Kaffeeindustrie Erfolgreich auf der Trendwelle

Zwischen 1986 und 2000 sinkt der Pro-Kopf-Verbrauch von Kaffee um 9 Prozent. Dann zeichnet sich ein Imagewechsel ab. „Langsam, aber sicher verliert das Getränk sein angestaubtes Kaffee-Klatsch-Image ...".

Mittwoch, 13. November 2013 - Industrie
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So zu lesen in Convenience Shop Nr. 11/12 aus dem Jahr 2000. Im gleichen Bericht werden die Shop-Betreiber bereits aufgefordert „professionelle Ausschank-Möglichkeiten“ umzusetzen, und es wird herausgestellt, wie wichtig es für Convenience-Shops ist, sich Marktanteile in dem wachsenden Markt des Kaffeekonsums außer Haus zu sichern. Nestlé bietet zu dieser Zeit das Coffee-Bar-Konzept Café Nescafé an und Melitta präsentiert die Espressobar Vacanza für kleinere Standorte. Gleichzeitig glaubt der damalige Melitta SystemService-Geschäftsführer Peter Tintelnot nicht daran, dass die Konzepte aus den USA und Großbritannien sich für den deutschen Markt rechnen. Der Grund: Dort sprächen die Bars Konsumenten damit an, dass sie ihnen einen besonders guten Kaffee servieren würden. In Deutschland sei das Bedürfnis nach gut gebrühtem Kaffee deswegen nicht Markt erweiternd, da Deutschland längst ein traditionelles Kaffeeland und der Gastro-Kaffee bereits sehr gut sei.

In der Tat galt in Amerika der C-Store-Coffee als Synonym für minderwertigen, schlecht präsentierten Kaffee. Allerdings steckt mehr hinter dem Erfolg der Coffee-Bars, nämlich ein neues Lebensgefühl, eine Mischung von Erlebnis und Entspannung sowie neue trendige Kaffee-Produkte in zahllosen Varianten. Dazu gehört auch eine moderne Präsentation und viel Atmosphäre – so zu lesen in Convenience Shop anlässlich der Eröffnung der ersten beiden Starbucks Coffee-Shops in Berlin im Frühjahr 2002. Das ist das Konzept, das maßgeblich den Trend mitbestimmt hat, wenn die aktuelle Aral-Kaffee-Studie ausweist, dass Kaffeespezialitäten mit aufgeschäumter Milch auf Platz 2 der bevorzugten Varianten liegen. Und noch wichtiger für das Kaffeegeschäft in Convenience-Shops: Drei von vier Deutschen wollen Coffee-to-go – je jünger sie sind, desto öfter. In der Altersgruppe zwischen 18 und 35 Jahren gehört der Kaffee für unterwegs bei 88 Prozent zum Alltag, bei den ü ber 46-Jährigen greifen 58 Prozent häufig oder manchmal dazu.

Auf den Boom der Kaffeespezialitäten haben natürlich auch die Maschinenhersteller reagiert und Vollautomaten entwickelt, die nicht nur Cappuccino, Latte Macchiato oder Espresso können, sondern auch Milchschaum mit Flavour, heiß oder kalt, Schoko mit Frischmilch oder Irish Coffee – das alles vollautomatisch und mit einfachstem Handling, damit auch öfter wechselndes Personal immer Kaffee in Barista-Qualität servieren kann. Dazu rückte die Milch bzw. der Milchschaum als wichtiger Bestandteil immer stärker in den Fokus der Hersteller. So präsentierte Franke beispielsweise den Foam-Master, zu deutsch Schaum-Meister, und Melitta brachte Dual Milk auf den Markt, eine Maschine, die eine Auswahl aus drei Milchschaum-Qualitäten bietet.

WMF dachte an die Liebhaber südländischer Kaffeekultur, die nicht auf das traditionelle Dampfgeräusch verzichten möchten und präsentierte seine WMF bistro mit einer speziellen Aufschäumdüse, die eine manuelle Zubereitung ermöglicht. Die Alleskönner-Maschinen sollen natürlich auch ein stylisches Design haben, und sehr beliebt ist ein gut sichtbarer Bohnenbehälter, der Kaffeequalität und -kompetenz transportiert. Ein gutes Kaffeegeschäft ist für fast jeden Shop ein Frequenzbringer und die Basis für ein erfolgreiches Snackgeschäft. Wenn der Kunde vom Kaffee überzeugt ist, kommt er wieder und probiert einen süßen oder herzhaften Snack – darüber sind sich die Experten einig.

Der Trend zum Außer-Haus-Verzehr brachte in den vergangenen Jahren nicht nur neue Kaffee-Konzepte hervor, sondern verstärkt auch Bistro- und Gastro-Ideen. Lieferanten wandelten sich zu Service-Anbietern, die nicht nur Produkte verkaufen, und alle großen Mineralölgesellschaften entwickelten verstärkt eigene Konzepte. Bei Aral kauft oder speist der Kunde seit 2004 im PetitBistro. Der Topseller heißt hier Supersnack und hat gerade Zuwachs von Crossino bekommen, das sind unterschiedlich belegte Weizenbaguettes und gegrillte Panini. „Wir konzentrieren uns auf die Kaufmotive Hunger und Durst“, heißt es bei der Mineralölgesellschaft zum strategischen Hintergrund – denn hier liegt auch das Ertrags‧potenzial.

Beim Geschäft mit dem Snack außer Haus spielen TK-Backwaren eine herausragende Rolle. Auch in kleinen Shops ist es möglich, mit modernen Öfen ein frisches Angebot in die Theke zu bringen, und für Standorte, wo der Platz nicht ausreicht, wurden Produkte entwickelt, die lediglich aufgetaut werden müssen. Kämpften Tankstellen-Shops früher teilweise noch mit Akzeptanz-Problemen, erwarten die Kunden heute ein gemischtes Sortiment erstklassiger, frischer Backwaren. So war es bereits 2006 aus dem Hause Lantmännen Unibake zu hören. Als Trendprodukt wurde zu diesem Zeitpunkt das Sandwich in allen möglichen Variationen benannt. Dietmar Ney, Head of Marketing bei Hiestand & Suhr, zählt die aktuellen Trends auf: „Frische, handwerkliche Optik und kreative Snack-Ideen sind gefragt. Weiter stark im Trend sind warme Snacks. Frische steht bei allen Kunden ganz oben auf der Wunschliste. Mit sichtbarer Frische wird die Qualitätsgarantie verbunden, und das fördert d en Abverkauf.“ Das gilt sowohl für Produkte, die nach dem Backen gleich verkaufsfertig sind, wie auch für Artikel, die zusätzlich individuell veredelt oder belegt werden können. Von der Laugenbrezel über gefüllte Croissants bis hin zum Panini, das im Kontaktgrill in wenigen Minuten erhitzt wird, – was sich für den To-go-Konsumenten eignet, hat gute Chancen. Die zunehmende Take-away-Kultur hat auch dazu beigetragen, dass Produkte aus der American Bakery heute erfolgreich sind. Donuts, Muffins, Cookies und Brownies sind eine beliebte Abwechslung zum bekannten Plundergebäck. „Außerdem sind die Produkte meist attraktiver zu präsentieren und besser zum Mitnehmen geeignet“, so Dietmar Ney.