Fresh Cut Mit Sicherheit frisch

Zwei Tonnen Äpfel in der Stunde, zwei Tonnen Weintrauben am Tag und zwei Geschäftsführer, die aus einem Zwei-Mann-Betrieb nicht nur ein zweites Standbein geschaffen haben.

Dienstag, 11. Juni 2013 - Industrie
Ulrike Pütthoff
Artikelbild Mit Sicherheit frisch
Bildquelle: Fresh Factory

Fresh Cut ist eine sensible Sache. Stimmige Rohwarenqualitäten, schonende Verarbeitung, überdurchschnittliche Hygienestandards und eine schnelle, sichere Kühllogistik sind Grundlagen der frischen Convenience – alles muss ineinandergreifen, um Qualität und Produktsicherheit zu gewähren. Ein Fall für Spezialisten wie Klaus Klische und Andreas Ballon.

Klisches Namen bringt man auch mit der Gastro Vision in Verbindung, jenem kulinarischen Event, das alljährlich parallel zur Internorga in Hamburg für Gastronomen seine Pforten öffnet. Doch mindestens 90 Prozent seiner Zeit widmet er sich den frischen Früchten. Als Mitinhaber der Fresh Factory, einem der führenden Obstsalatproduzenten auf europäischer Ebene, verantwortet er den Vertrieb, sein Partner, Andreas Ballon, die Produktion.

Die beiden betreiben ein reines B2B-Geschäft, beliefern rund 200 Großhändler und Verarbeiter mit frisch geschnittenem Obst. Von diesen Absatzmittlern treten die Früchte ihren Weg in die Gastronomie, Kantinen usw. an, und zwar bundesweit. Da kommt es nicht selten vor, dass Klische auf Reisen am Frühstücksbuffet das vorfindet, was am Tag zuvor in Hamburg-Billbrook vom Band lief. Denn dort, in Hafennähe, wird die Ware angelandet, gewaschen, geschält und geschnitten, so dass sie weiter verarbeitet bzw. verzehrt werden kann.

In der Fresh Factory werden die Früchte nachts angeliefert, so dass sie am nächsten Morgen gleich frisch verarbeitet werden. Der Hafenstandort Hamburg ist dabei ein Beschleunigungsfaktor. „Frische messen wir in Zeit. Anlieferungszeit, Lagerzeit, Verarbeitungszeit und Lieferzeit. Bei uns sind alle Prozesse auf Hochgeschwindigkeit ausgelegt. Ein in Hamburg abgefüllter Obstsalat erreicht seinen Empfänger in Deutschland innerhalb von 24 Stunden.“

Klische und Ballon kaufen die Waren über Importeuren ein, zu denen sie eine jahrelange Beziehung unterhalten. Und diese wiederum greifen auf einen festen Erzeugerstamm zurück. Ballon hält wenig von ständig wechselnden Bezugsquellen, denn so könne weder eine Vertrauensbasis aufgebaut werden, noch sei das der Zuverlässigkeit förderlich. „Alle im Prozess müssen wissen, was man von einander erwarten kann bzw. muss“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter. Insofern besteht für Fair Trade in der Fresh-Factory-Philosophie kein Bedarf, weil für Klische und Ballon von vornherein Fairplay gilt, und gute Ware just-in-time an ihrem Bestimmungsort sein muss. „Das wird von uns erwartet“, wissen die beiden. Insofern ist auch Bio Obstsalat aus ihrer Sicht zum Scheitern verurteilt, weil die Menge in der geforderten Qualität nicht garantiert werden kann. Abgesehen von der oftmals mangelnden Bereitschaft, dafür mehr zu zahlen.


Als Zwei-Mann-Betrieb waren die beiden 1997 gestartet, zu einem Zeitpunkt, um die Entwicklung der frischen Obst-Convenience mit zu gestalten. Heute stehen in Billbrook weit mehr als 100 Mitarbeiter an den Maschinen und putzen und schneiden ca. 20 verschiedene Früchte, insgesamt 4.000 Tonnen pro Jahr. Die Verarbeitungsprozesse sind auf die einzelnen Fruchtsorten zugeschnitten. Der auf Obstverarbeitung spezialisierte Betrieb ist seit 2005 IFS-zertifiziert (Higher Level). Die Hygienestandards klassifiziert Klische als „überdurchschnittlich“. Mehr als 2.000 Proben werden jährlich gezogen und sensorisch, mikrobiologisch sowie auf mögliche Rückstände hin untersucht. Darüber hinaus gewährleisten Barcode und Scanning die lückenlose Rückverfolgbarkeit und Transparenz. Allein vier Vollzeitmitarbeiter sind Tag ein Tag aus mit der Qualitätssicherung beschäftigt.

„Wir gehen mit dem Sommer um die Erde“, erklärt Klische das Sortimentsangebot. Wenn also im Alten Land die Güte der Apfelernte stimmt und das Anbaugebiet die Mengen hergibt, kommt diese Ware bei der Fresh Factory „unters Messer“. Und aus aller Welt werden Ananas, Melonen, Kiwis, Mangos und Trauben bezogen. Während Erdbeeren und Bananen für die Weiterverarbeitung zu sensibel sind, werden Weintrauben manuell geteilt und entkern. Bei allen anderen Arten übernehmen das Maschinen: waschen, schälen, schneiden. Zwei große Mehrkopfwaagen bringen alle Früchte in gleichbleibender Rezeptur zum Obstsalat zusammen. Wunschgemäß gibt es sie aber auch als Einzelsorte. Rund 35.000 kg, jeweils in 5 kg Eimern verpackt, verlassen am gleichen Tag noch das Firmengelände, um fertig kommissioniert per Frischdienstleister mit einer Restlaufzeit von zehn Tagen an die Kunden verschickt zu werden.

Neu im Sortiment ist die Range Fresh Pure. Dies ist ein reines Fruchtkonzept für den To-go-Bereich: 200 g Packungen, direkt zum Verzehr geeignet. Angeboten werden sortenreine Schalen und verschiedene Mixes. Klische könnte sich auch vorstellen, sie über den Handel bzw. in C-Stores zu vertreiben und hatte auf der Gastro Vision im März diesen Jahres bereits ein Regal-Konzept vorgestellt. Auch im Vending-Bereich oder in der Gemeinschaftverpflegung, etwa auch für den Zwischendurchverzehr, könnte Fresh Pure sofort eingesetzt werden.

Die Portionen sind bereits verkaufsfertig mit EAN-Code ausgezeichnet. Zur Zeit läuft die abgepackte Frische über Caterer, die Portionspackungen in Kantinen anbieten. Fresh Pure befindet sich noch in der Pilotphase und wird noch nicht bundesweit vertrieben.

„In der Kategorie Fresh Cut Fruit sind wir großgeworden und inzwischen so spezialisiert, dass wir in der Branche Maßstäbe setzen. Daran arbeiten wir jeden Tag weiter und investieren permanent.“ Rund 5 Mio. Euro stecken in der Produktionsstätte weitere 3 Mio. Euro sind für die kommenden Jahre geplant. Der Maschinenpark wird ständig optimiert, die Prozesse werden noch perfekter aufeinander abgestimmt, immer mehr läuft automatisch ab. Klische und Ballon entwickeln die Technologie auch im Sinne der Nachhaltigkeit kontinuierlich weiter. Ein modernen, sicherer und leistungsstarken Betrieb muss zwangsläufig auch energieeffizient arbeiten. Entsprechende Maßnahmen wurden in naher Vergangenheit getroffen: Der Abfall wird über eine Biogasanlage entsorgt; Strom wird aus 100 Prozent regenerativer Energie gewonnen; die Firmen-Pkw sind auf Hybrid umgestellt, und eine komplette LED-Lichttechnik ist installiert.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Fresh-Cut-Team: Andreas Bollen (links) und Klaus Klische. (Bildquelle: Fresh Factory)
Bild öffnen Bildquelle: Fresh Factory
Bild öffnen Was liegt näher, als die Äpfel aus dem Alte Land vor den Toren Hamburgs zu beziehen. (Bildquelle: Fresh Factory)