Internationaler Geldtransfer Geld für die Welt

Der Kiosk als Geldinstitut? Soweit ist es noch nicht. Kleinflächen, vor allem solche mit langen Öffnungszeiten, bieten aber mittlerweile eine Dienstleistung im Finanzsektor an: Sie verschicken Bargeld in Sekundenschnelle ins Ausland.

Dienstag, 27. September 2016 - International
Ulrike Pütthoff
Artikelbild Geld für die Welt
Bildquelle: Carsten Hoppen

Nutzen können das vor allem jene, die keinen Zugriff auf ein Bankkonto haben, etwa Migranten, aber auch Urlaubsreisende, denen das Portemonnaie abhanden gekommen ist.

Alle Jahre wieder reist Krzysztof im April nach Freiburg, um dort sechs Wochen lang bei der Spargelernte zu helfen. Seinen Lohn bekommt er wöchentlich – hart verdientes Geld, das er zeitnah seiner Familie nach Polen schicken will. Abgesehen davon, dass diese mehrere Kilometer bis zur nächsten Bank fahren muss, ist es für Krzysztof uninteressant, für den kurzen Deutschland-Aufenthalt hier zu Lande ein Konto zu eröffnen.

Einem Bericht der Weltbank zu folge besitzen weltweit 2,5 Mrd. Menschen überhaupt kein eigenes Konto. Und laut Schätzungen der Verbraucherzentralen und Schuldenberatungen können eine halbe Millionen Deutsche mangels Konto nicht an solchen Transaktionen teilnehmen. Auch wenn die Bundesregierung den Weg für einen erleichterten Konto-Eröffnungsprozess auf Guthabenbasis geebnet hat, ist noch nicht sichergestellt, dass es – vor allem in Schwellen- und Drittländern – ein Empfängerkonto gibt. Nach dem Motto „nur Bares ist Wahres“ beharren 90 Prozent der Deutschen auf Scheine und Münzen. Außerdem gewinnt angesichts der Migrantenthematik der internationale Bargeldverkehr, im Fachjargon auch Remittances genannt, an Bedeutung.

Deutschland ist laut Weltbank mit 21 Mrd. US-Dollar jährlich (Stand Frühjahr 2016) das viertgrößte Senderland weltweit. Davor liegen die USA (56 Mrd. USD), Saudi-Arabien (37 Mrd. USD) und Russland (33 Mrd. USD). Hier zu Lande hat sich der Markt für Bargeldtransfer seit 2000 mehr als verdoppelt, bei einer Zunahme der ausländischen Bevölkerung im gleichen Zeitraum von 7,3 Mio. auf 9,1 Mio. in 2015 (Statistisches Bundesamt). Wichtige Regionen für den Geldtransfer aus Deutschland sind Zentral- und Osteuropa. Dort flossen rund 14,5 Mrd. Euro hin. Zweit größte Empfangsregion ist Asien mit 3,1 Mrd. Euro.

Für den Austausch zwischen zwei Ländern, möglicherweise sogar Kontinenten, etablieren sich die Systeme von Geldversendern bzw. Money-Transfer-Operators (MTO) wie Western Union, MoneyGram und Ria Financial Services, um die hier zu Lande Bekanntesten zu nennen. Sie sind Finanzdienstleister, aber keine in Deutschland zugelassene Bank. Sie sind weltweit vertreten, haben aber in Mitteleuropa bereits ein relativ dichtes Netz an Vertriebspartnern bzw. Agenten. Western Union arbeitet zum Beispiel bundesweit mit der Postbank zusammen und ist in mehr als 1.000 Filialen vertreten.

In der Regel kooperieren die Service-Dienstleister außerdem mit selbstständigen Partnern vor Ort, häufig Kleingewerbetreibenden, so auch mit Kiosken. Dort läuft der Transfer wie folgt ab: Kunden, die Bargeld versenden möchten, füllen im Shop ein Formular aus und zahlen den gewünschten Betrag ein. Die Filialen bzw. Agenturen leiten den Auftrag über ihre IT-Systeme an den Provider, also Western Union, MoneyGram und Ria weiter, die ab diesem Zeitpunkt alle weiteren Transaktionstätigkeiten übernehmen.

Für sie sind Vertriebsstandorte mit langen Öffnungszeiten interessant. Angesichts der verschiedenen Zeitzonen ist dies ein nicht zu unterschätzender Faktor, denn wenn in Deutschland jemand morgens um 9 Uhr die Sendung veranlasst, dann sollte gewährleistet sein, dass der Empfänger in Fernost über das Geld zeitnah verfügen kann. Das hängt natürlich auch von den örtlichen Regelungen ab.


Schnell aber kostspielig

Die Schnelligkeit und unkomplizierte Abwicklung hat aber auch ihren Preis. Für den Service muss eine Bearbeitungsgebühr entrichtet werden, die unter Umständen vom Bestimmungsort und Höhe des Betrages abhängen kann. Außerdem richtet sich die Transfer-Gebühr nach der Schnelligkeit des Versands. Soll das Geld zum Beispiel in zehn Minuten beim Empfänger sein, ist sie höher als beim Overnight-Service. Mehr Transparenz in den Gebühren-Dschungel bringt ein Vergleich der Weltbank auf ihrer Internetseite. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass der teuerste Finanzdienstleister auch oftmals der best vernetzte ist.

Jedenfalls ist im Vergleich zu einer klassischen Banküberweisung diese Express-Geldanweisung relativ hoch. Vor allem Western Union stand dafür schon häufiger in der Kritik, denn deren Gebühren sollen auch schon mal die geforderten 5 Prozent der überwiesenen Summe (maximal Forderung) überschreiten. Schwer nachvollziehbar für den Nutzer ist vor allem die Verrechnung der Wechselkurse. Die Kritik lautet, dass sie häufig zu Gunsten von Western Union und damit zu Ungunsten des Kunden vom Mittelkurs oder von marktüblichen Wechselkursen abweichen. Dadurch zahle der Sendende indirekt eine weitere Gebühr.

Generell gelten die Geldtransferdienste für den Sender wie auch für den Empfänger als sicher und vertrauenswürdig. Allerdings sind sie auch ein Schlupfloch für Kriminelle, unrechtmäßig erlangtes Geld schnell aus einem Land zu schaffen, etwa dort hin, wo es nicht oder nur schwer möglich ist, den Empfänger des transferierten Geldes zu identifizieren oder das überwiesene Geld zurückzuerlangen. Um gegen den Missbrauch von Geldtransferdiensten vorzugehen, arbeiten die Money Transfer Operators zum Teil mit Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden sowie Präventionsstellen zusammen. In Deutschland kooperiert Western Union zum Beispiel seit mehr als zehn Jahren mit der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK). Außerdem unterstützt der Service-Dienstleister eine Initiative, deren Ziel es ist, Verwaltungsabläufe in deutschen Ämtern unbürokratischer zu machen und verdächtige Transaktionen schneller den Behörden zu melden.