Aral Plant ein Agentur-System

Mit ihrem Frische-Konzept sind die Rewe To-Go-Shops an Aral-Tankstellen wohl an ihre Grenzen geraten. Jetzt will Aral ein Agentursystem entwickeln, das einerseits die Partner entlasten, andererseits aber auch das aus Konzernsicht erfolgreiche Konzept sichern soll.

Freitag, 12. Juni 2020 - Tankstelle
Hans Jürgen Krone
Artikelbild Plant ein Agentur-System
Bildquelle: Aral

Seit Anfang März ist klar: Wie bisher wird es bei mit den Rewe-To-go-Shops an Aral Tankstellen nicht mehr weitergehen. Zu groß sind offensichtlich die Probleme der Pächter, besonders wenn es darum geht, die Frische-Angebote auf Dauer zu etablieren und auch in schwierigen Zeiten durchzuhalten. Schon früh hatten Tankstellenpächter über hohe Abschriften und viel „Frische-Abfall“ geklagt, einfach weil die Kunden die Angebote nicht an allen Standorten in entsprechender Menge annehmen. Die Pächter mussten viel hinnehmen, hatten aber deutlich zu kämpfen. „Die schlechten Umsatzzahlen sowie die hohen Abschreibungen waren wohl auf die Dauer nicht mehr tragbar“, sagt dazu der Tankstellen Interessenverband (TIV), der schnell Kenntnis vom Anfang März versendeten Aral-Brief an seine betroffenen Pächter bekam. In diesem Brief informierte Aral darüber, dass man das Betreibermodell für das Rewe-To-go-Format überprüft habe und jetzt die Einführung eines Agenturmodells plane. Damit würden die Pächter einerseits die Kontrolle über Shop und Bistro verlieren, hätten wohl nicht mehr über Beschaffung, Sortiment und Verkaufspreise in den Stationen zu bestimmen, müssten andererseits aber nicht mehr die Verluste durch Abschreibungen und Aussortierungen tragen.

Vorhaben bestätigt
Das Vorhaben, ein Agentursystem zu entwickeln, bestätigte auch Aral-Sprecher Detlef Brandenburg gegenüber Convenience Shop: „Wir planen zukünftig das Agenturmodell im Shopgeschäft an den gesellschafseigenen Stationen einzuführen“, sagt Brandenburg. In den nächsten Monaten soll das Modell in Arbeitsgruppen gemeinsam mit Aral Pächtern entwickelt werden. Da all das erst noch passieren werde, könne man naturgemäß jetzt noch keinerlei Einzelheiten mitteilen. Im Gespräch mit CS weist er darauf hin, dass Aral weiterhin auf das zukunftsweisende Rewe To-go-Konzept setze: „Rewe To-go ist ein Erfolg und bleibt bestehen“, sagt er. Das Shop-Konzept verzeichne im Durchschnitt ein Umsatzplus von mehr als 15 Prozent gegenüber dem Vorgänger-Modell. Derzeit sind 575 Rewe To-go am Netz, der Ausbau bis auf etwa 1.000 Shops soll weitergehen, pausiere allerdings aktuell vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie.

Einige Probleme zu lösen
Doch die systematische Neuaufstellung ist nur die eine Seite der Medaille. Auch ein System ist darauf angewiesen, dass das Geschäft vor Ort reibungslos organisiert ist. Hier berichteten Pächter immer wieder über Lieferprobleme seitens der Rewe. Das führte dazu, dass man immer wieder die Dienste anderer Convenience-Großhändler in Anspruch nehmen musste. Die waren gut darüber im Bilde, wo die Schwachstellen lagen. Sicherlich auch für die Rewe, keine optimale Ausgangslage.

Kunden-Wünsche beachten
Im Kern deutlich wichtiger ist aber, dass die Tankstellen-Kunden das Angebot gut annehmen und für entsprechend hohe Umsätze sorgen. Dafür muss sich das System immer wieder erneuern und den Wünschen der Kunden anpassen. Einige Beispiele in der Systemgastronomie haben in jüngster Zeit gezeigt, dass das trotz eigentlich positiver Voraussetzungen schwierig sein kann. Aber nur so kann verhindert werden, dass das System selbst in Schieflage gerät.

Reformen sind notwendig
So ist die Aufgabe der künftig von Aral betriebenen Systemzentrale, die ja auch erst noch entstehen muss, nicht gerade klein: Denn sie muss im Grunde das Konzept reformieren und neu aufstellen, denn auch ein System wird Probleme und Verluste mit den Frische-Sortimenten nicht auf Dauer hinnehmen können. Dabei könnte ein entscheidender Faktor sein, dass die Voraussetzungen für die Kooperation mit Aral auf Seiten der Rewe nach der Lekkerland-Übernahme ganz andere sind. Fragen der Logistik und der Warenverfügbarkeit in den typischen Convenience-Sortimenten könnten sich damit schnell erledigen. Und sicherlich können die neuen Systemverantwortlichen bei Aral künftig die Convenience-Retail-Expertise des Großhändlers nutzen, um die Mischung des Angebotes in ihren Rewe To-goShops neu zu gestalten und die Warenplatzierung nachzujustieren.

Fragt sich natürlich vor allem, ob der Frische-Ansatz in den Tankstellen-Shops grundsätzlich falsch ist. Ginge es nach vielen Kritikern, dann wären die entsprechenden Angebote wohl schon ersatzlos verschwunden. „Vorbei die großen Versprechungen von blühenden Shop-Landschaften mit Sushi & Co. in der Tankstelle“, sagt dazu der TIV und ist dabei nur eine von vielen Stimmen, die so urteilen.

Umsetzung ist nicht einfach
Diese Haltung ist, angesichts der Tatsache, dass es auch im normalen LEH bisher nur Top-Händlern mit hervorragender täglicher Performance und entsprechender Kundschaft gelingt, solche Angebote mit Gewinn zu vermarkten, durchaus verständlich. Allerdings zeigt auch der Blick auf das internationale Convenience-Geschäft, dass das Thema Frische überall auf der Agenda steht. Das vor allem auch, weil übliche Umsatz- und Frequenzbringer wie Tabakwaren, Süßwaren und Presse zunehmend unter Druck stehen. Eine Entscheidung des Tankstellen-Marktführers „zurück zum Standard“ wäre deshalb ein bedenkliches Signal für die ganze Branche. Dazu könnte kommen, dass wohl auch die Rewe in Sortiment und Auftritt der Shops, die ihren Namen tragen, erkennbar bleiben will.

Kein Weg an Frische vorbei
Am Ausbau von Frische-Angeboten kommt die Branche also nicht vorbei und sollte sich dabei auch nicht mit mancher Häme gemein machen, die von außerhalb kommt und den C-Shops hier zu Lande am liebsten jegliche Frische- und oder Gastro- und Backkompetenz absprechen würde. Das wissen natürlich auch die Aral-Wettbewerber.

Vor diesem Hintergrund besteht die Herausforderung für das neue Aral System, – vor der man in Bochum wohl durchaus Respekt hat – eben voraussichtlich darin, ein Baukasten-System für Frische zu entwickeln, mit dessen Hilfe man für jeden Standort ein attraktives , kundengerechtes Frische-Angebot, realisieren kann, jenseits jeglicher Prinzipienreiterei und nationaler Standardvorgaben.