Konzept Tankstelle Leitmotiv Frische

Tankstellen-Shops sind oft zu statisch. Peter Herm ließ darum vor dem Umbau seiner Station in Mosbach erst einmal die weibliche Kundschaft zu Wort kommen.

Montag, 05. März 2018 - Tankstelle
Ulrike Pütthoff
Quelle: Schattauer

Peter Herm will keinen 08/15-Tankstellen-Shop. Er soll den Bedürfnissen der Kunden und Gäste gerecht werden und funktional sein. Bevor er die Planung für seine Station in Mosbach am Neckar einstieg, befragte er darum die weibliche Kundschaft. Der Geschäftsführer des Energiefachhändlers Herm hatte schon länger festgestellt, dass gerade diese nur zum Tanken kommen und im Shop eigentlich so gut wie keine Zusatzkäufe tätigen, was auch die Auswertung der Kassenbons ergab.

„Das Ergebnis der Befragung war ernüchternd“, sagt Herm. Nur wenige Frauen könnten sich vorstellen, einen Snack im Tankstellen-Shop zu erwerben. Die Auswertungen ließen außerdem erkennen, dass die Generation 50plus noch Potenzial bietet. Folglich musste ein Anreiz geschaffen werden: „Beim Umbau haben wir ihre Wünsche stärker berücksichtig und darauf die Inneneinrichtung abgestimmt.“ Den rund 300 Befragten lagen die Frische und auch die Hygiene am Herzen. Daraufhin wurde die so genannte Frischewelt umgesetzt, ein Konzept, bei dem der Kunde bei der Zubereitung der Snacks und Smoothies zusehen kann. Im Angebot sind etwa Bruscettas oder Panini verschiedener Ausführungen. Dafür wird nichts Vorgefertigtes oder Tiefgekühltes verwenden. Alle Zutaten sind frisch. Ergänzt ist das neue Angebot um die Klassiker, also die beliebten Wurst- und Käsebrötchen.

Für die Herstellung der Smoothies und auch des Lassi, dem Joghurt mit Früchten, hat Herm einen professionellen Mixer angeschafft. Außerdem verfügt die Frischewelt über drei Kaffeemaschinen: einen klassischen Vollautomaten, eine Siebträger-Maschine und ein Mahlgerät, für die die Mitarbeiter bei Lavazza geschult wurden, sowie eine Kaffee-Filtermaschine. „Die Auswahlmöglichkeit kommt bei den Kunden gut an“, hat Herm in den ersten drei Monaten schon festgestellt. Und obwohl der Filterkaffee preislich etwas günstiger ist, bevorzugen viele ihr Heißgetränk aus der Siebträgermaschine.

Der Shop ist nur 90 qm groß, trotzdem haben Herm und das Team von Carstens Shopeinrichtung den Flächenanteil für den Foodservice vergrößert, einerseits um optimal produzieren zu können, andererseits um den Gästen zu zeigen, dass Frische mehr Gewicht hat.

Erklärtes Ziel ist, dass die Kunden die Tankstelle gezielt aufsuchen, und nicht, weil sie tanken müssen. Dabei gab es mit dem Burger King als Shop-in-Shop-System für sie schon vor dem Umbau einen Anreiz. Wenn heute eine Familie kommt, dann zieht es die Kinder in die markenstarke Burgerwelt, evtl. noch den Vater, aber die Frau sucht die Frischewelt auf. Und im Loungebereich wird gemeinsam verzehrt. Herm spricht von einem Synergieeffekt. In einer anderen Tankstelle hatte er vor drei Jahren eine Weinwelt umgesetzt. Dort trifft man sich mittlerweile in angenehmer Atmosphäre tagsüber auf einen Kaffee und abends auf ein Glas Wein.

Mit der Neuausrichtung in Mosbach musste die Mitarbeiterzahl etwas erhöht werden. Um das aber auch betriebswirtschaftlich in Einklang zu bringen, ist die Frischewelt nur von 6 bis 14 Uhr geöffnet. Danach nehme das Geschäft ab. Dann reiche es, die Klassiker in der Auslage zu haben und nur noch Kaffee aus dem Vollautomaten und der Filtermaschine anzubieten. Die höheren Umsätze am Vormittag kompensieren die höheren Personalkosten.

Die neue Frischewelt nimmt jetzt mehr Platz ein als vormals die Snacktheke. Der wurde nicht durch Reduzierung des restlichen Shop-Angebots gewonnen, sondern weil die zur Verfügung stehende Fläche der einzelnen Warengruppen optimiert wurde. Erweitert hat Herm sogar das Pressesortiment. Am Rande der Befragung kam nämlich heraus, dass es bei den Frauenzeitschriften an Auswahl mangelte. Es sei gut denkbar, dass Frauen zum Snack auch gern eine Lektüre kaufen. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass beim Umbau auch die sanitären Anlagen verschönert wurden. Und weil Hygiene den Kunden wichtig ist, hat Herm zwei berührungslose Handdesinfektionsgeräte im Shop aufgestellt.

In Kürze ist auch eine Frischewelt-App fertig. Darüber können Snacks, Getränke usw. bestellt und zu einer bestimmten Zeit abgeholt werden. Schon jetzt praktiziert des Tankcenter in Mosbach das via Fax. Die Ware ist auch per App zu bezahlen.

Herm will das Konzept vervielfältigen. Der nächste Umbau ist bereits in Planung. Und weil die Tankstellen-Branche seiner Meinung nach nur gemeinsam ihr Image verbessern kann, stellt er das Konzept auch anderen zur Verfügung, zum Beispiel auf dem von ihm iniziierten Winter Convenience Forum Mitte März.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen
Bild öffnen
Bild öffnen