Hank Armour „Eine neue Welt sehen“

Zu unserem Jubiläum gab der Top-Akteur der internationalen Convenience-Branche, Hank Armour (Foto), President der NACS in den USA, uns ein ausführliches Interview. Im zweiten Teil ‧beschreibt er auch seine Eindrücke vom Convenience-Business in Deutschland.

Montag, 08. März 2021 - International
Hans Jürgen Krone
Artikelbild „Eine neue Welt sehen“
Bildquelle: Nacs

Herr Armour, zur NACS-Show kommen seit Jahrzehnten Besucher aus aller Welt. Eine echte Vernetzung von Aktivitäten wurden mit den modernen Möglichkeiten der Kommunikation eingeleitet. Wie stellt sich die NACS international auf und welche Bedeutung kann dabei der deutsche Markt haben?
Armour: Vor fünfzehn Jahren hatte die NACS Mitglieder in zehn Ländern, vornehmlich in der westlichen Hemisphäre. Heute haben wir Mitglieder in 57 Ländern, rund um die Welt. Warum? Weil die Welt konvergiert. Es gibt viele Unterschiede auf der Welt aber nur wenige einzigartige Themen. Die Unterschiede sind hauptsächlich erklärbar dadurch, dass sich Länder in verschiedenen Phasen eines Themen-Lebenszyklus‘ befinden. Kein Land ist gleichzeitig in allen Themen am weitesten entwickelt. So ist das mobile Bezahlen zum Beispiel weit in China, Japan und Hongkong fortgeschritten, hingegen sind diese Regionen hinterher, wenn es um die Integration von Kraftstoff- und Convenience-Marketing geht, um gesunde Foodservice Optionen oder Tabakregulierung. Convenience-Händler in Westeuropa sind führend in Foodservice Angeboten und im Adressieren des Plastik-Themas. Die USA sind führend im Kraftstoff-Marketing und im Anbieten von Touch-Screen Bestellungen für Foodservice. Händler können so viel lernen, indem sie sich ansehen, was in anderen Gegenden dieser Erde passiert, welche Chancen oder Risiken bestehen. Was NACS ihren Mitgliedern bietet ist eine Art globaler Radarschirm, um in die Zukunft zu sehen. Daher werden so viele Handelsunternehmen aus aller Welt Mitglied bei NACS.

Sie sind inzwischen auch international in Sachen unterschiedlicher Branchen-Events aktiv?
Ja, neben der NACS Show organisieren wir zwei jährliche internationale Konferenzen: Den NACS Convenience Summit Europe und den NACS Convenience Summit Asia. Diese Konferenzen sind zugeschnitten auf unsere Mitglieder in diesen Regionen und liefern regional relevante Erkenntnisse. Unternehmen aus Deutschland, wie Rewe, Tank & Rast, BP/Aral, Total und Shell waren bisher besonders aktiv beim Europäischen Summit. Dieser sollte im vergangenen Juni in Berlin stattfinden, musste jedoch wegen Covid-19 ausfallen. Im Juni 2021 werden wir in Dublin sein und dann zurück in Berlin in 2022. Zusätzlich zu diesen größeren Events, veranstalten wir auch ein Serie kleinerer, mehr intimer Veranstaltungen, wie unsere CEO-Summits auch in Europa, Latein-America oder Nordamerika. Oder unser auf Länder-Cluster fokussierter Convenience-Leaders Exchange in der DACH-Region, in Großbritannien und Eastern Europe.

Sie waren selbst schon häufiger beruflich in Deutschland. Wie haben Sie hier die Convenience-Stores erlebt und wie würden sie diese international einordnen?
Deutsche Convenience Geschäfte sind sehr sauber, exzellent bewirtschaftet, bieten in der Regel Weltklasse Backwaren und einen Fokus auf Bio Produkte. Über die vergangene Dekade hinweg habe ich dabei auch eine immense Verbesserung im Kaffeeangebot gesehen. Ich freue mich bereits auf den nächsten Deutschlandbesuch, hoffentlich am 28. Januar 2021 zum NACS Convenience Leaders Exchange DACH in Hamburg bei unserem deutschen NACS-Repräsentanten Christian Warning.

Wie kann Ihre Organisation künftig die C-Stores im europäischen beziehungsweise im deutschen Markt noch besser unterstützen?
Es ist nur allzu einfach immer das Gleiche zu tun und sich nur mit dem direkten Umfeld zu beschäftigen. In der heutigen Welt drängen jedoch neue Spieler auf den Markt – viele aus anderen Handelskanälen – und redefinieren das Convenience Angebot. Ein Beispiel ist der wachsende Bereich der Click & Collect Angebote sowie der Lieferdienste. NACS liefert eine Sicht auf die Zukunft und hilft unseren Mitgliedern selbst der Treiber des Wandels zu sein, selbst den Markt zu stören anstatt zerstört zu werden. Ich würde deutschen und europäischen Convenience Händlern empfehlen, dafür unseren Europäischen Summit, den Asiatischen Summit und die NACS Show zu besuchen, sowie unsere sich schnell weiterentwickelnden digitalen Angebote wahrzunehmen, um ihr Geschäft voranzutreiben.

C-Stores sind ein weltweit zu findendes Retail-Konzept. Wie können Medien und Verbände gemeinsam dafür sorgen, dass die Shop- Betreiber, trotz aller Unterschiede durch globale Learnings der Branche profitieren?
Exakt durch Dinge, wie dieses Interview. Zusammenarbeiten, um neue und relevante Erkenntnisse in der sich entwickelnde Convenience-Landschaft zu teilen, um Convenience Händlern bei der Definition zu helfen wie die Zukunft von Convenience aussieht. Und dabei natürlich die Stimmen der Branche zu nutzen und zu verstärken.

Die E-Food-Anbieter schicken sich international an, sich ein Stück vom Convenience-Kuchen abzuschneiden und sind vielleicht ein Teil der Branche. Sehen Sie von Seiten der Shop-Betreiber Möglichkeiten oder sogar die Notwendigkeit, zu kooperieren?
Sie treffen den Nagel auf den Kopf – diese Anbieter sind bereits Teil unserer Branche. Und zu einem großen Teil zeigt dies wie weit wir uns in den vergangenen vierzig Jahren entwickelt haben. Wir waren es gewohnt Ideen aus anderen Handelskanälen zu nutzen, um das Convenience- Konzept zu redefinieren und weiterzuentwickeln. Wir waren damit erfolgreich und heute versuchen andere Kanäle sich auch ein Stück Convenience anzueignen. Es ist heute sehr wichtig zu definieren, was der Convenience-Handel ist – nicht im Sinne eines Formates – sondern eher durch die Augen des Konsumenten.

Wie definieren Sie Convenience?
Wir müssen stetig weiterforschen, was die Konsumenten von Convenience erwarten – sei es eine reibungslose Einkauferfahrung, Online Bestellungen, Heimlieferung, gesundes Foodservice Angebot oder anderes.

Aktuell beschäftigt die Covid 19-Pandemie weltweit die Branche am meisten. Gibt es bereits erste Konsequenzen, die Sie daraus ziehen? Wie wird es in der Branche in Deutschland aus Sicht der NACS weitergehen?
Mit einer Impfung werden wir wieder einen normaleren Alltag sehen. Dieser wird jedoch garantiert beeinflusst sein durch alles, was wir während der Pandemie erlebt haben. Menschen haben das Bedürfnis zusammen zu sein, so denke ich, dass wir sicherlich wieder in persönlichen Kontakt treten werden, in manchen Ländern vielleicht etwas zu schnell, welches dann wieder zu einem Anstieg an Covid-19 Infektionen führen kann. Viele Elemente dieser ‚neuen Normalität‘ waren bereits am Horizont erkennbar; die Pandemie hat deren Ankunft einfach beschleunigt: Online-Bestellungen, Bestellungen per Handy, mobiles Bezahlen, Click & Collect, Lieferdienste, kontaktloses Bezahlen, die wachsende Nachfrage nach Nachbarschaftsgeschäften – sei es in Nähe zur Wohnung oder zum Büro – und fertige oder fast fertige Mahlzeiten für Take-Away. Über all dies haben wir bereits seit Jahren gesprochen, nun sind sie da. Es ist noch zu früh, um vorauszusagen, wie sich das Verhalten rund um Mobilität auch nachhaltig verändert hat, ich glaube, dass es durch die Pandemie einen gehörigen Anstoß bekommen hat.

Wagen Sie einen Blick in die Zukunft? Worauf muss sich die Convenience-Branche aus Ihrer Sicht künftig international vor allem einstellen?
Ich denke wir werden eine neue Welt sehen, garantiert mit neuen Elementen, neuen Technologien, neuen Produkten, neue Arten und Weisen, wie wir unser Geschäft betreiben. Die Welt 2019 sah sehr anders aus im Vergleich zu 1989. Dinge verändern sich stetig und signifikante Unterbrechungen beschleunigen diese Veränderungen. Ich bin sehr optimistisch in Bezug auf die Zukunft unserer Branche. Alles, angefangen bei Haushalts-Demografien bis zu sich verändernden Konsumentenbedürfnissen, weist auf einen wachsenden Bedarf an kleinformatigem Convenience Handel hin. Was den Convenience Betreibern in der Vergangenheit Erfolg gebracht hat, wird ihnen auch in Zukunft Erfolg bereiten: ein intensiver Fokus auf den Bedürfnissen und Wünschen unserer Kunden und darauf, wie man sie am Besten erfüllt, ein unerbittliches Begehren eine positive und einträgliche Arbeitsumgebung für unsere Mitarbeiter zu schaffen und sich jeden Tag zu fragen wie wir morgen noch besser sein können als heute.