E-Sport Pusht Marken

Wie begeistert man heute junge Leute für seine Marken? Eine Antwort darauf ist das Engagement in E-Sports. Jüngstes Beispiel: Die Deutsche Shell.

Mittwoch, 12. Juni 2019 - Industrie
Hans Jürgen Krone
Artikelbild Pusht Marken
Bildquelle: GettyImages

Markenbekanntheit bei jüngeren Menschen zu erreichen, war für Mineralölgesellschaften früher kaum ein Problem. In einer Gesellschaft, in der sich auch bei der Jugend schon früh alles ums Auto drehte, waren Tankstellen automatisch mit im Fokus der nachwachsenden Generationen. Als Supermärkte noch um 18 Uhr ihre Tore schlossen, waren Tankstellen-Shops, für die jüngere Zielgruppe, immer auch ein wichtiger Treffpunkt. Das sind sie heute hauptsächlich in den Nächten rund um die Wochenenden. Vor allem an Stationen, die rund um die Uhr geöffnet haben, ist das so. Da die wie selbstverständlich funktionierende Fokussierung auf die wichtigen Marken in diesem Geschäft nicht mehr so ohne weiteres passiert, sind auch die Mineralölgesellschaften darum bemüht, zusätzlich auf anderem Wege intensive Verbindungen zu den nachwachsenden werberelevanten Zielgruppen aufzubauen. Und da kann es schon mal sein, dass diese mit Automobiliät noch nicht viel im Sinn haben.

Shell unterstützt E-Sports
Wie beispielsweise Shell mit diesem Thema umgeht, erläuterte im Rahmen der Jahrestagung Handel und Wandel in Tankstellen und Convenience Shops, Torsten Thiemann, Leiter Shopentwicklung & Performance Management bei Shell Deutschland. Unter der Überschrift: „Neue Kunden an traditioneller Stätte“, berichtete er, wie die Mineralölgesellschaft künftig in Sachen Kundenbindung vorgehen will. Zum Abschluss seines Vortrags gab Thiemann bekannt, dass Shell jetzt in den so genannten E-Sport einsteigt und Europäischer Partner der League of Legends European Championship (LEC) wird. Worum es dabei geht, war den meisten älteren Kongressteilnehmern vielleicht nicht sofort klar, den jüngeren dagegen schon: Die Online-Spiele haben inzwischen längst die häuslichen Stuben verlassen. In der ganzen Welt werden Turniere nicht nur online ausgetragen, sondern finden in großen Hallen und Stadien statt. Hier treten Mannschaften und Vereine gegeneinander an. Oft sitzen tausende von Zuschauern auf den Rängen und verfolgen die Spiele, die meist live kommentiert werden und feuern ihre Favoriten an. International hat sich dafür der Begriff E-Sports herausgebildet.

„Im Jahr 2019 möchte Shell sein traditionsreiches Engagement im Bereich Sport ausweiten. Ein aktueller Trend, den das digitale Zeitalter mit sich bringt, sind E-Sports. Sie verzeichneten in den vergangenen Jahren die mit Abstand höchsten Wachstumsraten aller Sportarten. Das Strategiespiel League of Legends hat einen außerordentlichen Status im Bereich der E-Sports. Es vereint die größte Spielergemeinde in Europa – kaum eine Community wächst so schnell. Besonders groß ist sie in Deutschland. Der ideale Startpunkt für Shell, um im Bereich E-Sports Fuß zu fassen“, so die Begründung der Mineralölgesellschaft.  Eine verständliche Sichtweise, denn „auch in Deutschland füllen solche Events bereits seit einigen Jahren große Stadien und stehen den klassischen Sportarten damit im nichts nach“, stellt Julian Hucko fest, der im Jahr 2018 eine Bachelorarbeit zum Thema am Lehrstuhl Marketing der Universität in Siegen vorlegte. Beeindruckend ist auch ein Blick auf Markt-Zahlen. Laut dem Beratungs-Unternehmen PWC erwirtschafteten E-Sports bereits 2017 global mehr als 555 Millionen Euro. Der Global Entertainment and Media Outlook 2018 von PWC prognostiziert für 2022 1,4 Milliarden Euro Umsatz . Davon entfallen rund 32 Prozent auf das Sponsoring. Das haben beispielsweise auch bekannte deutsche Sportvereine mitbekommen und gründen inzwischen eigene E-Sports-Abteilungen.

Convenience-Ketten entdecken die Chancen
Dass es sich bei den Zuschauern und Spielern um eine spannende Zielgruppe handelt, haben inzwischen weltweit Convenience Store-Ketten erkannt und engagieren sich. Alle voran der Convenience-Weltmarktführer 7-Eleven, nach dem sogar ein ganze E-Sports-Serie in den USA benannt ist. In Japan ist es beispielsweise die erfolgreiche Convenience-Kette Lawson, die zu den Sponsoren gehört. Diese Player wollen von diesem Engagement nicht nur in Sachen Marketing und Kundenbindung profitieren, sie zielen auch ganz konkret auf Zusatzumsätze. So verkauft 7-Eleven beispielsweise erfolgreich Wertkarten, die die Spielern brauchen, um online Items für ihre Spiele zu erwerben. Bei Lawsons werden auch Tickets für die vielen E-Sport-Events verkauft.

Wer sich dennoch fragt, was das alles mit Convenience-Shops zu tun hat, dem sei gesagt, dass es sich bei Spielern und Fans um eine männlich dominierte und damit auch convenience-affine Zielgruppe handelt. Laut einer Nielsen-Studie aus dem Jahr 2017 sind sieben von zehn E-Sports-Fans männlich. Das bestätigt auch Hucko. Er legte im Rahmen seiner Bachelorarbeit eine der wenigen konkreten Befragung von Online- und Event-Teilnehmern einer E-Sports-Veranstaltung vor, die er selber unter wissenschaftlichen Bedingungen durchgeführt hatte, um mehr über die „Einflussfaktoren des Konsums von E-Sports-Events“ zu erfahren. Im Rahmen seiner Konsumentenbefragung waren 65,1 Prozent der Teilnehmer männlich und 34,9 Prozent weiblich. Bei den Online-Teilnehmern an der Befragung waren sogar fast neun von zehn Probanden männlich (87,1 Prozent). Auch interessant: Beide Gruppen zeichneten sich laut Hucko durch ein sehr hohes Bildungsniveau aus. Etwas weniger als die Hälfte (43,8 Prozent) der Eventbesucher hatte Abitur bzw. Hochschulreife und 11,1 Prozent sogar einen Hochschulabschluss. Im Online-Kontext sei das Bildungsniveau sogar noch höher gewesen. Fast ein Drittel (27,8 Prozent) der Stream-Zuschauer gab an, einen Hochschulabschluss zu haben. Knapp 40 Prozent der Zuschauer hatte zum Zeitpunkt der Umfrage das Abitur abgeschlossen.

Die Zuschauer persönlich erreichen
Auf der Grundlage seiner Erkenntnisse empfiehlt Hucko allerdings, dass sich Sponsoren vor allem an diejenigen richten sollten, die persönlich zu den Events kommen. „Hierbei haben Sponsoren die Möglichkeit, vom höheren Involvement der Konsumenten vor Ort zu profitieren, indem sie die Erfahrungen der Konsumenten mit dem Event und den involvierten Marken mit positiven Emotionen verbinden“, sagt er. Die Verbindung der Kommunikationsmaßnahmen mit Persönlichkeiten der Szene (Profispieler, Kommentatoren) erzeuge außerdem eine stärkere emotionale Beziehung der Eventbesucher zu den Marken. Zur Ausschöpfung des vollen Potenzials des Marktes sollten Unternehmen sich daher nicht nur auf die im Stream geschalteten Werbungen verlassen. Die Präsenz der Marke am Veranstaltungsort biete die Möglichkeit, weitere bisher nicht angesprochene Konsumenten der heterogenen Zielgruppe zu erreichen, so Huckos Empfehlung. Marketingmaßnahmen müssten daher „einerseits auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Konsumenten und die verschiedenen Kanäle angepasst und andererseits im Rahmen des Live-Events mit unmittelbaren Erfahrungen verbunden werden.“

Integration in Clubsmart
Shell will dennoch seine Tankstellen konkret ins Spiel bringen. Die Spieler sollen im Clubsmart-Programm auch Rabatt auf League of Legends-Items bekommen. Außerdem soll es Auktionen für „Money-Can´t-Buy-Events“ geben. Spezielle Spieler-Prämien kommen hinzu. Ob die Zielgruppe der Argumentation „Shell und League of Legends – das passt. Shell V-Power ist der perfekte Hochleistungskraftstoff für alle, die Wert auf einen spürbaren Performance-Boost legen. Was das `Baron Power Play` für Ihren League of Legends Champion ist, ist Shell V-Power für Ihren Motor“, wirklich folgt, wird sich zeigen müssen.