Snackification „Meat-snacking wird Protein-snacking“

Mobilität und Diversität des Alltags haben dazu geführt, dass immer mehr Menschen snacken. Herzhafte Snacks aus Fleisch, Wurst und vegane Alternativen sind besonders beliebt und würden immer häufiger Bestandteil von Hauptmahlzeiten, sagt Roland Verdev (Foto), CEO von The Family Butcher.

Samstag, 10. September 2022 - Industrie
Silke Hoyer
Artikelbild „Meat-snacking wird Protein-snacking“
Bildquelle: The Family Butcher

Die Ernährungsgewohnheiten der Deutschen haben sich gravierend verändert. Während über viele Jahrzehnte die drei Hauptmahlzeiten Frühstück, Mittagessen und Abendbrot den Tagesablauf strukturierten, greifen die Verbraucher nun immer öfter zu Snacks und kleinen Zwischenmahlzeiten. Laut Statista ersetzt etwa 40 Prozent der deutschen Bevölkerung die Haupt- durch viele Zwischenmahlzeiten: ein früher Snack am Morgen, diverse Minimahlzeiten über den Tag verteilt bis zum Abend und ein später Late-Night-Snack. Dieser Trend hat sogar einen Namen: Snackification.
Entsprechend positiv haben sich die Zahlen für die Branche entwickelt: Laut Statista wird der Umsatz im Segment Snack-Food 2022 etwa 3,45 Milliarden Euro betragen. Laut weiterer Prognose wird bis zum Jahr 2027 ein Marktvolumen von 4,22 Milliarden erreicht; Dies entspricht einem jährlichen Umsatzwachstum von 4,13 Prozent. Umgerechnet auf die Bevölkerungszahl in Deutschland, werden in diesem Markt im Jahr etwa 41,11 Euro pro Kopf umgesetzt. Und diese Zahlen sind nicht preisgetrieben. Mengenmäßig wird 2027 im Segment Snack-Food ein Volumen von 608,7 Millionen Kilogramm erwartet. Für 2023 wird ein Absatzwachstum von 2,4 Prozent prognostiziert. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch im Segment Snack Food wird 2022 bei voraussichtlich 6,28 Kilogramm liegen.

Herzhafte Snacks sind angesagt
Neben der Menge hat sich auch die Art der bevorzugten Snacks geändert. Wollten die Verbraucher früher eher Süßwaren als Snack für Zwischendurch, greifen die meisten Snacker mittlerweile eher zu einer herzhaften Variante. Fleisch- und Wurst-Snacks spielen dabei eine wichtige Rolle, bevorzugt in Convenience-Kanälen nachgefragt. Aktuell entwickeln sich Fleisch-Snacks in der Tankstelle mit plus zehn Prozent zu einem Umsatz von neuen Millionen Euro bis Ende Mai, im Vergleich zum Vorjahr. Bei Wurst-Snacks lag das Umsatzplus von Januar bis November 2021 bei4,8 Prozent und damit über 600 Millionen Euro.

Dieser Trend hat sich auch während der Pandemie fortgesetzt. „Wir beobachten, dass mehr als 70 Prozent der Wurst-Snacks zu Hause konsumiert werden. Das ist zum einen auf den durch die Pandemie bedingten Wegfall von Außer-Haus-Verzehr-Momenten zurückzuführen. Zum anderen aber auch auf den Trend, dass Snack-Produkte nicht mehr nur als Zwischenmahlzeit verzehrt werden, sondern immer häufiger Bestandteil von Hauptmahlzeiten sind“, sagt Roland Verdev, CEO von The Family Butcher, wozu auch die Marke Reinert gehört.

Neben den originären Wurst- und Fleisch-Snacks liegt der Fokus der Verbraucher zurzeit vor allem auf Fleischalternativen. Diese verstärkte Verlagerung des Verbrauchergeschmacks wurde durch den Ausbruch von Covid-19 weiter angeheizt. Der allgemeine gesellschaftliche Trend geht dahin, den Verzehr von Fleisch- und Wurstprodukten einzuschränken; auch bei der Wahl ihrer Wurst- und Fleisch-Snacks sind den Konsumenten vor allem gesundheitliche Aspekte wichtig. Entsprechend konzentrieren sich viele Hersteller auf die Entwicklung ihres Veggie-Portfolios. „Mit dem Carazza XXL und dem Roll XXL haben wir unsere beiden Top-Seller bereits seit dem ersten Quartal als vegetarische Variante in der Kassenzone“, berichtet Robin Betz, Head of Category, Shopper & Trade Marketing von LSI.

Auch macht sich im Snack-Segment der Fitness-Trend bemerkbar. Erwünscht sind Eiweiße oder Proteine – sie gelten als das Nonplusultra: So hilft proteinreiche Nahrung beim Aufbau von Muskeln. Und bei der Verwertung von Protein verbraucht der Körper sogar Energie. Proteine machen zudem lange satt. Auch die Einführung weniger verbreiteter Proteinquellen, darunter Truthahn, Meeresfrüchte und Wildfleisch geben der Kategorie neuen Schub. „Meatsnacking wird Proteinsnacking mit verschiedenen Sources of Protein“, bringt es Robin Betz von LSI auf den Punkt. Doch der Geschmack bleibe der entscheidende Faktor.

Chips oder Riegel aus Wurst oder Fleisch
So kommen Fleisch- und Wurst-Snacks nicht mehr nur in üblichen Formen daher. Das Angebot wurde durch Kraftpakete, Chips oder Riegel aus Wurst oder Fleisch erweitert. So hat das steirische Unternehmen Big Power Fitness Snack seine Fleisch-Chips in drei Varianten auf den Markt gebracht: Natur, Mediterran und mit Chili-Geschmack. Alle bestehen zu 75 Prozent aus Protein, enthalten keine Kohlenhydrate und neben Schweinefleisch nur noch Meersalz, Gewürze und Rauch. Aus Polen kommt der Meat & More-Riegel mit einem Fettanteil von 23 Prozent, in dem sich neben Schweinefleisch auch Körner finden, nämlich Leinsamen, Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne und Buchweizenkleie. Auch die Themen Nachhaltigkeit und Tierwohl machen sich im Wurst- und Fleisch-Snack-Segment bemerkbar. „Für das Sortiment Reinert Herzens-Sache verwenden wir ausschließlich Fleisch von Landwirten der Region, die bei der Aufzucht die Kriterien der höchsten Haltungsformstufe vier erfüllen“, so Roland Verdev. Und sogar aus dem Hause Tönnies ist zu hören, dass Nachhaltigkeit und Tierwohl Überzeugung sei: „Unsere Gruppe hat einen hohen Bio-Anteil, bei Bio-Schweinefleisch sind wir sogar Marktführer.“