In den vergangenen Jahren hat Großhändler Lekkerland meist seine Kunden in einem separaten Raum der ISM darüber informiert, mit welchen Süßwaren-Innovationen der Industrie die Shop-Betreiber aus seiner Sicht im kommenden Jahr besonders punkten können. Diesmal gab Klaus Lützig, der den Einkauf Food bei Lekkerland in Deutschland verantwortet, für CS einige exklusive Einblicke, was der Großhändler im Bereich Süßwaren für 2021 erwartet.
Lützig geht davon aus, dass die Markenartikler in diesem Jahr mehr Neuheiten in petto haben als im Jahr 2020, da viele Aktionen verschoben wurden. „Diese Neueinführungen werden durch große TV- und Social-Media-Werbung unterstützt und werden entsprechend viel Aufmerksamkeit bei den Konsumenten generieren“, ist sich der Food-Experte sicher.
Generell gehe der Trend hin zu salzigen Snacks: „Die Leute sind Corona-bedingt mehr zu Hause, das Snacken ersetzt abendliche Restaurantbesuche“, so Lützig weiter. Neben Klassikern wie Funny Chips Ungarisch, Lay´s oder Pringles seien Kichererbsen- und Linsenchips sowie Nachos sehr gefragt. Lützig: „Diese Neuheiten machen innerhalb der Produktkategorie salzige Snacks mittlerweile bis zu einem Viertel des Absatzes der Hersteller aus. Wer Platz im Regal hat, sollte sie ins Sortiment aufnehmen.“ Auch das Segment Kekse & Cracker werde wieder bedeutender. Bei einer Pause im Home-Office griffen die Verbraucher derzeit gerne zu Keksen, Waffeln oder Kleinkuchen. Diese Sparten bescherten den Shops eine steigende Nachfrage nach Produkten aus dem Gebäckregal.
Bei den Süßwaren seien die Riegel nach wie vor – und mit Sicherheit auch künftig – die stärkste Variante, so Lützig: „Die Gewinner sind hier der Hanuta-Riegel, die Kinder Cards von Ferrero sowie der Knoppers-Riegel.“
Neuheiten mit Potenzial
Nachfolgend eine exklusive Auswahl von Neuheiten aus dem Food- und Süßwarenbereich, die Shop-Betreiber aus Sicht von Lekkerland im Jahr 2021 im Regal haben sollten:
- Riegel: Snickers Creamy Caramel 24x36,5g (ab März)
- Corny Energy Mandel Schoko, Corny Energy Kaffee
- Schoko-Artikel: Ferrero Kinder Joy 48x20g (ab April, als Sommerpausen-Substitution fürs Ü-Ei)
- Gebäck: Ferrero Kinder Cards 2er
- Herzhafte Snacks: Bifi Salamibrot (ab April)
- Alternative Snacks: Ehrmann High Protein Crispy Balls
- Kaugummi/Atemfrische: Wrigley´s Extra Professional White Melon 50er Dose,
Extra Professional White Melon Mint 10er Packung,
Mentos Gum Vitamins Citrus zuckerfrei 64er Dose.
Kampagne statt ISM
Die Organisatoren der ISM haben sich dagegen entschieden, in diesem Jahr eine virtuelle Messe zu veranstalten. Laut einer Befragung des Messe-Branchenverbandes AUMA, erläuterte Oliver Frese, Chief Operating Officer der Koelnmesse, könne man damit meist nur einen kleinen Teil der Originalveranstaltung kompensieren. „Das ist nicht genug“, sagte er. Stattdessen läuft dem Vernehmen nach bald eine Kommunikationskampagne an, um die interessierten Branchenteilnehmer immer wieder aktuell zu informieren. Geplant sei ein „Mix aus unterschiedlichsten Kommunikationsmaßnahmen, etwa Webinaren, Fachartikeln, Interviews, Pressemeldungen und Neuheiten-Präsentationen“, sagt die Kölnmesse. Der sonst immer auf der ISM gezeigte Innovations-Hotspot „New Product Showcase“ soll ins Netz verlegt werden und dann dort die spannendsten Innovationen präsentieren.
Frese sprach im Rahmen eines Online Meet-up der Süßwarenbranche darüber, dass die ISM 2022 ein hybrides Konzept haben werde, das heißt, um viele digitale Elemente ergänzt. Die entsprechende Plattform-Technik dafür gebe es im Unternehmen bereits. Damit könne man dann vielleicht auch Besucher ansprechen, die sonst ohnehin nicht persönlich zur Messe kämen. Im Mittelpunkt müsse dennoch wieder das persönliche Treffen stehen.
Ein schwieriges Jahr
Zur Lage der Hersteller in der Branche befragt, sagt Bastian Fassin, Vorsitzender des Arbeitskreises Internationale Süßwarenmesse (AISM), dass allgemein angenommen werde, die Süßwarenbranche gehöre zu den Gewinnern der Corona-Krise. Dies sei aber, strotz steigender Süßwaren-Umsätze im Lebensmittel-Einzelhandel, so insgesamt nicht der Fall. Es sei auch für diese Branche ein „sehr schwieriges Jahr“ gewesen. Steigende Kosten für Hygiene-Konzepte etc. aber auch dramatische Umsatzrückgänge, beispielsweise im Travel Retail an Bahnhöfen und Flughäfen, seien dafür mit verantwortlich. Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des Mittelstandsverbundes, unterstrich in diesem Zusammenhang, dass es in Teilen der Convenience-Branche inzwischen zu „existentiellen Gefährdungslagen“ komme und einige der derzeit geschlossenen Läden wohl gar nicht mehr öffnen würden.
Einige Sortimente unter Druck
In Bezug auf die Süßwaren-Sortimente sagte Veltmann, dass vor allem auch Bonbons, Kaubonbons und Kaugummi einen deutlichen Rückgang zu verzeichnen hätten, wohl weil dies auch typische Produkte für Autofahrer an Tankstellen seien, die jetzt weniger nachgefragt würden. Positiv sei 2020 allerdings gewesen, dass die Bevölkerung weniger Ausgaben für Reisen etc. getätigt habe. Damit sei „Geld im Land gehalten“ worden, was den Umsätzen bei Schokolade und Knabberartikeln zu Gute gekommen sei. Schwieriger sei es in der Pandemie auch geworden, Innovationen im Markt zu platzieren, weil Messen fehlen, aber auch Außendienste nicht aktiv werden konnten, sagte Fassin. Außerdem griffen nach seinen Erkenntnissen die Konsumenten in dieser Situation mehr zu bekannten Marken und Produkten. Branchen Trends, die aus seiner Sicht aktuell zu beachten sind, seien beispielsweise:
- Karamell (vor allem in der salzigen Variante), derzeit bereits vertreten in vielen Süßwaren-Kategorien
- Natürliche Zutaten
- Nuss- und Nuss/Fruchtmischungen
- Produkte, die individuelle Bedürfnisse erfüllen.
Auch wenn es in der Corona-Krise Gewinner und Verlierer in der Süßwarenbranche gebe, ist nach Ansicht von Dr. Uwe Lebens, Stellvertretender Vorsitzender des AISM, eines besonders problematisch für alle Seiten in diesem Geschäft: Dass es in Deutschland „wieder Schnäppchenpreise für Süßwaren“ gebe. Schon seit einigen Jahren untersucht der Marktforscher Nielsen für Sweets Global Network (SG), den Spitzenverband der deutschen Süßwarenwirtschaft, die internationale Preisentwicklung bei einem Warenkorb mit 16 Süßwaren-Artikeln in zwanzig Ländern, berichtete Lebens.
Klares Ergebnis für den Zeitraum Oktober 2019 bis Oktober 2020: Der deutsche Lebensmittel-Einzelhandel hat hier den tiefsten Durchschnittspreis von allen zwanzig Ländern. Der Preis sei im Erhebungszeitraum gegenüber Vorjahr noch einmal um 2,5 Prozent gesunken und lag bei 19 Euro. Auf dem zweiten Platz liegt der belgische Handel. Die höchsten Preise mit diesem Warenkorb erzielt Norwegen mit 46 Euro, also mehr als doppelt so viel, gefolgt von Dänemark und der Schweiz. Wegen mangelnder Vergleichbarkeit wurden Discounter nicht berücksichtigt, aber das hätte die Zahlen für Deutschland wohl kaum verbessert.
Schwierig ist diese Situation natürlich auch für manchen C-Store, der mit seiner Preisstellung zwar dort liegt, wo das Produkt sein sollte, um eine vernünftige Wertschöpfung zu ermöglichen, im gesamten Lebensmittelhandel damit aber oft als zu teuer wahrgenommen wird. Es wird spannend, zu sehen, wie sich künftig die E-Food-Anbieter und Lieferservices hier zu Lande preislich bei Süßwaren positionieren, da auch für sie gilt, dass die Player in Deutschland mit einer deutlich geringeren Wertschöpfung zurecht kommen müssen als in den meisten anderen Ländern.