OMV Wer bietet am meisten?

Die OMV hat angekündigt, ihr Tankstellennetz in Deutschland zu verkaufen. Spätestens Ende kommenden Jahres soll der Deal über die Bühne sein. Interessenten habe sich bereits gemeldet.

Montag, 22. Juni 2020 - Tankstelle
Martin Heiermann
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Bildquelle: OMV

„Die österreichische Mineralölgesellschaft OMV verkauft Tankstellen hier zu Lande an Orlen Deutschland.“ Diese Meldung ist rund zehn Jahre alt. Aber sie könnte sich in diesem oder im kommenden Jahr erneut als höchst aktuell erweisen. Im Jahr 2010 veräußerten die Österreicher 56 Tankstellen in den Bundesländern Thüringen und Sachsen an das deutsche Tochterunternehmen des polnischen Mineralölkonzerns PKN Orlen.

Jetzt stehen erneut OMV Tankstellen hier zu Lande zum Verkauf. Diesmal soll nicht nur ein Teil der Stationen abgestoßen werden, sondern das gesamte verbliebene Netz in der Bundesrepublik. Das kündigte der Vorstandsvorsitzende des österreichischen Konzerns, Rainer Seele, im März an. Hintergrund der Entscheidung, so Medienberichte, ist, dass die Mineralölgesellschaft beabsichtigt, sich neu aufzustellen. Mit der möglichen Veräußerung des OMV Tankstellengeschäfts in Deutschland will die OMV nach eigenen Angaben ihr Portfoliomanagement in Richtung eines nachhaltigen und profitablen Wachstums vorantreiben, heißt es in einer Stellungnahme.

195 Viva C-Stores stehen zu Verkauf
Die Österreicher betreiben zurzeit in Deutschland ein Netz von 287 Tankstellen im süddeutschen Raum mit Schwerpunkt Bayern und Baden-Württemberg. Anderen Angaben zufolge, sind es Anfang Januar dieses Jahres allerdings nur 271 Stationen gewesen. Eine Differenz von 16 Stationen. An 195 dieser Standorte unterhält die OMV eigene Convenience-Stores und Bistros, die unter dem Markennamen Viva Genusswelt bei den Verbrauchern bekannt sind.

Insgesamt plant der österreichische Mineralölkonzern wohl Verkäufe im Wert von zwei Milliarden Euro, die bis Ende des kommenden Jahres realisiert sein sollen, erklärte das Unternehmen. Demnach werden wohl die deutschen Stationen spätestens zu diesem Zeitpunkt verkauft sein.

Bereits jetzt scheint es erste Kontakte über einen Verkauf zu geben. Für das Tankstellennetz in Bayern und Baden-Württemberg haben demnach schon 20 Interessenten angeklopft. Aufhorchen lässt auch, dass die Stationen, so die erklärte Absicht der Österreicher, als Gesamtpaket an den neuen Eigentümer gehen sollen. Das lässt die Chancen der führenden deutschen Tankstellen-Betreiber, etwa der BP mit ihrer Tankstellengesellschaft Aral, der Shell Deutschland oder der Total Deutschland deutlich schrumpfen. Ganz abgesehen davon, dass diese wohl derzeit keine großen Ambitionen bezüglich einer Übernahme haben. Denn schon im April 2009 untersagte das Bundeskartellamt den Verkauf der 59 OMV-Tankstellen in Sachsen und Thüringen an die deutsche Tochter des französischen Mineralölkonzerns Total, um weiterer Marktkonzentration vorzubeugen. Anschließend erhielt Orlen Deutschland den Zuschlag für die verbliebenen 56 Stationen. Drei wurden geschlossen.

Auch diesmal würde ein Investment der in Elmshorn bei Hamburg ansässigen Tankstellen-Gesellschaft Sinn machen. Denn die Standorte von Orlen Deutschland befinden sich bisher vor allem nördlich der Mainlinie, mit Ausnahmen in Tübingen, Sindelfingen und München. Die Station in München agiert darüber hinaus erst seit relativ kurzer Zeit unter der Orlen-, beziehungsweise Star-Flagge. Zudem sind die Elmshorner weiter auf Expansionskurs: Sie kaufen nach wie vor Tankstellen hinzu, arbeiten aber vor allem an der qualitativen Entwicklung der unterschiedlichen Standorte. Mittlerweile betreibt das polnische Tochterunternehmen in Deutschland annähernd 600 Tankstellen. Eine Übernahme von rund 280 Stationen würde Orlen in die Top-Five in der Bundesrepublik katapultieren.

Natürlich ist dies Spekulation, zumal sich die Mineralölgesellschaften zu diesem Zeitpunkt dazu nicht äußern wollen. Auch andere Bewerber haben offenbar ihr Interesse signalisiert. Mit dabei sein könnten etwa HEM-Tamoil und die britische EG Group, der hier zu Lande seit 2018 die Esso-Stationen gehören, oder auch noch nicht in Deutschland vertretene Mineralölkonzerne.