Seit einigen Monaten kommt in den Markt der Elektrofahrzeuge kräftige Bewegung. Während die Antriebsart Diesel unter anhaltendem Druck steht, werden Elektrofahrzeuge immer alltagstauglicher. Ein Blick auf die Elektroautos, die 2019 zu haben sind, belegt es: Die Reichweite wächst. Der Hyundai Kona Elektro zum Beispiel schafft 480 Kilometer – ebenso viel wie der Kia e-Niro. Beim Renault Zoé und beim BMW i3 120 sind es immerhin 300 Kilometer. Für sämtliche Elektroautos gilt: Sie übertreffen die durchschnittliche Kilometerleistung der Pkw von 39 Kilometer pro Tag deutlich, und zwar um knapp das Dreifache. Positive Nachrichten gibt es auch in puncto „Lademöglichkeiten“. Die Zahl der Ladepunkte in der Bundesrepublik – von denen jeder zehnte schnell-ladefähig ist (das heißt: In weniger als einer Stunde wird Strom für mehrere hundert Kilometer nachgeladen) – soll nach dem Wunsch des Bundes in den kommenden beiden Jahren verdoppelt werden. Ein entsprechendes Förderprogramm wird nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums derzeit rege nachgefragt. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hatte Ende 2018 mehr als 16.100 öffentliche und teilöffentliche Ladepunkte erfasst. Das waren 20 Prozent mehr als noch Mitte 2018.
Elektro-Offensive auf der IAA Nutzfahrzeuge
Entspannende Botschaften sind ebenfalls zu den Ladesteckern zu hören, weil verschiedene und zum Teil nicht kompatible Ladegeräte inzwischen kein Problem mehr darstellen.
Wohin die Reise bei der Antriebstechnik zu gehen scheint, wurde auch auf der 67. Internationalen Automobilausstellung (IAA) Nutzfahrzeuge im September in Hannover überdeutlich. Die Messe-Verantwortlichen hatten sich dem Veranstaltungs-Motto „Driving tomorrow“ verschrieben. Und damit meinten die Veranstalter einerseits einen weiteren Schub für die Digitalisierung der Fahrzeuge und neue Assistenzsystemen zur Fahrer-Entlastung, andererseits aber auch eine Elektro-Offensive.
Diese wird von führenden Herstellern mitgetragen. So stellte zum Beispiel Mercedes Benz auf der IAA Nutzfahrzeuge den neuen E-Sprinter vor, dessen Ladevolumen mit dem des Verbrennungsmotor-Sprinters überein stimmt. Die Batteriekapazität von 55 kWh führt bei einer maximalen Zuladung von 900 Kilogramm zu einer Reichweite von rund 150 Kilometern.
Hohe Flexibilität für längere Wegstrecken
VW Nutzfahrzeuge präsentierte seinen 100 kW starken E-Crafter. Er ist für Tagesfahrleistungen von 70 bis 100 Kilometern konzipiert. Die Lithium-Ionen-Batterie befindet sich komplett im Unterboden. Deshalb werden weder Ladevolumen noch Durchladebreite eingeschränkt. Nach Unternehmensangaben werden für das Aufladen der Batterie auf 80 Prozent der Kapazität an einer Schnell-Ladestation mit 40 kW Gleichstrom lediglich 45 Minuten benötigt. Eine emissionsfreie Fahrt von mehr als 50 Kilometern erlaubt der Ford Transit Custom PHEV, ausgestattet mit einem Plug-In-Hybridantrieb. Die Fahrzeugbatterie wird von einem 1-Liter-Benzinmotor aufgeladen. Das sorgt für eine hohe Flexibilität, wenn zwischen den Ladevorgängen längere Wegstrecken zurückgelegt werden müssen. Die Opel-Modelle Vivaro und Movano werden elektrifiziert – ein Job für die I See Electric Trucks GmbH. Davon konnten sich die Besucherinnen und Besucher der IAA Nutzfahrzeuge ebenfalls ein Bild machen. 22 Modellvarianten sind vorgesehen. Sie verfügen alternativ über zwei Batteriegrößen mit 40 kWh und 60 kWh. Als Reichweite gibt der Hersteller mehr als 200 Kilometer an, was bereits eine gewisse Unabhängigkeit bedeutet.
Elektrisch betriebene ‧Lastenräder bieten Chancen
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) führt eine Liste der förderfähigen Elektrofahrzeuge, und die nennt insgesamt acht Hersteller. Es sind jedoch nicht nur elektrisch betriebene Autos und Lieferwagen, auf die Convenience-Shop-Betreiber mit Blick auf ihre Mobilität der Zukunft das Augenmerk richten könnten. Denn zunehmend diskutiert werden die Chancen und Möglichkeiten von elektrisch betriebenen Lastenrädern. Katharina Reuter ist Geschäftsführerin von UnternehmensGrün, dem Bundesverband der ökologisch orientierten Wirtschaft. Und sie zeigt sich überzeugt: „Die E-Mobilität hat Lastenräder zum perfekten Logistik-Transportmittel im urbanen Raum gemacht. Sie brauchen weniger Platz, kommen zügig durch Staus, müssen Einbahnstraßen und Fußgängerzonen nicht weiträumig umfahren.“ Eine Studie für den Bundesverband internationaler Express- und Kurierdienstleister (BIEK) belegt: Durchschnittlich eineinhalb Lastenräder könnten einen ganzen Transporter ersetzen. In Berlin zum Beispiel würden laut der BIEK-Studie 700 E-Cargo-Bikes problemlos ein Drittel aller derzeitigen Belieferungsdienste übernehmen. „Die Modellvielfalt ermöglicht inzwischen Anschaffungen unter 2.000 Euro“, betont Katharina Reuter. Der Umstieg lohnt sich aus Sicht von UnternehmensGrün auch deshalb, weil inzwischen mehrere Bundesländer und Städte die Anschaffung von gewerblich genutzten Lastenrädern mit 25 bis 50 Prozent des Kauf- oder Leasingpreises finanzieren; bei Schwerlasträdern winkt eine bundesweite Kaufprämie von rund 30 Prozent.
„Mit dem Online-Handel ‧mithalten“
Professor Benjamin Wagner vom Berg ist gleichermaßen von den Potenzialen der Lastenräder angetan. Unter seiner Verantwortung wurde im Sommer 2018 an der Hochschule Bremerhaven das Projekt „Nachhaltige Crowdlogistik“ gestartet. Es soll der gesamten Thematik einen kräftigen Schub geben.
Doch Wagner vom Berg kann schon jetzt sagen: „Mit einer umfassenden Hubstruktur lassen sich nahezu alle Zustellungen in der City-Logistik mit Lastenfahrrädern durchführen.“ Der Professor für Informations- und Kommunikationstechnologien der außerbetrieblichen Logistik meint: Dank der Lastenräder könnten auch kleine und lokale Unternehmen innerhalb eines vertretbaren Bereiches Waren ausliefern oder ausliefern lassen: „So können sie in Sachen Online-Handel mithalten.“
Geld vom Staat für E-Mobile
Der Staat fördert die Anschaffung rein elektrisch angetriebener Fahrzeuge mit 4.000 Euro. Bei einem Plug-in-Hybrid sind es 3.000 Euro.
Der Nettopreis des Wagens darf bei bis zu 60.000 Euro liegen. Antragsberechtigt sind Unternehmen, die ein Elektrofahrzeug kaufen oder leasen wollen, das zum ersten Mal auf ihren Namen, also den des Antragstellers zugelassen wurde.
Zehn Jahre Befreiung von der Kfz-Steuer
Für die Förderung zuständig ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Anträge müsse online gestellt werden. Nach der Genehmigung des Antrages hat der Unternehmer neun Monate Zeit bis zum Kauf des E-Mobils. Eine weitere Anfahrtshilfe des Staates: Das Aufladen der Batterien im Unternehmen kann steuerfrei erfolgen. Und: Halter von Elektrofahrzeugen mit einer Erstzulassung zwischen dem 18. Mai 2011 und dem 31. Dezember 2020 sind in der Bundesrepublik für die Dauer von zehn Jahren von der Kfz-Steuer befreit. Darüber hinaus sieht das Jahressteuergesetz 2018 zusätzliche Förderungen für die Elektromobilität vor. Unter anderem werden bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der Privatnutzung von Elektrofahrzeugen nur noch 50 Prozent des Listenpreises angesetzt Voraussetzung ist allerdings: ein Kaufen oder Leasen zwischen dem 1. Januar 2019 und dem 31. Dezember 2021.
Hybrid: Was ist das?
Beim Hybrid-Antrieb wird der Verbrennungsmotor nur dann verwendet, wenn er auf einen hohen Wirkungsgrad kommt. Ist das nicht der Fall, kommt der Elektromotor zum Einsatz. Sobald der Verbrennungsmotor in Betrieb ist, wird die Batterie aufgeladen. Bei einem Plug-in-Hybrid erfolgt die Batterienaufladung über das klassische Stromnetz.
Abgasnormen: Was tut sich aktuell?
Seit September 2018 müssen alle Neufahrzeuge die Emissionsklasse 6c, ab September 2019 die Euro 6d-Temp-Evap und ab Januar 2021 die Abgasnorm Euro 6d erfüllen.
Die neue Schadstoffklasse Euro 6c gilt für den so genannten WLTP-Zyklus. Die neuen Euronormen 6d und 6d-Temp sind für den so genannten RDE-Zyklus bestimmt.