Wie kauft und informiert sich der Kunde in zehn Jahren, und welche Verbrauchergruppen wird es geben? Darauf gibt Alexander Eissing, Gründer und Geschäftsführer von Livello, eine Antwort.
Eissing und sein Unternehmen entwickeln seit 2016 innovative IoT-Lösungen, um frisches Essen und Alltagsprodukte jederzeit und überall zugänglich zu machen. Livello, bekannt für smarte Kühlschränke und automatisierte Stores, bedient viele Branchen, Handel, Catering, Lebensmittelherstellung, sowie die Hotel- und Restaurantbranche. Eissing hat einen Erfahrungsschatz aus fünf Tech-Startups, als Business Angel und Strategieberater:
Die Zukunft des Einkaufens
„In den letzten Jahrzehnten haben wir eine rasante Entwicklung in der Art und Weise erlebt, wie Technologie das Einkaufsverhalten prägt und die Convenience-Branche transformiert. Bis zum Jahr 2034 werden technologische Innovationen, veränderte Verbraucherpräferenzen und das Verständnis von Convenience das Einkaufserlebnis neu definieren.
Bis 2034 wird das Einkaufserlebnis eine umfassende Transformation durchlaufen, die vor allem durch technologische Entwicklungen angetrieben wird. Der Einzelhandel wird sich nicht mehr nur auf physische Läden beschränken, sondern durch eine nahtlose Integration von digitalen und physischen Erlebnissen definiert werden. Neue Technologien wie Augmented Reality (AR), das Internet der Dinge (IoT) und KI-gesteuerte Systeme werden das Einkaufserlebnis zu einem hochgradig interaktiven, personalisierten und nahtlosen Erlebnis machen.
Stellen Sie sich vor, Sie betreten einen Laden, in dem AR Anproben ermöglicht, ohne dass Sie tatsächlich Kleidung anprobieren müssen. Ergänzend wird ein Lebensmittelmarkt, in dem IoT-Geräte in Ihrem Warenkorb und Einkaufswagen integriert sind, automatisch alle Produkte erkennen und zudem den Weg zu gewünschten Produkten aufzeigen, entsprechend zu den vorherigen Einkäufen und Präferenzen.
Bequemlichkeit und Cross-Channel
Bequemlichkeit und Effizienz spielen eine immer größere Rolle im Kaufentscheidungsprozess der Kunden. Diese schätzen die Möglichkeit, schnell und unkompliziert über ihre Smartphones auf Produktinformationen und Verfügbarkeitsdaten zugreifen und Preise vergleichen zu können, noch bevor sie einen Laden betreten. Ein kohärentes Einkaufserlebnis über diverse Kanäle hinweg – von Online-Plattformen, über mobile Apps, bis hin zu physischen Geschäften – ist entscheidend, um moderne Verbraucher zu erreichen. Unternehmen, die eine nahtlose Integration ihrer verschiedenen Vertriebskanäle anbieten, können ein angenehmeres und zufriedenstellenderes Einkaufserlebnis schaffen.
Personalisierung, KI und Datenschutz
Durch die Analyse von Kaufhistorien, Suchverhalten und Kundenpräferenzen können KI-basierte Systeme personalisierte Produktempfehlungen liefern. Laut einer Studie von Epsilon sind 80 Prozent der Befragten eher geneigt, bei Marken einzukaufen, die personalisierte Erlebnisse bieten. Diese maßgeschneiderten Empfehlungen verbessern nicht nur die Kundenerfahrung, sondern erhöhen auch die Wahrscheinlichkeit von Zusatzverkäufen und Cross-Selling. Unternehmen können nun auch Werbebotschaften und Angebote erstellen, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Wünsche der Kunden zugeschnitten sind. Diese Strategie führt zu höheren Konversionsraten und stärkt die Kundenbindung.
Die Fähigkeit, Produkte nach Kundenwunsch anzupassen, etwa durch Farben, Materialien oder durch maßgeschneiderte Designoptionen, wird zum entscheidenden Faktor im Wettbewerb. Gleichzeitig wächst die Notwendigkeit, die Privatsphäre und persönlichen Kunden-Daten zu schützen, da diese zunehmend sensibel auf Datenschutzfragen reagieren.
Hyperlokale Läden und Micro-Märkte
Das Einkaufsverhalten entwickelt sich hin zu hyperlokalen Geschäftsmodellen, wie kleinen Läden und Micro-Märkten, direkt am Verbrauchsort, wo der Konsument die meiste Zeit verbringt. Einzelhändler passen sich an, indem sie Priorität auf Convenience-Stores und Micro-Märkte legen, die kleiner sind, vollautomatisiert – ähnlich Amazon Go – und rund um die Uhr geöffnet sind. Diese strategische Verschiebung von großen Supermärkten zu einem dichten Netzwerk kleinerer Geschäfte direkt in Wohngebieten, Unternehmen oder an hochfrequentierten Stellen ermöglicht es, den Kunden näher zu kommen und ihre Bedürfnisse schneller zu erfüllen. Die logistische Optimierung, die die Zeit vom Wunsch bis zum Konsum minimiert, ist fundamental, um den Bedarf nach Ultra-Convenience zu decken.
Die Verbrauchergruppen der Zukunft
Die „Super Digital Natives“ werden einen erheblichen Teil der Wirtschaftsleistung im Jahr 2034 ausmachen. Aufgewachsen in einer Welt, in der Smartphones und IoT-Geräte alltäglich sind, erwarten sie, dass Einkaufserlebnisse nicht nur nahtlos und sofort zugänglich, sondern auch höchst personalisiert sind. Jüngere Generationen, die mit Technologie aufgewachsen sind, werden einen großen Teil der Wirtschaft ausmachen und Unternehmen herausfordern, nachhaltig und ethisch zu handeln. Die Betonung auf Nachhaltigkeit wird weiterhin wachsen, und Konsumenten werden zunehmend Unternehmen bevorzugen, die umweltfreundliche Produkte anbieten und transparent über ihre Lieferketten sind.
Die „Silver Surfers”, die wachsende Gruppe der älteren Konsumenten, die „Silbernen Navigatoren“, zeichnet sich ebenfalls durch ihre zunehmende Technikaffinität und ein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein aus. Sie legen großen Wert auf die Qualität und Herkunft der Produkte sowie deren Nachhaltigkeit. Der Global Health and Aging Report zeigt, dass über 70 Prozent der Silbernen Navigatoren umweltfreundliche Produkte bevorzugen und bereit sind, für diese einen höheren Preis zu zahlen.
Die „Kulturellen Fusionisten”: Die Globalisierung und erhöhte Mobilität bringen die „Kulturellen Fusionisten“ hervor, eine multikulturelle Verbrauchergruppe, die Produkte sucht, die ihre vielfältigen kulturellen Hintergründe widerspiegelt. Einzelhändler, die sich dieser Diversität anpassen wollen, können laut dem Multicultural Economy Report eine deutliche Umsatzsteigerung von bis zu dreißig Prozent erwarten, indem sie ein breiteres, kulturell angepasstes Sortiment anbieten.“