Gastro-to-go Mit Mehrweg unterwegs

Die Mehrwegpflicht im Gastro-to-go-Geschäft war bisher wenig erfolgreich. Die beiden führenden Anbieter Vytal und Recup haben sich dennoch etabliert, ihre Nische gefunden und arbeiten derzeit an der Expansion.

Montag, 09. September 2024 - Foodservice
Martin Heiermann
Artikelbild Mit Mehrweg unterwegs
Bildquelle: Vytal

Seit rund eineinhalb Jahren gibt es die Mehrweg-Pflicht für das Gastro-to-go-Geschäft hier zu Lande. Das heißt, alle Anbieter von fertigen Speisen für unterwegs – ab einer bestimmten Größe – müssen eine Mehrweg-Alternative im Portfolio haben. Doch noch immer wird bekanntlich der weitaus größte Teil des Food-Geschäftes für den Unterwegsverzehr in Einwegverpackungen an die Konsumenten und Konsumentinnen verkauft. Ist die Mehrwegpflicht deshalb gescheitert? Folgt man den Ausführungen der Deutschen Umwelthilfe, DUH, kann man diesen Eindruck gewinnen. Zumindest fordert die Organisation deutliche Nachbesserungen an den gesetzlichen Vorgaben.

Die führenden Anbieter von Mehrweggebinden und Betreiber der Kreislaufsysteme sind etwas zurückhaltender: „Die Mehrwegpflicht war ein erster Schritt in die richtige Richtung“, sagt Jan Patzer, Head of Sales bei Recup. Und auch Tim Breker, Co-Founder & Managing Director bei Vytal, sieht das im Gespräch mit Convenience Shop ähnlich. Allerdings meint er auch, die Mehrwegpflicht werde nicht ernst genommen. Daher werde auch zu wenig Nachfrage erzeugt. In beiden Punkten stimmt er mit Patzer überein. Der Head of Sales des Wettbewerbers bemängelt, dass es „wenig bis keine Kontrollen und zu wenig Vorgaben seitens der Politik“ gebe. Außerdem stelle Recup fest, dass die Mehrwegangebotspflicht weitgehend an den Konsumentinnen und Konsumenten vorbeigegangen und somit die Nachfrage nicht deutlich gestiegen sei. Bemerkenswert ist jedoch auch, dass sich der Mehrweganteil im To-go-Geschäft von einem Anteil von 0,7 Prozent im Jahr 2022 auf 1,6 Prozent 2023 verdoppelt hat.

Ein Einweg-Verzehrverbot vor Ort
Dennoch fordert Tim Breker von der Politik Nachbesserungen. Zum einen würde er es für richtig halten, wenn alle Anbieter, die Einwegverpackungen in Umlauf bringen, unabhängig davon, ob diese aus Kunststoff oder Papier und Pappe hergestellt sind, Mehrweg-Alternativen offerieren müssten. Zum anderen bringt Breker ein Verzehrverbot aus Einwegverpackungen vor Ort in den Shops und Gastro-Outlets ins Gespräch. Nur für den Speisen-Transport sollte aus seiner Sicht Einweg zugelassen sein. Als vorbildlich bewertet der Vytal-Mitgründer das Vorgehen von Kommunen wie Tübingen oder Kleinmachnow: Die steuerliche Belastung beziehungsweise Verteuerung von Einweg-Gebinden sei ein richtiger Weg, um Mehrweg nach vorne zu bringen. Noch besser wäre aus seiner Sicht ein nationales Vorgehen mit der Schaffung einer Einwegverpackungssteuer.

Auch Jan Patzer von Recup sieht finanzielle Vorteile für die Kundschaft als sinnvoll an: „Die Einführung von Rabatten in Höhe der Einwegverpackung könnte dazu beitragen, die Mehrwegquoten zu steigern. Wenn Kunden finanzielle Anreize erhalten, könnte dies ihre Bereitschaft erhöhen, auf Mehrweg umzusteigen. Diese Rabatte könnten als Belohnung für die umweltfreundliche Entscheidung dienen und somit die Akzeptanz und Umsetzung der Mehrwegangebotspflicht fördern“, so sein Statement gegenüber Convenience Shop.

Flächendeckende Rücknahme
Als weiteren wichtiger Aspekt sieht Patzer die Notwendigkeit eines flächendeckenden Systems, um die Rückgabe und Ausgabe für die Konsumierenden so einfach wie möglich zu gestalten. „Ein solches System würde sicherstellen, dass Mehrwegbehälter problemlos bei verschiedenen Anbietern zurückgegeben und wieder verwendet werden können. Ein einheitliches System würde nicht nur die Rückgabeprozesse vereinfachen, sondern auch die Akzeptanz und Nutzung von Mehrwegverpackungen fördern“, meint der Head of Sales bei Recup. Zudem sollten Unternehmen verstärkt auf Schulungen für ihre Mitarbeitenden setzen, betonen die Verantwortlichen bei Recup. Ein solche Maßnahme würde das Bewusstsein für Mehrweg zu stärken. Eine klare Sichtbarkeit und gezielte, aktive Bewerbung des Mehrwegangebots am POS und durch Mitarbeitenden gehöre ebenfalls dazu, um die Kunden für die nachhaltige Alternative zu sensibilisieren. Ein positives Beispiel aus der Tankstellen-Branche sei Shell. Dort setze man Recup als wichtige Branchenlösung für Tankstellen-Shops ein. Dort werde das Mehrwegangebot massiv beworben. Gezielte Kommunikation könne den Mehrweganteil erheblich steigern. So würden Kunden zudem zu „Wiederholungstätern“, zeigt sich Patzer auf Nachfrage überzeugt.

Weniger zufrieden mit der Entwicklung der Mehrwegquoten im Tankstellen- und Convenience-Bereich zeigt sich Vytal-Geschäftsführer Breker. Entsprechend stünden Tankstellen und ihr Foodservice-Geschäft nicht im Fokus des Unternehmens. Doch es gebe auch positive Ausnahmen unter den C-Stores, wie etwa das Food-to-go-Geschäft von Haferkater, das ganz überwiegend an Bahnhöfen zu finden ist. Vytal fokussiere derzeit aber vor allem „geschlossene Systeme“ oder Kreisläufe wie beispielsweise bei Großveranstaltungen und Events oder auch in Krankenhäusern und Kliniken. Dazu gehören auch Kantinen sowie der ein oder andere Universitätscampus.

Auch Recup hat diversifiziert und ist in mehreren Marktsegmenten präsent. „Wir sind besonders im Bereich der Systemgastronomie, wie zum Beispiel mit Burger King und Ikea, stark gewachsen“, berichtet Jan Patzer. Auch die Bäckerbranche sowie Einzelgastronomen zählen zu den Hauptkunden, die einen erheblichen Anteil der Partner ausmachen. Recup konzentriere sich auf ein noch dichteres Netzwerk an Partnergastronomie. Und Tim Breker von Vytal unterstreicht noch einmal die Chancen der Kreislaufwirtschaft. Hier sei Deutschland weltweit führend.