Handel Der teure Zwang zur Stromsäule

Der Druck der Bundesregierung auf Tankstellen- Betreiber wächst, an ihren Stationen E-Loading möglich zu machen. Doch die Kosten sind hoch. Nur zusätzlich Shopumsätze könnten helfen.

Montag, 10. Mai 2021 - Tankstelle
Martin Heiermann
Bildquelle: Rupert Warren

Aral zeigt sich entschlossen, die Entwicklung der E-Mobilität voranzutreiben. Der Marktführer im Tankstellen-Geschäft beabsichtigt sein Netz mit ultraschnellen E-Ladesäulen unter dem Namen „Aral pulse“ schneller auszubauen als geplant. Bis zum Ende des Jahres sollen demnach rund 500 Ladepunkte mit bis zu 350 Kilowatt Ladeleistung an über 120 Aral Tankstellen hier zu Land in Betrieb sein. Und auch die anderen großen Mineralölkonzerne investieren. Mit dabei sind Total und Shell Deutschland. Shell investiert nicht nur in eigene E-Infrastruktur, sondern auch in Firmen, die spezifisches Knowhow entwickeln. Total rüstet seine Stationen international mit mit E-Ladepunkten aus.

Das Ziel: E-Loading an 25 Prozent der Tankstellen
Die Großen der Branche geben damit auch dem Druck der Bundesregierung nach. Die hat beschlossen, dass 25 Prozent aller deutschen Tankstellen bis Ende 2022 mit mindestens zwei E-Ladepunkten auszustatten sind. Der Entschluss soll in die Form eines Gesetzes gegossen werden, das die Gesellschaften in die Pflicht nimmt. Manche in der Branche sprechen deshalb von „Zwangssäulen“. Bis 2026 soll der Anteil der Stationen, die diese vorhalten, in zwei Schritten auf 75 Prozent anwachsen. Eine Herausforderung, gerade für Mittelständler, und wenig realistisch, wie Sebastian Herkenhoff vom Tankstellen-Betreiber Q1 urteilt. Sein Unternehmen will bis Ende 2021 an rund zehn Prozent der eigenen Stationen Stromsäulen anbieten. Davon sind die meisten Mittelständler noch weit entfernt, zumal man solche Einrichtungen derzeit kaum wirtschaftlich betreiben kann.

Dennoch signalisiert der Bundesverband Freier Tankstellen, bft, grundsätzlich seine Unterstützung. Allerdings fordert er von der Bundesregierung Hilfen, besonders bei der Überwindung von Problemfeldern: Bei einigen Tankstellen fehle der Platz, um eine Ladesäule aufzustellen. Andere kämpfen offenbar über Monate wegen komplizierter Genehmigungsverfahren und Förderanträgen mit den Behörden. Die größten Schwierigkeiten bereiten jedoch die Anschlüsse an entsprechend leistungsstarke Stromverteiler. „Hier liegen die Kosten im fünf- oder sechsstelligen Bereich“, berichtet der bft. Die fehlenden Wirtschaftlichkeit von Ladesäulen sei für kleinere Tankstellen-Betreiber kaum zu kompensieren. Allenfalls sei das derzeit über den Tankstellen-Shop möglich. Das berichtet auch Peter Herm, Inhaber der gleichnamigen Tankstellen-Kette, während der Online-Veranstaltung Convenience-Campus der MCS. Herm, der vor zwei Jahren die ersten Ladesäulen aufstellte und jetzt vier weitere Stationen damit ausrüstet, beschreibt: „Wir beobachten, dass die Kunden während des Ladevorgangs im C-Store verweilen. Alternativ kaufen sie ein Heißgetränk, und bleiben im Wagen .“ Es gehe also darum, den Shop mitsamt Bistro zur Verweilzone aufzuwerten, meinte Christian Warning, Berater und Geschäftsführer von The Retail Marketeers, im MCS-Campus-Gespräch. Reisende und Außendienstler seien die Hauptzielgruppe. Nur mit einer Wlan-Lounge sei E-Loading derzeit einigermaßen darstellbar.