Inhaltsübersicht
Das sehen die Bochumer pragmatisch, sagen sie. Sie hatten schon vor zehn Jahren einen Trend gesetzt, als sie entschieden, die Verbraucher an Tankstellen nicht länger nur mit 08/15-Snacks abzuspeisen, sondern sich auf die Kaufmotive Hunger und Durst zu konzentrierten. Das Geschäft wurde kontinuierlich ausgebaut. PetitBistro entwickelte sich zu einer Gastro-Marke, und Aral führt schon seit Jahren mit 80.000 verkauften Bechern am Tag das Ranking der Coffee-to-go-Anbieter in Deutschland an. Im Februar 2013 lösten allerdings die neuen Crossinos die ehemaligen SuperSnacks ab. Begründung: In Convenience-Stores muss etwas getan werden. Eine gute Entscheidung, denn in nur zehn Monaten stieg der Absatz der belegten Baguettes um gut 40 Prozent gegenüber den Verkaufszahlen seines Vorgängern. 1,6 Mio. Mal griffen die Kunden schließlich zu.
Für die Aral-Tankstellenpächter (1.230 C-Stores führen Private) wird das Shop- und Bistro-Geschäft immer existenzieller. Dessen Umsatz steigt, je schwieriger der Kraftstoffhandel wird, und so nehmen die Pächter mittlerweile 62 Prozent ihrer Erträge im Shop ein. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass die Bochumer erwägen, das Zepter für das Sortiment aus der Hand zu geben. Rewe tritt nicht nur als Großhändler auf, sondern bringt auch sein ToGo-System ein. Aral listet die Artikel, und die Pächter haben die Preishoheit. Dennoch erstaunt, dass bei der Angebotszusammensetzung an Aral-Zeiten lediglich noch das Autopflege-Programm und die erwähnten Crossinos erinnern. Von denen sind jetzt nur noch drei der ehemals vier Sorten im Sortiment vertreten. Geliefert werden sie jetzt von Rewe, und es dürfte spannend sein, ob die Artikel so erfolgreichen waren, weil sie unter der Foodservice-Marke PetitBistro verkauft wurden, oder wegen ihres Geschmacks und de r Qualität.
Als Rainer Kraus, im Frühjahr 2013 noch Leiter Tankstellen- und Shopgeschäft von Aral, die neuen Baguettes vorstellte, verschwendete noch niemand einen Gedanken daran, dass sie eines Tages unter dem Rewe ToGo-Logo verkauft würden. Mittlerweile ist Kraus als Leiter für strategische Kooperationen bei Aral und damit für die Koordination mit der Kölner Handelsorganisation verantwortlich. Ihm zur Seite steht Projektleiterin Mechthild Menke. Sie bestätigt, dass bereits im Mai 2013 die Verträge für den Test geschlossen wurden, denn „das Convenience-Geschäft an Tankstellen befindet sich im Wandel. Mit Ausnahme des Bistro-Bereichs geraten die traditionellen Sortimente in den Tankstellenshops wie beispielsweise Zeitungen/Zeitschriften, Tabakwaren, Süßwaren und Alkohol, die entweder durch gesetzliche Einschränkungen oder durch die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten unter Druck. Die Kunden kommen heute nicht mehr mangels Einkaufsalternative in die Tankstellensho ps, sondern weil sie sich aufgrund bestimmter Vorteile – wie beispielsweise der schnellen Einkaufsmöglichkeit oder der ansprechenden Produktauswahl – bewusst dafür entscheiden“.
Weil der Außer-Haus-Verzehr seit Jahren zunimmt und kleine schnelle Mahlzeiten immer häufiger die traditionellen Komplettmahlzeiten zu festen Terminen ersetzen, liegen die Chancen für Convenience auf der Hand. Der Schritt zur Kooperation war insofern konsequent: „Wir haben uns bewusst für Rewe als Partner entschieden, weil das Unternehmen eine führende Position bei der Entwicklung von Convenience-Formaten inne hat“, sagt Menke. Dabei gibt es in Österreich bereits eine Kooperation mit der Rewe bzw. deren Merkur-Tochter an BP-Tankstellen, dem Mutterkonzern von Aral. Die Zusammenarbeit lag seit 2011 im Verantwortungsbereich von Patrick Wendeler, dem bisherige Chef von BP Österreich. Er wechselte vor wenigen Wochen nach Deutschland, wo er die Aufgaben von Kraus als Leiter Tankstellen- und Shopgeschäft übernommen hat.
Fotos: Carsten Hoppen