mehr Möglichkeiten hat. Wir müssen sie nur angehen. Dabei gibt es drei wesentlich Treiber: Atmosphäre, Sortiment und Umsetzung des Konzepts. Auf diese drei Elemente setzen wir in starkem Maße bei Frischwerk.

Soll Frischwerk als eigene Shop-Marke installiert werden?

Steppe: Wir bieten unterschiedliche Dienstleistungen an. Und mit Frischwerk testen wir jetzt eben auch einen kompletten Store. Der Fokus liegt dabei sehr stark auf Foodservice, das kann eine sehr guter USP für die Tankstelle werden: Gute Qualität zu ähnlichen Preisen wie der Wettbewerb sie anbietet, darum geht es.

Also künftig weniger Supermarkt und mehr Bäcker?

Steppe: Wenn man aus den Shops kleine Supermärkte macht, dann können sie meiner Meinung nach oft nur eine schlechte Kopie von etwas sein, was 300 Meter weiter im Original steht, denn Deutschland hat eine sehr hohe Dichte von Supermärkten und Discountern. Wir haben uns entschlossen, auf das Thema Bäckerei zu setzen. Die Bäckerei steht für Food-Kompetenz, hat in Deutschland diesbezüglich ein hohes Ansehen und besitzt Akzeptanz. Natürlich ist auch das Kaffee-Konzept wichtig. Ein qualifiziertes Kaffeeangebot bringt mehr Kunden in die Shops. Tanken muss jeder alle zwei Wochen, Kaffee trinkt man jeden Tag. Es sind viele unterschiedliche Elemente. Für den ganzen Bereiche Foodservice bieten wir Ladenbau an, aber auch Beratung, Schulung und Unterstützung vor Ort. Da können wir unseren Partner ein Rundum-Sorglos-Paket anbieten.

Ist im Convenience-Foodservice wirklich alles To-go, und Sitzplätze sind überflüssig? Viele Stationen sind mit ihren Bistros durchaus erfolgreich.

Steppe: Wir glauben auch an Aufenthalt. Im Frischwerk gibt es auch Sitzgelegenheiten, in der Regel höhere Tische mit Hockern. Wir haben auch das Thema Lounge erwogen, aber da setzen sich einander fremde Kunden in Deutschland nicht zusammen. An diesen höheren Tischen ist das dagegen durchaus der Fall.

Stehen bei all den Veränderungsbemühungen nur die großen Ketten im Vordergrund, oder spielen auch kleinere Unternehmen und Einzelbetreiber eine Rolle?

Steppe: Zu den Veränderungen, die ich durchsetzen werde, gehört auch, dass wir uns nicht nur intensiv um unsere großen Kunden kümmern. Ich bin in den vergangenen Monaten auch viel bei kleinen und mittelgroßen Partnern gewesen und habe mir deren Herausforderungen angesehen. Auch sie müssen sich stärker auf die Bedürfnisse der Endverbraucher einstellen und sind in dieser Hinsicht oft sehr flexibel. Wenn sie das tun, profitieren alle davon, denn ein negatives Erlebnis in einem Convenience-Store, egal in welchem Teil der Branche, schadet dem ganzen Markt. Sind die Erlebnisse dagegen positiv, nützt das allen Betreibern.

Was muss in punkto Shop-Mitarbeiter passieren, besonders dann, wenn man qualifizierten Foodservice anbieten will?

Steppe: In der Bäckerei des Frischwerks, die wir Backschmiede genannt haben, arbeiten separate Mitarbeiter, die auch andere Kleidung tragen. Wir haben bewusst den Kraftstoffbereich vom Foodservice getrennt. Wir versuchen für den Foodservice-Bereich Mitarbeiter mit einer gewissen Branchenerfahrung zu gewinnen, um hier deutlich mehr Kompetenz zu zeigen. Außerdem gibt es draußen ein professionelles Lekkerland Team, zu dem beispielsweise auch ausgebildete Köche gehören, die die Shop-Mitarbeiter unserer Partner vor Ort schulen können. Hier werden wir in den kommenden Monaten weiter investieren.

Es wird ohnehin immer schwerer, im Kampf um gute Mitarbeiter gegenüber anderen Branchen zu bestehen. Was kann man aus Ihrer Sicht da unternehmen?

Steppe: Wir versuchen unter anderem in Zusammenarbeit mit der Uniti die Arbeit an der Tankstelle für die Arbeitnehmer attraktiver zu gestalten. Die Uniti hat jetzt ein Programm aufgesetzt, dessen Ziel es ist, Mitarbeiter und Manager einer Tankstelle zu schulen und auch mit Zertifikat auszubilden. Auch für uns ist es sehr wichtig, unsere eigenen Mitarbeiter bei diesem Veränderungsprozess von Lekkerland mit auf die Reise zu nehmen. Es geht eben nicht mehr nur um die Lieferung von Produkten, sondern um die beschriebenen Dienstleistungen im Rahmen der Retail-Unterstützung. Wir brauchen auch mehr Mitarbeiter mit Retail-Erfahrung, die uns dabei helfen, den Fokus wirklich stärker auf die Endkunden zu richten.

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