Fastned Mit starkem Fokus auf Convenience

Dass Convenience-Angebote und Schnellladen zusammengehören, sagt Linda Boll, Public Affairs Manager Germany bei Fastned.

Freitag, 10. Dezember 2021 - Tankstelle
Hans Jürgen Krone
Artikelbild Mit starkem Fokus auf Convenience
Bildquelle: Fastned

Convenience Shop: Ist das Thema Convenience Teil des Fastned-Angebotes, wie es in Deutschland werden soll?
Linda Boll: An einer Ladestation wird der Fokus auf Convenience vielleicht sogar noch größer als an der heutigen Tankstelle. Man hält sich länger dort auf und hat so die Möglichkeiten zum Einkauf und Konsum ohne Zeitdruck. Uns geht es vor allem darum, dass man sich an so einer Ladestation wohlfühlt. Dazu gehört aber zunächst einmal, dass die Sicherheit gewährleistet ist. Wo die Dinge ganz langsam vor sich gehen, ist Ein- und Ausparken in Ordnung, aber an hochfrequentierten Standorten sollten Ladestationen so gebaut werden wie heute die Tankstellen: nach dem Durchfahrtsprinzip. Das erhöht die Sicherheit, aber damit kann man auch die Auslastung der Säulen erhöhen. Und dann kommt auch die Versorgung mit Gastronomie und Shops ins Spiel. An einer Ladestation ist man aber freier, was das Convenience-Konzept angeht, denn die Zahlung ist ganz anders geregelt. Deshalb kommen beispielsweise auch kassenlose Smartstores in Frage.

CS: Wie lange dauert heutzutage ein Ladevorgang?
Das ist ein anderer Vorgang als das Benzintanken, bei dem der Kraftstoff immer mit der gleichen Geschwindigkeit in den Tank kommt. Das Schnellladen ist, je nach Fahrzeug, sehr unterschiedlich, liegt aber heute in etwa zwischen 15 und 30 Minuten. Mit sinkender Tendenz, wenn man an den technischen Fortschritt denkt. Dieser wird dafür sorgen, dass die Batterien in der Lage sein werden, immer mehr und schneller Elektronen aufzunehmen. Aber so schnell wie heute an der normalen Tankstelle wird Laden in absehbarer Zeit, nicht gehen.

CS: Würde es sich für Fastned anbieten, im größeren Stile beispielsweise mit den Straßen-Tankstellen in Deutschland zu kooperieren?
Ja, wir wollen ein Zeichen setzen gegen den Klimawandel und für die Transportwende. Wir rufen alle Betreiber auf: Lasst uns gemeinsam die Tankstellen in Schnellladehubs verwandeln. Das passt zusammen, denn dies ist eine Energiewende und selbst wenn wir 15 Millionen Elektrofahrzeuge im Jahr 2030 auf den Straßen haben werden, gibt es gleichzeitig auch noch 40 Millionen Benziner und die müssen weiterhin tanken. Von heute auf morgen geht gar nichts, aber wir müssen jetzt anfangen.

CS: Also können die Tankstellen bei dieser Energiewende eine wichtige Rolle spielen?
Ja, allerdings wäre es auch ein Trugschluss zu glauben, dass die Tankstellen das allein machen könnten. Es wird nicht ausreichen, wenn die bestehenden Stationen hier und da eine Säule hinzufügen. Die Tankstellen benötigen eine komplett andere Infrastruktur fürs Laden – zum Beispiel einen Netzanschluss. Und viele Betreiber stellen jetzt fest, dass ihre Stationen sehr weit weg vom Mittelspannungsnetz liegen, was den Anschluss unglaublich teuer macht. Wir von Fastned können mit unserer zehnjährigen Kompetenz zumindest einiges an Arbeit abnehmen. Und wenn auch der Anschluss teurer ist, mit Blick in die Zukunft rechnet sich die Investition definitiv, denn die Anzahl an E-Autos wächst, wie angesprochen, rasant.

CS: Soll Ihre eigene Marke Fastned bei solchen Kooperationen mit im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen?
Wir wollen auf jeden Fall eine starke Marke etablieren, weil wir darauf stolz sind, was wir machen und es geht uns auch um den Wiedererkennungswert. Von Tankstellen-Betreibern hören wir oft, dass sie eine Säule mit ihrem eigenen Logo darauf haben wollen und wir sollen im Hintergrund agieren und zum Beispiel nur die Abrechnung machen. Denen sagen wir aber: Wir stehen mit unserem Namen dafür, dass das Laden funktioniert. Das ist in über 99 Prozent der Vorgänge so. Und wenn mal etwas nicht passt, dann regeln wir das und die Kunden kommen nicht auf die Tankstellen-Betreiber zu.

CS: Wie beurteilen Sie die Situation bezüglich der Verbreitung von Schnellladestationen an deutschen Autobahnen?
Das Laden an der Autobahn ist einfach der perfekte Use-Case des Schnellladens. Da will man schnell hin, schnell aufladen und schnell weiterfahren. Natürlich hätten wir am liebsten von vorneherein, wie in den Niederlanden, unsere Anlagen an der Autobahn aufgebaut, aber das war uns nicht möglich, weil die Konzessionen bereits vergeben waren.

CS: Und weil das so ist, wäre das Thema für alle Beteiligten ja eigentlich erst mal erledigt, oder?
Das sehen wir schon etwas anders. Tank & Rast besitzt unserer Meinung nach an deutschen Autobahnen eine Quasi-Monopolstellung. Die Original-Konzessionen der Tank & Rast aus dem Jahr 1998 umfassen nach unserer Ansicht nicht das Thema Schnellladen. Wie auch, das gab es zu diesem Zeitpunkt ja noch gar nicht. Etwa 2015 wurde dann beschlossen, dass die Tank & Rast jetzt auch Schnellladen anbieten darf. Das ist unser Hauptkritikpunkt: Es geht hier nicht darum, dass die Tank & Rast in ihren Raststätten-Shops neben einer Cola und einer Cola Light jetzt noch eine Pepsi ins Sortiment aufnimmt. Es handelt sich beim Schnellladen um einen fundamental neuen Geschäftszweig, der aus unserer Sicht hätte ausgeschrieben werden müssen.

CS: Stehen Sie in Ihrer eigenen Wahrnehmung mit dieser Kritik eher allein da?
Nein, das sind nicht nur wir, obwohl wir als direkter Wettbewerber darauf eine besondere Sicht haben. Wir sind jedenfalls davon überzeugt, dass es sich positiv auswirken würde, wenn es mehr Wettbewerb an der Autobahn gäbe. Das würde alle anspornen, weil man ja will, dass die Kunden bei einem selbst anhalten und laden.

CS: Ein erster Schritt an die Autobahn soll Ihnen und anderen Wettbewerbern jetzt ja dennoch gelingen, weil auch kleinere Rastplätze, die nicht zur Tank & Rast gehören, bebaut werden sollen. Ist das aus Ihrer Sicht der richtige Ansatz für Deutschland?
Dass unbewirtschaftete Rastplätze in die Ausschreibung für das Deutschlandnetz aufgenommen werden, ist aus unserer Sicht super und ein echter Hoffnungsschimmer. Aber der Thematik ist nicht geholfen, wenn gesagt wird, dass wir da nur ein paar Säulen hinstellen sollen. Es muss uns erlaubt oder perspektivisch gestattet werden, Dächer über die Anlagen zu bauen und dort auch eine Versorgung mit Shops, sanitären Einrichtungen und Restaurants aufzubauen, sonst ergibt sich für die Ladekunden kein Mehrwert. Aber das ist im Moment noch unklar.

CS: Das Problem, dass es etwas unklar ist, was Sie neben dem eigentlichen Ladevorgang noch anbieten dürfen, kennt Fastned ja auch aus den Niederlanden. Dort ging die Klarstellung durch die Instanzen?
Ja genau, deshalb wollen wir hier ja eine möglichst klare Situation. In den Niederlanden hat Fastned 2012, als es fast keine Wettbewerber gab, für viele Standorte eines aufzubauenden Schnellladenetzes den Zuschlag bekommen. Die lagen oft auf dem gleichen Gelände wie Tankstellen. Die Ausschreibungen waren aber sehr ungenau formuliert. Deshalb gab es dann viele Gerichtsverfahren, bei denen es eigentlich immer um die Klärung der Umstände ging, unter denen wir dort operieren dürfen. Und einer der Punkte dabei war, ob es uns grundsätzlich erlaubt sein soll, zu den Schnellladesäulen auch Gastro- und Retail-Einrichtungen zu betreiben. Das wurde uns schließlich zugesprochen. Dies jetzt konzeptionell umzusetzen, daran arbeiten wir.

CS: Was werden Sie in Sachen deutsche Autobahn noch unternehmen? Die Ansiedlung an der Autobahn ist ja nicht die einzige Möglichkeit.
Wir sind bereits kreativ geworden und arbeiten verstärkt mit Projektentwicklern zusammen, die sich mit den Industriegebieten an Autobahnausfahrten beschäftigen. Das Projekt in Hilden mit Tesla und der Bäckerei von Roland Schüren beispielsweise, bei dem wir Mieter sind, zählt im weitesten Sinne auch dazu.

CS: Gemeinsam mit vielen Wettbewerbern hat Fastned in Sachen des so genannten Deutschlandnetz brieflich interveniert. Darin wurden bestimmte Festlegungen des Gesetzgeber kritisiert. Worum geht es dabei?
Da geht es nicht um die Autobahn, sondern um die regionale Ausschreibung. Hier entzündet sich unsere gemeinsame Kritik zunächst an der Preisobergrenze von 44 Cent, die vorgegeben wird. Wenn man sieht, wie sich allein in den vergangenen Wochen die Strompreise erhöht haben, dann weiß man, dass das so nicht geht. Wenn wir uns jetzt für acht bis sechzehn Jahre auf solche Preise festlegen lassen und davon dann noch 17 Cent an den Bund abgeben sollen, dann ist das kein Wettbewerb. Und wenn sich diejenigen, die jetzt den Zuschlag bekommen, die Investitionen dann noch komplett finanzieren lassen können, benachteiligt das alle, die bereits privat investiert haben. Es muss nach unserer Überzeugung fair sein und fair bleiben.

CS: Gab es denn Gegenvorschläge zu diesem Konzept, oder wurde das von vorneherein so hingenommen?
Es wurden viele schon vorher gemacht. Einer davon war, dass es ein so genanntes Level Playing Field geben sollte, in dem für alle die gleichen Bedingungen gelten. Das würde beispielsweise bedeuten, dass der Bund die Netzanschlüsse bezahlt. Das ist eigentlich der größte Kostenpunkt und damit wäre uns schon viel geholfen. Ein anderer Punkt ist, dass in den jetzigen regionalen Ausschreibungen keine festen Standorte enthalten sind. Die Bewerber sind also angehalten, in den so genannten Suchräumen, innerhalb eines vorgegebenen Radius von zwei Kilometern, selbst Standorte zu finden. Deshalb ist man dort, auch wenn man dann schließlich den Zuschlag bekommt, mit dem größten Problem – Standorte finden – immer noch allein. Dieser ganze Deutschlandnetz-Prozess wird jetzt angestoßen und dann in den kommenden zwei bis vier Jahren umgesetzt.

Aber in dieser Zeit bauen wir alle natürlich auch außerhalb der Ausschreibung kräftig weiter und das sicherlich auch in die schon erwähnten Suchräume hinein. Die Deutschlandnetz-Ausschreibung könnte für mehr Unsicherheit sorgen, weil die Unternehmen so kaum wissen können, ob sich ihre Investition pro Standort wirklich lohnt.