Weniger Raucher, aber... Die Kontroverse um die Kippe geht weiter

Es gibt in Deutschland weniger Raucher. Aber unter ihnen sind wohl mehr Jüngere – wenn die Umfragen belastbar sind. Zudem soll die Marke Marlboro vom Markt verschwinden.

Sonntag, 18. Juni 2023 - Tabak
Martin Heiermann
Artikelbild Die Kontroverse um die Kippe geht weiter
Bildquelle: Adobe Stock

Der Absatz von versteuerten Zigaretten ist rückläufig. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes weisen dies für das vergangene Jahr aus. Demnach sank die Menge der versteuerten Zigaretten um 8,3 Prozent auf 65,8 Milliarden Stück. Im Vorjahr waren es noch 71,7 Milliarden Zigaretten gewesen. Erstmals seit sieben Jahren ist wieder ein Rückgang in dieser Kategorie zu verzeichnen. Die Ursachen dafür könnten die beendete Covid-Pandemie sein, aber auch die Tabaksteuererhöhungen, die es stufenweise im Jahr 2022 hier zu Lande gegeben hat. Wenn Steuererhöhungen den Absatz senken, so befeuert das die Forderungen aus der Gesundheitswirtschaft aber auch aus der politischen Öffentlichkeit, den Steuerdruck weiter zu erhöhen. Ziel ist es, den Anteil an Rauchern und Raucherinnen in der Bundesrepublik weiter zu senken. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Anteil junger Konsumentinnen und Konsumenten.

Jugendliche und junge Raucher
Nach einer aktuellen Debra-Studie (Deutsche Befragung zum Rauchverhalten) stieg die Zahl der rauchenden Jugendlichen in Deutschland im vergangenen Jahr stark. Unter den 14- bis 17-Jährigen habe sich laut der Befragung der Anteil der Tabakrauchenden fast verdoppelt. Er sei , so die Ergebnisse, von 8,7 auf 15,9 Prozent angestiegen. In absoluten Zahlen heiße das, dass es im vergangenen Jahr rund 200.000 mehr minderjährige Rauchende gab als noch im Jahr zuvor. Die Verantwortlichen der Studie vermuten, dass die multiplen Krisen mit Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Inflation viele Menschen zur Zigarette greifen lasse. Zuvor, in den vergangenen Jahrzehnten, war die Anzahl der Raucher unter Jugendlichen kontinuierlich gesunken.

Auch aus eine Umfrage des Marktforschers Forsa im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse, KKH, geht hervor, dass elf Prozent der 16- bis 29-jährigen sich als regelmäßige Raucher bezeichnen. Damit wäre der Anteil dieser Altersgruppe im Vergleich zum Jahr 2020 um sechs Prozent gestiegen. Entsprechend kommen von dieser Seite immer wieder Forderungen, Werbeverbote – auch für die neuartigen, Risiko reduzierten Produkte – auszuweiten und Handelseinschränkungen, insbesondere im Lebensmittel-Einzelhandel, einzuführen.

Handels- und Einstiegsmarken sind gefragt
Branchen-Insider jedoch verweisen auf einen langfristigen Trend. Danach hat sich der Markt seit 2007 ungefähr halbiert. Jan Mücke, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse, BVTE, verweist auf die Zahlen des Bundesamtes: „Diese zeigen, dass in Deutschland nicht mehr, sondern immer weniger geraucht wird.“ Ähnlich wird die Situation von Seiten der Industrie bewertet. Die Zahl der Raucher gehe zurück. Darüber hinaus gebe es einen Trend zum Downtrading. Das heißt, immer mehr Verbraucher greifen auch im Tabak-Sortiment zu Handelsmarken oder greifen zu Produkten im Preiseinstiegssegment. Einen größere Bevorratung mit Zigaretten und Tabakwaren liege im Trend. Das sei ein Resultat des Kostendrucks auf die privaten Haushalte und Folge der Inflation und Rezession. Entsprechend nachgefragt sind Großpackungen, aber auch Dreh- und Stopftabake. Weniger gut laufe der Premium-Markenbereich. Hier seien Rückgänge zu verzeichnen.

Philip Morris nimmt Marlboro bald vom Markt
In dieser Marktsituation hat der deutsche Marktführer Philip Morris Konsequenzen gezogen. Der internationale Konzern wird Zigaretten seiner bekannten Marke Marlboro nicht mehr produzieren und anbieten. Markus Essing, der Vorsitzende der Geschäftsführung bei Philip Morris in Deutschland und Österreich, ging in einer Stellungnahme noch weiter: „Wir werden aus dem Zigarettengeschäft aussteigen und nur noch risikoreduzierte Produkte anbieten“, sagte er Medienberichten zur Folge. Wann genau der Ausstieg umgesetzt wird , ließ Essing offen. „Wir können einen Endzeitpunkt festlegen, haben aber noch keinen definiert“, sagte Essing weiter. Marlboro sei mit einem Marktanteil von rund 24 Prozent immer noch deutlich die beliebteste Zigarettenmarke in Deutschland. Wie das Unternehmen diesen Ausstieg kompensieren will, muss offen bleiben. Denn die alternativen Produkte, etwa der Tabakerhitzer Iqos, seit kurzem in der neuesten Variante Iqos Iluma im Markt, erzielen immer noch deutlich weniger Absatz- und Umsatz-Anteile.