Lieferdienst Lieferando testet Express

Covid 19 hat den Erfolg des Quick-Commerce befeuert. Doch nach dem langsamen Abklingen der Pandemie stagniert nun auch die Nachfrage. Die Kosten bleiben. Dennoch probiert Lieferando jetzt die Food-Express-Lieferung.

Samstag, 10. September 2022 - E-Food
Martin Heiermann
Artikelbild Lieferando testet Express
Bildquelle: Lieferando

Gibt es im deutschen Markt Platz für einen weiteren Quick-Commerce-Anbieter? Lieferando, die deutsche Tochter des niederländischen Lieferdienstes Just Eat Takeaway, beantwortet diese Frage zumindest vorläufig mit einem „Ja“. Denn das Unternehmen hat kürzlich bestätigt, dass in Berlin-Charlottenburg jetzt Verbrauchern „mehr als 1.000 Produkte, auch von lokalen Marken, aus einem eigenen Warenlager“ an der Haus- oder Wohnungstür zugestellt werden. Im Sortiment sind frisches Obst und Gemüse, Brot, Fleisch, Fisch, Molkereiprodukte sowie Frühstücksartikel, Fertiggerichte, auch TK-Gerichte, Pasta und Reis, Snacks, Getränke und Drogerieartikel sowie Produkte der lokalen Partner.

Zustellung in bis zu 35 Minuten
Kommissioniert und geliefert wird aus einem 230 Quadratmeter großen Lager in dem Westberliner Stadtteil, der zuvor vom Ex-Partner Wuplo genutzt wurde. Angeboten wird die Zustellung innerhalb von 25 bis 35 Minuten unter dem Markennamen Lieferando Express. Geliefert wird wohl montags bis samstags zwischen neun Uhr morgens und Mitternacht. Der Mindestbestellwert liege bei zehn Euro. „Wir sehen die Nachfrage unserer Kunden und sie werden die erweiterte Vielfalt schätzen. In Kanada betreiben wir ein ähnliches Konzept sehr erfolgreich. Der Pilot in Berlin wird uns das hiesige Potenzial detaillierter aufzeigen“, sagt Lieferando-Geschäftsführerin Katharina Hauke dazu.

Bisher hatte der Lieferdienst seinen Kunden auf der eigenen Plattform angeboten, Lebensmittel- und Convenience-Produkte bei externen Partnern zu bestellen, die Lieferando dann auslieferte. Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit mit Tankstellen von Shell Deutschland in Berlin, Hamburg, Krefeld, Augsburg oder Leipzig, an der sich immerhin derzeit rund ein Dutzend Stationen beteiligen.

Branchenexperten sind durchaus der Meinung, dass der Lieferdienst, der eigentlich in der Zustellung fertiger Speisen aus Restaurants und der Fastfood-Gastronomie zu Hause ist, die nötigen Voraussetzungen mitbringt. Das Unternehmen könne auf etablierte Prozesse im Marketing und Service aufbauen und habe mit seiner App eine bekannte Plattform. Darüber hinaus verfügt Lieferando hier zu Lande über rund 10.000 festangestellte Fahrer in etwa 60 Städten. Hinzukommt, dass das Unternehmen mit der Lieferung von Lebensmitteln die Möglichkeit austestet, sich effizienter aufzustellen. Zwar bringt die Zustellung von Lebensmitteln geringere Margen als Restaurant-Bestellungen, doch das Geschäft mit Food-Produkten könnte die Fahrerflotte gleichmäßiger auslasten.

Probleme mit der App
Gegen einen Erfolg von Lieferando Express spricht allerdings, dass der umkämpfte Markt des Quick-Commerce in eine schwierige Phase eingetreten ist. Etliche Player habe sich bereits aus Deutschland zurückgezogen, der Lieferdienst Gorillas scheint in Finanzierungs-Schwierigkeiten geraten zu sein und viele Investoren geben sich zunehmenden zurückhaltend. Auch scheint die Lieferando-App kaum geeignet, umfassendere Sortimente anzuzeigen, die über die Länge einer Restaurant-Speisekarte hinausgehen. Denn wer sämtliche Kategorien von Lieferando Express am Smartphone ansehen will, muss wohl viel scrollen, weil die Artikel untereinander aufgelistet sind und es mehrzeilige Produktbeschreibungen gibt. Bei der Quick-Commerce-Konkurrenz ist die Übersicht dagegen kompakter.