Retail goes Handel Gastro-Test bei Aldi

Das Pop-up-Bistro im Kölner Media-Park

Freitag, 02. Juni 2017 - Foodservice
Hans-Jürgen Krone
Artikelbild Gastro-Test bei Aldi
Bildquelle: Carsten Hoppen

Was hat Aldi in Sachen Gastronomie vor? Diese Frage blieb auch bei der Eröffnung des ersten Aldi Pop-up-Bistros in Köln unbeantwortet. Das Unternehmen legt es aber erstmals darauf an, zu zeigen, dass es auch gastronomisch etwas zu bieten haben könnte.

Die Retail-Wettbewerber der Convenience-Shops, unter ihnen auch Aldi, rüsten auf und bewegen sich stark in Richtung zusätzlicher Gastronomiekompetenz. Das ist nicht unproblematisch, denn die besondere Mischung aus Dienstleistung, Handel und Gastronomie war immer die besondere Stärke der Conveniences Stores. So vielfältig der Lebensmittelhandel und so preiswert die Discounter waren, die C-Shops konnten und können mit diesem besonderen Angebot sehr gut punkten. Doch der Druck wächst weiter, denn aktuell zeigt erstmals Top-Discounter Aldi gastronomisch richtig Flagge und betreibt im Kölner MediaPark für drei Monate ein so genanntes Pop-up-Bistro, das anschließend wieder spurlos verschwinden soll, bis es wahrscheinlich in einer anderen Stadt wieder auftaucht. Dass die ungewöhnlichen Aktivitäten von Aldi für besondere Aufmerksamkeit sorgen, ist bei dessen Stärke und Durchsetzungskraft im deutschen Handel kein Wunder. Schließlich waren die Discounter ursprünglich am weitesten von Convenience-Konzept weg, wären aber mit ihren verkehrsgünstigen Standorten, vielen Parkplätzen, langen Öffnungszeiten und dazu guten gastronomischen Angeboten plötzlich mittendrin. „Wenn die Discounter Coffee-to-go in guter Qualität anbieten, dann ist Convenience in Deutschland in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, meinte kürzlich auch Lekkerland CEO Patrick Steppe im Rahmen der Bilanzpressekonferenz seines Unternehmens. Aldi hat sich auch bei der Ladengestaltung bekanntlich längst von seinem spartanischen Paletten-Konzept der früheren Jahre abgewandt und setzt inzwischen auf mehr Ambiente und Aufenthaltsqualität in seinen Filialen. Im Sortiment wird Frische-Convenience – auch in to-go zum Sofortverzehr – forciert. Frische Backwaren haben sich inzwischen dort bereits seit Längerem etabliert und auch hier war der ungewöhnliche Backwaren-Automat nicht das letzte Wort.

Und jetzt sogar Gastronomie? Das könnte sein, denn was in diesen Tagen in Köln unter dem Motto „einfach lecker essen“ auf den Teller kommt, kann sich durchaus sehen lassen. Für relativ kleines Geld, ganz wie es der Aldi-Philosophie entspricht, können die Gäste ein gastronomisches Angebot nutzen, das auf Grundlage des Aldi-Sortiments von dem Fernseh-Koch Robert Marx konzipiert wurde. Wie bei dem sonst eher verschwiegenen Unternehmen zu erwarten war, wurden allerdings alle Fragen danach, was Aldi mit der neuen Gastrokompetenz dann in seinem Handelsnetz anfangen will, nicht beantwortet. „Dass wir so ein Konzept hier realisiert haben, muss nicht unbedingt heißen, dass wir auch gastronomisch aktiv werden“, sagte die Marketingleiterin Sandra-Sybille Schoofs von Aldi Süd im Rahmen der Eöffnung des Kölner Bistros gegenüber Convenience Shop. Sie räumte allerdings ein, dass man sich im Pop-up-Bistro natürlich genau ansehen wird, wie die Gäste reagieren und was sie wollen und was nicht.


Natürlich könnte man das sehr lifestylig im Industrie-Look eingerichtete Aldi-Bistro, das es wohl auch noch an weiteren Standorten geben wird, auch als reine Marketing-Aktion in Richtung „seht mal, was man mit Aldi-Produkten so tolles kochen kann“ werten, aber genauso plausibel ist es, zu vermuten, dass hier getestet wird, ob die Verbraucher dem Unternehmen überhaupt Gastro-Kompetenz zumessen. Ob man dann in der Praxis auch in ähnlicher Weise auf eine einfache wie schnelle Bauweise mit verglasten Containern, wie sie für das Pop-up-Bistro verwendet wurden, an Aldi-Märkten zurückgreifen würde, ist im Moment reine Spekulation. Tatsache ist allerdings, dass in den Aldi-Märkten so wie sie im Moment sind, kein Platz wäre. Die Standorte haben aber oft so viel Parkraum, dass an der einen oder anderen Stelle sogar Platz für zusätzliche Drogeriemärkte-Märkte war. Die Convenience-Branche und Shop-Betreiber jedenfalls sind aufgerufen, die Entwicklung bei Aldi im Auge zu behalten, um sich darauf einstellen zu können. Doch Bangemachen gilt nicht, denn auch für den Top-Discounter wäre das Gastro-Angebot kein Spaziergang.

Gastronomische Aktivitäten sind dabei im Handel natürlich nicht neu, aber sie werden aktuell intensiviert und immer mehr über ein Angebot in der Vorkassenzone von Supermärkten hinausgehen. Der klassische Lebensmittelhandel ist längst in der Gastronomie angekommen.

So hat sich beispielsweise die Edeka laut dem von Foodservice vor der Internorga veröffentlichten aktuellen Ranking der umsatzstärksten Gastronomen in Deutschland auf Platz 9 vor Aral geschoben, die ihrerseits von Platz 8 auf den zehnten Platz gerückt ist, ein Umstand, der wahrscheinlich vor allem auf die Schließung von Petit Bistros während der Umrüstung auf Rewe to go zurück geht.

Besonders stark war die Edeka 2016 im Bereich Quickservice, dem erlösträchtigsten Gastronomiebereich. Hier konnte sich das Unternehmen 2016 mit einem Umsatz von 212 Mio. Euro (plus 7,8 Prozent) und 1.083 Restaurants gegenüber dem Vorjahr von Platz 9 auf Platz 6 vorkämpfen.

Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass zu den Top-Unternehmen, die ihren Gastro-Umsatz 2016 auf bestehender Fläche am meisten steigern konnten, auch zwei Mineralölgesellschaften gehören, nämlich die Shell mit einem Plus von 5,8 Prozent und die Eni mit einem Plus von 3,7 Prozent. Von den Gastronomie-Erlösen der Top 100 im Jahr 2016 fallen laut Foodservice inzwischen 4,6 Prozent auf den Handel, der seine Erlöse diesbezüglich 2016 um 3 Prozent steigern konnte. Dominiert wird das Geschäft immer noch von der Verkehrsgastronomie mit 23,3 Prozent und den Quickservice-Restaurants mit 55,3 Prozent.

Zu rechnen ist mit einem weiteren Wachstum der Gastro-Aktivitäten des ‧Handels, denn bei den Top Ten der Wachstumschancen für die kommenden Jahre ‧liegen laut Foodservice auf Platz 3Snacks-to-go aus dem Supermarkt und dazu auf Platz 9 die Handelsgastronomie.

 

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